"Meins!"
Einen guten Abend wünsche ich.
Man hat lange nichts von mir gehört, denn ich habe circa zwanzig Versionen von diesem Zitat geschrieben. Eine furchtbarer als die andere. Jetzt ist das hier entstanden. Stellt euch auf einen kurzen, tiefgründigen Text ein, der seine ganz persönliche Note hat.
Zitat: „Meins!"
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Glaubst du wirklich, ich habe es nicht schon längst gemerkt? Hast du auch nur im Geringsten eine Ahnung, wie ich mich fühle? Nein, vermutlich hast du das nicht. Vielleicht sollte ich dir ja gar keine Vorwürfe machen. Den einen Tag habe ich das Bedürfnis, all das hinzuschmeißen. Unsere gemeinsamen Erinnerungen zu vernichten und das Band, dass doch einst so stark war, zu zerreißen. An einem anderen Tag, da habe ich wieder Hoffnung, alles könnte doch noch gut werden. Aber das wird es nicht. Nicht mehr. Dann erwische ich mich wieder, wie ich dasitze, zurückblicke und selbst daran erinnere, wie lange ich schon versuche zu kämpfen. Ohne Erfolg? Der Gedanke daran, endlich zu sagen, was nötig ist, schmerzt in meiner Brust mehr als er sollte. Waren wir nicht eben noch die lachenden Kinder, mit den gleichen Interessen? Vergangene Zeiten. Mittlerweile kann ich ja nicht einmal mehr weinen. Ich bin wütend, ich möchte schreien und dich schütteln. Habe ich versagt?
Ich vermisse all diese Momente. Das gemeinsame Lachen, das Erleben von Abenteuern und spontanen Aktionen, die durch unsere verrückten Köpfe jagten. All das ist vorbeigezogen. Nur ich habe wohl den Anschluss verpasst. „Wo bist du?" möchte ich in die Verzweiflung hineinrufen. Aber du hörst mich ja doch nicht. Ich weiß ja nicht einmal, ob dir klar ist, wie sehr mich das belastet. Wie still und fremd es zwischen uns geworden ist. Dich zu sehen war einst meine größte Freude, ich wünsche mir die Zeit zurück.
Sitzt du auch manchmal einfach da und denkst an diese Vergangenheit? Kannst du dich noch erinnern, an...? Nein? Okay.
Natürlich kann ich verstehen, dass vieles sich ändert und auch, dass wir uns ändern. Und dann stehst du vor mir und ich erkenne dich nicht mehr. Es ist, als müsse ich einen mir völlig Fremden neu kennen lernen und dabei dringt ein Mensch durch, mit dem ich mein Leben nicht teilen mag. „Wer bist du?"
Manchmal spüre ich noch deine festen Umarmungen, ab und höre ich noch deine Versprechen. Alles ist so weit entfernt und doch irgendwie nah. Ich denke und denke und denke. Als wir wurden, was wir waren, da dachte ich jeden Tag nur „Meins!". Du bist das, was ich in meinem Leben niemals verlieren möchte. Jetzt stehe ich da, im Meer voller Scherben. Ich kann nicht mehr. Ich kann das nicht mehr!
Schau mich nicht so an. Bitte, deine Tränen machen es auch nicht mehr besser. Hast du dir die letzten Jahre die vergangen sind auch nur die winzigste Mühe gemacht? Nein. Ich bin so enttäuscht. Eigentlich müsste ich doch mehr Verständnis zeigen, mich für dich freuen. Schließlich läuft dein Leben grade besser und besser. Aber ich kann nicht. Offenbar bin ich deines Erachtens nichts mehr weiter als der Zuschauer der zehnten Reihe, der ab und an freundlich winkt. Weißt du, wie sehr das schmerzt? Jegliche Mühen meinerseits spielen keine Rolle. Was bin ich für dich noch? Von einem Wert kann man jedenfalls nicht mehr sprechen.
Klar, natürlich soll ich dies und das berücksichtigen. Wie immer. Entschuldigung, dass ich so egoistisch bin und auch an mich denke. Denn ich weiß, dass du mir nicht mehr guttust. Ich kenne dich nicht mehr. Ich will dich nicht mehr kennen. Mach es mir nicht noch schwerer. All diese Worte, sie mussten endlich gesagt werden. Sonst ist es meine Seele, die daran zerbricht. Nicht deine. Die Frage der Schuld, die kann niemand von uns beantworten. Vielleicht sind es wir beide. Vielleicht bin auch nur ich es. Vielleicht habe ich Dinge falsch gesagt, getan oder verstanden. Ich weiß es nicht.
Mir ist kalt. Mir ist schlecht. Nein, ich will deine Umarmung nicht. Bitte geh, fort! Lass mich allein! Es ist das erste und einzige Mal, dass ich dich von mir stoße. Ich kann ja nicht einmal mehr weinen. Das Zittern meines Körpers überschattet meinen Willen, ich wehre mich gegen das Verlangen, zu bleiben. Wir teilen so viel, um am Ende nichts zu haben. Erinnerungen, Worte, Gesten, Erfahrungen. Verschlossen in einer Kiste, ganz weit weg. Es ist vorbei, verstehst du nicht? Mit aller Kraft würde ich mich am liebsten an dich klammern, damit du doch nicht gehst. Aber manchmal ist es an der Zeit, sich Hut und Mantel zu nehmen und die Reise allein fortzusetzen. Ich nicke dir noch zum letzten Gruß.
Schon damals hatte ich Angst davor, dich zu verlieren. Aber weißt du, du hast uns verloren. Ich danke dir für all die Jahre, mehr kann ich dir nicht sagen. Und damit kehre ich dir den Rücken zu und gehe weiter.
Mach's gut. Leb wohl. Mein treuer alter Freund.
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