Kapitel 30
KAPITEL 30
~ Marco's Sicht ~
"Du hast eine Straftat begannen", meinte ich, als May und ich an einer Ampel standen, die zu einer der größten Kreuzungen der Stadt gehörte. Wenn man jetzt Rechts fahren würde, dann würde da die Innenstadt sein, und da wäre dann weiter weg der Bahnhof und mein Hotel, aber sie fuhr gerade aus, obwohl ich dachte, sie würde mich im Hotel absetzen wollen.
"Ich weiß", murmelte May und ließ ihren Kopf auf die Hupe fallen.
Huuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuupp.
"May", sagte ich und drückte sie an der Stirn zurück. Die Hupe verstummte und die anderen Menschen die auf der Straße unterwegs waren, blickten trotzdem noch verwirrt in unsere Richtung.
"Normalerweise müsste man diesen Ausraster und diese kleine Gewalttat bereuen. Aber ich freue mich darüber und fühle mich irgendwo so erleichtert", erklärte May.
"Das ist auch richtig so. Bei deiner Mutter geht das auch nicht anders. Sie ist der Teufel in Person. Das hat sie verdient. Das Auto eigentlich nicht, aber naja."
"Es war nur ein Ferrari. Den hat Rich-Richard sich nur gekauft, um von seinem Mirco-Penis abzulenken."
"Rich-Richard ist reich. Ich bin mir ziemlich sicher, der hat keinen Mirco-Penis mehr", grinste ich.
"Mirco-Penis", sagte Kane hinter uns.
"Oh, verdammt!", fluchten May und ich auf. Wir hatten Kane ja total vergessen. Ich haute mir die flache Hand gegen die Stirn, während May ihren Kopf wieder auf den Lenkrad fallen ließ. Natürlich sprang die Hupe an.
Ich blickte auf und sah, dass es grün war.
"Grün", meinte ich.
May hob ihren Kopf an, schaltete sofort in den zweiten Gang und trat aggressiv aufs Gas. Mit quietschenden Reifen bretterten wir über die Kreuzung und ich war froh, dass wir es lebendig schafften. May ließ die Kamikazetour bleiben und fuhr seelenruhig, wie jeder normale Mensch weiter.
"Sollte ich dich nicht im Hotel absetzen?", fragte May nach einiger Zeit. Oder besser gesagt, als wir beide schon auf dem Parkplatz ihres Wohnhauses hielten.
"Eigentlich schon, aber ich kann auch auf der Couch pennen", meinte ich und stieg aus.
"Äh, Marco. Da schlafe ich schon", sagte May und stieg ebenfalls aus.
"Ich weiß", grinste ich.
"Oh, hey, mir kommt gerade in den Sinn, dass ich auch eine Badewanne besitze, wie wäre es?"
"Wenn's für dich in Ordnung wär, in der Badewanne zu schlafen?", fragte ich lachend.
"Weißt du, manchmal könnte ich dir schon eine reinhauen", sagte May und ging neben mir in Richtung Wohnhaus.
"Wir wissen beide, dass du dazu nicht in der Lage bist."
May blieb stehen und dachte nach. Anscheinend darüber mir hier und jetzt eine reinzuhauen.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir was vergessen haben", meinte sie und drehte sich zum Auto.
"Deine Sporttasche?", fragte ich.
"Nein."
"Hast du vergessen abzuschließen?"
"Willst du mich eigentlich gerade verarschen?", stellte May die Gegenfrage und blickte zu mir.
"Was hab ich denn jetzt schon wieder gemacht?", wollte ich wissen und hob unschuldig die Hände in die Luft.
May blickte mich eindringlich an und ich ließ mein Gehirn ziemlich rattern. Was meinte sie damit? Wenn es nicht ihre Sporttasche war, die sie im Auto vergessen hatte, genauso wenig wie das Auto abzuschließen.
May schüttelte leicht ihren Kopf und ließ diesen dann leicht hängen. "Ich glaub's nicht, dass du deswegen noch nachdenken musst", meinte sie und zeigte aufs Auto.
"Ja, was is denn da?", wollte ich wissen.
"Ach, du keine Ahnung, vielleicht gehst du mal gucken, was wir beide da drinnen vergessen haben."
