Kapitel 55
KAPITEL 55
~ May's Sicht ~
Die Jungs hauten sich weg und es konnte nur zwei Gründe geben. Entweder glaubten sie, dass mit Kane nicht, oder es ist wegen Marco gewesen der in der hinteren Ecke stand und am Würgen war.
"Als ob Marco Papa ist. Das ist unmöglich", hörte ich Marcel lachen und er wischte sich die Tränen aus den Augen.
"Doch ist er", meinte Nuri und alle hörten auf zu lachen. Sie blickten zu Nuri. "Was guckt ihr mich so blöd an?"
"Marco, ist das wahr?", fragte Thomas.
Marco dessen Kopf knallrot war, nickte nur.
Erik stand neben mir und hielt sich die Nase zu.
"Ich würde Abstand halten", sagte ich und versuchte nicht durch die Nase zu atmen.
Erik nickte nur und ging zu den anderen, wo er tief durchatmete.
"Hier, wechsel ihn die Windeln. Auf dem Klo ist ein Wickeltisch."
Tuğba drückte mir die Tasche in die Hand und steuerte die Tür an, wo Toiletten drauf stand.
"Marco willst du wechseln?", fragte ich ihn. Ich konnte mir diesen Seitenhieb nicht verkneifen. Ehrlich nicht.
Er schaute mich nur grimmig an und ich verschwand auf den Toiletten.
"Kane, jetzt wissen alle Bescheid, dass du der Sohn von Marco bist", sagte ich, während ich seine Hose auszog.
"Cool", sagte er und spielte mit den Cappie rum.
"Oh Gott!", rief ich. "Was hast du denn gegessen!"
Ich sprang zurück nachdem ich die Windel geöffnet hatte.
"Lebensmittel vielleicht", hörte ich jemanden hinter mir sagen.
Ich drehte mich und erkannte Mo.
"Ich kann das auch machen", meinte er und ging zu Kane.
Irritiert blickte ich ihn an. "Nee, ich mach das- wieso würgst du nicht?"
"Ich bin der drittälteste von sieben Geschwistern. Heißt ich musste mindestens drei meiner Geschwister die Windel wechseln. Ich bin Profi da drinnen."
"Ah, cool."
"Hey!", meinte Kane erschrocken.
"Man, nichts im Vergleich zu meinen Geschwistern", sagte Mo und machte sich an die Arbeit. Ich war sprachlos.
"Du bist die erste Person in meinem Leben, die ich kenne, die freiwillig Windeln wechselt", sagte ich.
Mo lachte. "Haha, wieso auch immer. Ich mach das gerne. Damit kann ich meine Ekel vor Kleinigkeiten abbauen. Wie Spinnen zum beispiel. Hatte als Kleinkind eine Phobie. Kaum hab ich die ersten Windeln meiner Schwester gewechselt. Macht mir nichts mehr Angst. Spinnen erst recht nicht."
"Auch gut", meinte ich.
"Wie heißt du?", fragte Mo mich.
"Kane", antwortete Kane.
"Nee, ich meine das Aupair-Mädchen", lachte Mo und drehte sich zu mir.
"May", antwortete ich.
"Ich bin Mo, aber das weißt du ja bereits."
Ich nickte.
"Komischer Name. Ist eigentlich nur ein Spitzname."
"So schlimm?", fragte er.
"Naja. Seit den ganzen Mittagsprogramm auf den Sendern mit drei Buchstaben und sämtlichen anderen Sendern, ja. Ich hab den Namen eigentlich schon immer gehasst."
"Waren deine Eltern betrunken, als sie dir den Namen ausgesucht haben."
"Mein Vater war sternhagel voll und meine Mutter auf Schmerzmedis."
"War das ein Witz?", fragte Mo und drehte seinen Kopf wieder zu mir.
Ich schüttelte meinen Kopf. "Nein. Aber hey, ich hätte auch LaQuisha heißen können."
"Stimmt. Oder die hätten dir einen Jungennamen verpasst. Es sei denn du hast einen?"
"Nein. Weiblicher Name. Bloß total bescheuert."
"Moritz ist auch nicht gerade cool."
"Weitaus besser als Jeremih-Pascal."
Mo dachte nach. "Stimmt hast recht. Wo ist denn hier ein Mülleimer."
"Nicht wegschmeißen, ich will die Windel auf jemanden werfen", sagte ich.
"Auf Marco?", fragte Mo.
"Nein, dass kann ich ihn beim besten Willen nicht antun. Da ist eine Tusse gewesen, der ich fast eine gelangt hätte."
"Wie sah die aus?", fragte Mo und zog Kane wieder an.
Kane blickte Mo immer noch komisch an.
"Coole Cap, Bro", sagte Mo zu ihm.
"Danke", grinste Kane. "Hab ich von Papa."
"Naja, Platinblond, viel Makeup im Gesicht, sämtliche Schönheit-"
"Hört sich an wie Jacky", sagte Mo.
"Kennst du sie."
"Japp", nickte er und blickte zu mir.
"Oh, das ist deine Freundin", sagte ich und konnte es mir nicht unterdrücken angewidert zu gucken.
Mo rümpfte die Nase. "Freundin kann man nicht sagen."
Irgendwie wirkte Mo plötzlich traurig.
"Du hast eine Trennung hinter dir, oder?", fragte ich.
Er nickte nur.
"Deshalb suchst du dir Aliens aus."
"Jacky ist kein Alien."
"Sorry."
"Auch kein Mensch. Die ist irgendwas undefinierbares. Keine Ahnung. Aber ich will eigentlich gar nichts von ihr."
"Sie ist also dein Trostpflaster."
"Ja, aber ich habe angst ihr zu sagen, dass ich nichts mehr von ihr will. Die hat letztens ihre beste Freundin eine reingehauen, als diese gesagt hat, dass ihre Haarsträhne nicht mehr sitzt."
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
"Was zum Teufel ist los mit der", meinte ich.
Mo zuckte mit den Schultern.
"Wieso bist du nicht mehr mit deiner Freundin zusammen?"
"Auseinandergelebt."
"Manchmal sind Trennungen gut für beide. Da sieht man immer, wie viel einer die andere Person bedeutet."
Mo blickte mich an. "Sprichst du aus Erfahrung?"
Ich nickte nur. "Ja", nickte ich.
"Ich kenne dich keine fünf Minuten und ich vertraue dir das an, was ich den Jungs nicht mal anvertraut habe."
"Ja, das hab ich so an mich. Ich bin fast die Facebook. Bloß das ich eine Person bin, die das auch interessiert, was mit ihren Mitmenschen los ist. Und Freunden."
"Zähle ich zu deinen Freunden? Nach sechs Minuten."
"Zählst du die Minuten?", fragte ich.
Mo nickte nur.
"Irgendwie schon. Du hast meinen Sohn die Windel gewechselt."
Mo lachte und ich ebenfalls. Kane stimmte einfach mal mit ein.
"Ich würde sagen, servier Jacky die Schlägerbraut ab. Wie lange seit ihr getrennt?"
"Drei Monate."
"Kontakt?"
Er schüttelte seinen Kopf.
"Anrufen", meinte Kane.
"Da hast du den Rat. Rufe die Kleine an und rede mit ihr. Drei Monate sind schon zu lang. Viel zu lang."
"Wie lange wart ihr beide getrennt? Du und Marco."
"Als wir fünf Monate zusammen waren -Fernbeziehung- bin ich schwanger geworden. Drei Monate haben wir uns getrennt. Mehr als drei Jahre."
"Das ist viel zu lang. Aber es variiert bestimmt von Paar zu Paar unterschiedlich.", meinte Mo. "Ich sehe dir an, dass du immer noch etwas für ihn empfindest."
"Ist das so offensichtlich?"
"Steht auf deiner Stirn", schmunzelte er. "Und er übrigens auch noch für dich."
Ich schmunzelte nur.
"Gott, ich weiß das ich mich nachher nicht trauen werde Lisa anzurufen", meinte Mo und brach plötzlich in Tränen aus.
"Nein, nicht weinen. Ich bin gerade an meinem sentimentalen Tiefpunkt. Sonst fang ich auch noch an zu weinen", sagte ich und ging mit ausgestreckten Armen auf Mo zu. Er kam mir genauso entgegen.
"Ich weiß nicht wie ich das machen soll!", heulte Mo herum.
"Hör auf zu weinen", meinte ich wimmernd.
"Ich kann nicht. Ich hab's drei Monate aufgehalten. Drei Monate."
"Und ich drei Jahre", meinte ich und fing ebenfalls an zu schlurchzen und zu weinen.
~ Marco's Sicht ~
"Also, bist du Papa?", fragten die Jungs noch mal nach, nachdem ich mich wieder eingekriegt hatte.
Ich nickte. "Ja, hab ich ja gesagt."
"Wie alt ist der Kleine?"
"Wird im Dezember drei."
"Und das hast du all die Jahre für dich behalten?", fragte Erik.
Ich nickte. "Hat ja gut geklappt."
"Hab's herausgefunden", verkündete Auba stolz und hob eine Hand.
Die anderen applaudierten. "Wieso hast du nichts gesagt?", fragte Mats.
"Er hat's Marco versprochen. Genau wie ich", antwortete Nuri.
"Du weißt das auch?"
"Ja. Seit die beiden zusammen gekommen waren bis hin zur Trennung. Tugba und May sind gute Freundinnen."
Tugba nickte.
"Wieso hast du das verheimlicht?"
"Es hat einfach irgendwie nicht gepasst. Ich- ach. Keine Ahnung. Auf jeden Fall bin ich froh, dass das jetzt endlich draußen ist."
"Ich auch. Länger hätte ich es auch nicht mehr ausgehalten", stimmte Tugba zu.
"Ich habe es sofort gesehen, als ich euch beide sah. Dich und deinen Sohn", meinte Mats.