"Es ist deine Sporttasche, sonst hättest du sie in der Hand", sagte ich und klatschte in die Hände, da ich endlich, dass Rätsel gelöst hatte.
"Oh mein Gott. Es müssen ziemlich viele Fußbälle gewesen sein, die du in den letzten Jahren an den Kopf bekommen hast, da dein Gehirn ziemlich viel rattern tut. Woah, da tritt sogar Dampf aus deinen Ohren aus", ärgerte May mich und schnippste mir gegens Ohr.
Gott, das hat gezwiebelt.
"Aua!", meinte ich und wich zurück.
May fluchte auf und ging in Richtung Auto, was sie aufschloss und dann die hintere Beifahrertür öffnete, ehe sie Kane raus holte.
"Ach, das gibbes doch nicht", meinte ich und hielt mir die Hände vor den Augen. Ich sehe nichts, nein, ich sehe gerade nichts.
"Anscheinend schon", hörte ich May sagen, die das Auto abschloss und mit Kane zu mir kam.
"Tut mir leid" meinte ich zu May.
"Solltest du."
"Naja, gib's zu, du hast ihn doch selber vergessen."
May rümpfte stolz die Nase. "Vielleicht", meinte sie. "aber mir ist es wieder eingefallen."
Nachdem wir oben waren, machte ich Kane gleich mal fertig fürs Bett. Es war schon spät und ihm selber fielen schon immer wieder die Augen zu. Okay, mir gerade beim umziehen auch, aber ich haute mir dann immer mit der flachen Hand leicht ins Gesicht und kam dann einigermaßen wieder zu mich.
May war im Wohnzimmer und meinte, dass sie für sich das Bett und für mich die Badewanne herrichten würde, was ich sowieso nicht glaubte, dass sie das tun würde. Ich denke, ihr war bewusst, dass ich mit meinem 1,80 Metern in die Badewanne reinpassen würde. Sie schon eher, wenn sie sich ein wenig zusammenfaltete.
Kane kuschelte sich ins Bett und zog die Decke zu sich, eher er sein Lieblingsschaf schnappte und sich an dem herankuschelte.
"Gute Nacht, Kleiner", meinte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.
"Nacht", murmelte Kane müde.
Ich ging zur Tür und schaltete das große Licht im Zimmer aus und dafür das BVB-Nachtlicht an.
"Hab dich lieb, Kane", sagte ich und wandte mich noch mal zu ihm.
"Micro-Penis", entgegnete Kane nur.
Ich warf verzweifelt meinen Kopf in den Nacken und plusterte die Wangen auf. "Hm", meinte ich und zog die Tür hinter mich zu. Jedoch ließ ich sie noch einen Spalt offen.
"Dein Bett ist angerichtet", meinte May, als ich ins Wohnzimmer ging. Sie zeigte in Richtung Badezimmer und ich warf ihr meinen 'du-willst-mich-doch-verarschen-Blick' zu.
"Ich verarsche dich nicht. Da ist wirklich dein Bett", grinste sie und zeigte weiter in Richtung Badezimmer.
Ich knurrte und ging ins Badezimmer und knurrte wieder.
Eine Wolldecke war in der Badewanne ausgelegt, dann lag da noch ein Kissen und eine weitere Wolldecke über den Beckenrand.
"Dein Ernst?", fragte ich und blickte auf die Badewanne hinab.
"Ja, gute Nacht", sagte May und schon ging das Licht im Wohnungsflur und Wohnzimmer aus.
"Was ist nur los mit ihr?", murmelte ich und blickte noch mal hoffnungsvoll in Richtung Badezimmertür. Ich wollte einfach die Hoffnung nicht aufgeben, dass May doch noch zu mir kommen würde und mir grinsend an den Kopf werfen würde, dass ich nicht immer alles glauben soll, was sie sagt.
Seufzend schnappte ich mir die Decke vom Rand und stieg in die Badewanne. Natürlich wäre ich fast ausgerutscht und hätte mir das Genick gebrochen, wegen dieser bescheuerten Kontelation eines 'Wasser-Bettes', aber ich konnte mich gerade noch am Badewannenrand festhalten, jedoch wieder diesen furchtbaren Schmerz in meinem linken Zeh zu spüren.
"Ach, verdammt!", fluchte ich auf und schaffte es irgendwie mich in die Badewanne zu legen. Ich legte das Kissen hinter meinem Kopf und die Beine über den Rand, ehe ich mir die Decke über meinen Kopf zog und wieder seufzte.
"Manchmal frage ich echt, ob du dich nicht mal durchsetzen kannst", hörte ich May sagen.
Ich zog die Decke von meinem Kopf und blickte zu May, die mir ihrer Handy-Taschenlampe an die Wand leuchtete, damit sie keinen von uns blendete.
"Nach deinem Auftritt vorhin, werde ich mich nie wieder mit dir anlegen", murmelte ich und zuckte mit den Schultern.
"Hm", machte May. "Wie dem auch sei. Komm mit rüber. Die Couch ist groß genug."
"Nö, ist ganz gemütlich hier", meinte ich trotzig und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Du kommst jetzt mit rüber. Ich will mir nicht in Zukunft anhören müssen, dass ich deine Fußballerkarriere, wegen einem kaputten Rücken zerstört habe. Hoch mit dem Hintern und rüber jetzt."
"Neeeeein", stellte ich mich weiter quer.
"Mir wird jetzt langsam bewusst, dass Kane immer mehr wie du wird."
"Er ist eben mein Sohn", sagte ich und zuckte mit der Schulter, ehe ich weiter die Decke anschaute.
"Da besteht kein Zweifel."
"Das Gewinnerspermium."
"Is klar."
"Is wirklich so. Hast du in Biologie nicht aufgepasst?"
"Klar habe ich das, als das Thema Gewinnerspermium dran kam", antwortete May mit voller Ironie.
"War mein Lieblingsfach", meinte ich.
"Gewinnerspermium?"
"Biologie, Mensch."
"Sicher, dass das Fach Biologie im Allgemeinen war und nicht nur Sexualkunde?"
Ich warf May einen warnenden Blick zu und schnitt eine Grimasse. "Magst ja recht haben. Aber ich schlafe hier, in der voll gemütlichen Badewanne."
Ich drehte mich mit dem Rücken zu May und mir taten jetzt schon die ganzen Knochen von der harten Badewanne weh, dass ich am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre. Aber ich riss mich zusammen.
"Das war also dein letztes Wort?", hakte May noch mal nach.
"Bist du taub, oder so?"
"Ich dachte du willst dich nicht mehr mit mir anlegen, nach dem Auftritt heute gegenüber meiner Mutter?"
"Kein Bock, dass du mir noch die Außenspiegel meiner Autos wegtrittst."
"Nee, hab ja auch momentan keinen Grund dazu, dass zu tun."
Ich fluchte auf, als das kalte Wasser aus dem Hahn, wo mein Kopf übrigens direkt drunter war, an mir herab lief. Jetzt hat sie nicht wirklich das Wasser angemacht.
"Kalt, May, mach das aus. Kaaalt."
"Nur, wenn du mit nach drüben kommst?", fragte sie lachend.
"Ja, ist ja gut. Mein Gott."
Sie drehte den Wasserhahn wieder ab und ich wischte mir die nassen Haare aus meiner Stirn.
"Du bist nur fies", meinte ich und zitterte am ganzen Körper, da es eben eiskaltes Wasser war.
May kniete neben der Badewanne und hatte ihre Arme auf dem Rand abgelegt, ehe sie schmunzelnd zu mir guckte.
"Nein, ich setze mich nur durch", meinte sie und warf mir ein Handtuch zu, was ich auffing.
"Häng deine Klamotten und die Bettwäsche über die Heizung und dem Wäscheständer."
Damit war May aus dem Badezimmer verschwunden und ließ mich alleine.
"Das kriegst du sowas von zurück", murmelte ich und stand aus der Badewanne aus, nicht ohne auszurutschen und auf den Boden vor der Badewanne zu knallen.
"Au!", wimmerte ich.
"Alles okay?", hörte ich May sagen.
"Ja, alles bestens!", entgegnete ich. "Entweder hab ich mir den Popoknochen gebrochen, oder es war mein iPhone."
Hoffentlich war es nicht mein Hintern, sondern nur mein iPhone.
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