"Ohne Worte. Stimme zu", nickte Thomas.
"Ja, ich habe es mir auch schon gedacht. Aber hab mich nicht getraut, deine Freundin anzusprechen", sagte Cathy zu mir.
"Sie ist nicht seine Freundin", sagte Tugba. "Nicht mehr."
"Ooooooh", meinten die Jungs.
"Hä. Ich bin verwirrt. Warst du mit ihr oder mit Caro zusammen?"
"Die letzten Jahre mit Caro. May und ich hatten Kontakt. Eben wegen Kane."
"Wusste es Caro?"
"Als wir uns getrennt haben, habe ich es ihr gesagt."
"Und wieso bist du nicht mit der Mutter deiner Tochter zusammen?", fragte Marcel.
"Ich hab einen Sohn und das wird mir hier jetzt echt zu privat", winkte ich ab.
"Tut mir leid und wir lassen dich ja schon in Ruhe", meinte Marcel und unschuldig die Hände.
"Also ist sie so gesagt deine Exfreundin?", hakte Mats nach.
Ich nickte.
"Gut. Dann gib Erik die Nummer."
"Um Gottes Willen. Nein. Verdammt. Ich gebe ihn nicht die Nummer von May. Nie und nimmer. Nein. Absolut. Nein. Njet. Nope. No. Nö. Nee."
"Ein einfaches nein hätte auch gereicht", meinte Ilkay.
"Ja", meinte Erik.
"Wieso fragst du sie nicht einfach selbst?", schlug Julian vor.
"Du lässt deine Flossen von ihr, Durm."
"Sind wir uns alle einig, dass Marco noch Gefühle für seine Ex hat?", fragte unser Trainer in die Runde.
"Ja!", riefen die Jungs im Chor.
Ich blickte zu Tugba und diese zuckte nur mit den Schultern.
"Unser Bus geht in einer halben Stunde nach Dortmund", sagte Thomas. "Also."
Er klatschte in die Hände.
"Ich sag nur schnell Tschüss und komme dann runter", rief ich hinter her.
"Mach das", meinte Thomas.
Er verließ als erster den Raum und die andern folgten ihn. Nuri und Auba setzten ihre Söhne ab, die zu ihren Müttern liefen, während ich zu den Toiletten ging.
"Hör auf zu weinen jetzt", flehte Mo schon unter Tränen. Die beiden hatten sich umarmt und weinten beide bitterlich wie die Schlosshunde. Kane saß auf dem Wickeltisch und blickte zu mir.
"Hör du doch auf zu weinen!", meinte May nur und schluchzte.
"Mo, wir sollen. Bus kommt gleich."
Mo blickte zu mir und nickte.
Die beiden ließen von der Umarmung ab und May wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
"Wieso habt ihr geweint?", fragte ich vorsichtig nach.
"Er hat auf einmal angefangen. Dann hab ich auch angefangen."
"Du weinst aber eigentlich nie", meinte ich.
"Ich weiß. Deshalb ist es vermutlich gerade alles raus geschossen- was machst du mit der Windel?"
"Was hast du mit der Windel vor?", fragte ich gleichzeitig und blickte zu Mo.
"Ich schmeiße die auf den Müll", meinte Mo und verließ die Toilette.
"Der Mülleimer steht doch direkt- hä. Was ist denn los mit euch?"
Ich blickte wieder zu May. Diese zuckte nur mit den Schultern.
"Ohje", sagte ich und ging zu May und zog sie in die Arme. Sie schlang sofort ihre Arme um mich.
"Was los?", rief Kane irritiert, was uns zum Lachen brachte.
"Verrätst du mir, was dich und Mo zum heulen gebracht hat?", fragte ich.
"Er hat einfach angefangen und ich hab mitgemacht. Keine Ahnung."
"Das letzte Mal als du so drauf-"
"Ich bin nicht schwanger. Ich hab nur die rote Tante zu Besuch."
"Hä, ich dachte deine Tante Helen ist immer blau?"
"Marco, ehrlich jetzt."
"Oh, du hast die rote Tante zu Besuch", meinte ich und schnitt eine Grimasse. Ich hatte immer noch keine Ahnung, was die damit meinte.
"Du hast immer noch keine Ahnung!"
"Jepp", sagte ich.
"Dann belassen wir es dabei", meinte sie und haute mir drei mal auf die Brust.
"Komm, sag Papa Tschüss", meinte May und wandte sich zu Kane.
"Papa nicht gehen!", rief er und wollte auf meine Arme. Ich nahm ich ihn auf die Arme und drückte ihn an mir.
"Ab nächster Woche, sehen wir uns jeden Tag", sagte ich fröhlich.
Kane grinste und schlang die Arme um meinen Nacken. Ich setzte Kane auf einen Arm ab und legte den anderen um May's Schulter, ehe ich sie zu mir zog.
"Ich glaub du hast deine Tage, oder?", fragte ich.
"Hat ja lange gedauert", grummelte sie und vergrub ihr Gesicht in meiner Brust.
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