Kapitel 176
KAPITEL 176
~ May's Sicht ~
"Schatz, du musst einmal bitte Kane vom Kindergarten abholen", rief Marco mir aus dem Wohnzimmer zu. Er saß dort mit Moritz, Auba und Nuri. Was machten sie da? Richtig! Zockten mal wieder auf der PlayStation. Aber mal kein Fifa, sondern The Walking Dead.
"Muss ich ja dann auch wohl", sagte ich, als ich die Jungs beim Zocken beobachtete. Auba war gerade Daryl Dixon und haute vor den Zombies ab, weshalb die Jungs immer panisch schrien, wenn Daryl von einem Zombie attackiert wurde. "Sobald Kane hier ist, spielt ihr irgendwas was für Kindesaugen gerecht ist."
"Ja, Mama!", riefen die vier Männer im Chor und ich schnitt nur eine Grimasse. Ich verließ das Wohnzimmer und wurde sofort von Marco zurück gepfiffen. Was hatte er nun schon wieder?
"Was nun?", fragte ich und blieb neben der Couch stehen. Er blickte grimmig zu mir. "Was Marco?"
"Bekomme ich keinen Kuss?", stellte er genauso zickig die Gegenfrage.
"Bekomme ich keinen Kuss?", ahmte Auba ihn nach und schnitt eine Grimasse. Ich quetschte mich an Nuri und Moritz vorbei, um an meinen Ehemann zu kommen und drückte diesen schmollenden Woody einen Kuss auf den Mund.
"Zufrieden?", fragte ich und zog eine Augenbraue hoch.
Marco grinste mich nur an und nickte. "Ja, und jetzt geh mir aus der Sonne", sagte er und drückte mich bei Seite.
"May, aus dem Weg", sagte Nuri und drückte mich am Oberschenkel bei Seite.
"Ja, Frau, aus dem Weg!", sagte Mo und drückte mich am Hintern weg. Marco, der Auba den Kontroller aus der Hand gerissen hatte, da dieser gestorben war, ließ diesen Fallen und blickte knurrend zu Mo.
Mo trank von seiner Cola, als wäre nichts passiert. Selbst Auba und Nuri haben das mitbekommen und schauten Moritz an. Moritz blickte verdattert zu den Jungs. "J-ja?"
"Halt mich fest, Auba! Halt mich fest", rief Marco gespielt sauer, weshalb die anderen Jungs lachen mussten. Mo wirkte immer noch verwirrt und schrie vor Schreck auf, als Marco sich auf ihn stürzte und mit den Kissen auf sein Gesicht einschlug.
"Kann es sein, dass dein Mann ein wenig eifersüchtig ist?", fragte Nuri an mich gewandt.
"Mag sein", sagte ich. "Aber solange er euch nicht umbringt, wenn ihr dieselbe Luft atmet wie ich, ist noch alles in Ordnung."
"Marco du tust mir weh!", rief Mo nur.
Gleichzeitig rief Auba: "Marco, du tust dem Kissen noch weh!"
Nuri und ich tauschten nur einen Blick aus. Dann fuhr ich ihn durchs Haar. "He!", rief er. "Geh mal lieber deinen Sohnemann abholen, sonst verkaufen sie den noch, da er das letzte Kind da ist."
"Kane ist nie das letzte Kind", bemerkte ich, schnappte mir ein Kissen und zog es Nuri durchs Gesicht.
"Kissenschlacht!", brüllte Auba und schnappte sich ebenfalls eins der riesigen Couchkissen, ehe er damit auf Marco einschlug.
Nuri seufzte nur. "Ich bin eigentlich ein vernünftiger Türke, aber wenn man von drei Idioten umgeben ist, wird man angesteckt", meinte er und riss mir das Kissen aus der Hand, ehe er ebenfalls auf Marco damit einschlug.
"He! Wieso denn jetzt ich?", fragte Marco schockiert. Mo schaffte es und riss Marco das Kissen aus der Hand.
"Alle auf Marco!", brüllte Auba und zog seinen besten Freund von Moritz runter. Dann lag mein armer Ehemann auf der Couch und ließ das über sich ergehen. Schnell machte ich ein Foto davon und ging in den Hausflur.
"May! Ah! Hilfe!", rief Marco nach mir. Ich sagte gar nichts. "Nö, sie ist weg!"
"Selbst Schuld. Deine Frau kann dich jetzt nicht mehr beschützen! Muhahahaha!", schrie Mo und hustete kurz. "Hahaha!"
Ich zog mir Schuhe und Jacke an, schnappte mir dann Haustürschlüssel und Schal und machte mich dann auf den Weg zum Kindergarten. Die Schlüssel steckte ich in meine Jackentasche, den Schal machte ich mir im Gehen um.
Kane war jetzt schon eine Woche im Kindergarten und hatte sich wirklich prima dort eingelebt. Er kam eigentlich mit allen Kindern klar und auch die Erzieherin ist zufrieden mit den kleinen Mann. Ich zog die Zauntür des Kindergartens hinter mir zu und schaute zum großen Fenster, wo man direkt ins Bällebad schauen konnte. Kane war dort mit ein paar seiner alten Krippen-Freunde am herumturnen. Auch Jason war dabei. Hach und so wie es aussah, hatten die beiden sich wieder in den Haaren gehabt.
Ich zog die Eingangstür auf und ging direkt zum Bällebad um die Ecke. Kane kniete auf dem Rand und wurde immer wieder von Jason mit Bällen beworfen? Und wo war die Erzieherin? Die ließ sich hier nirgends blicken. Auch gut.
"Jason, das macht man aber nicht", sagte ich und ging in den kleinen Raum rein. Kane blickte erleichtert zu mir, während Jason sich von Kane weg drehte und sich in den Bällen hinsetzte.
"Hi, Mom", meinte er und kletterte vom Rand des Bades runter. Er lief drum herum und krallte sich an meinen Beinen fest.
"Na, Schatz", sagte ich und fuhr ihm durchs zerzauste Haar. "Wollen wir nach Hause. Papa wartet schon sehnsüchtig auf dich."
Er nickte nur und schnappte sich seine Hausschuhe, ehe wir in den angrenzenden Flur der Gelben Gruppe gingen. Kane tauschte Hausschuhe mit seinen Winterboots aus. Er setzte sich auf die Bank vor seinem Platz und zog sich weiter an, während ich mit irgendeiner Mutter eines anderes Kindes ins Gespräch kam. Sie wirkte voll nett und hatte noch ein kleines Baby in einem Babysafe bei sich, während ihre große Tochter sich anzog.
"Mama, ich habe heute ein Spiel!", sagte Kane fröhlich, als er sich anzog.
"Das weiß ich doch. Mama und Papa sind doch auch wieder da."
"Ja, wollte dich nur Erinnern."
Die Mutter von Hanna und Mia lachte nur. "Spielt der kleine Fußball?", fragte sie.
"Du, wie kommst du denn da drauf?", fragte ich sie ironisch, nachdem ich beiläufig auf die ganzen BVB-Sachen von Kane gezeigt hatte.
"Keine Ahnung", lachte sie ebenfalls ironisch. "Wie heißt du noch mal?"
"May und du warst Jana?"
"Genau. Jana Kirch."
"Mein Papa hat mal für Dortmund gespielt", sagte Hanna zu mir.
"Ja, er hat. Aber anscheinend braucht Tuchel ihn nicht, weshalb er ihm in einem offenen Gespräch, dass eiskalt ins Gesicht gesagt hat. Anscheinend hat er mit Reus seinen Liebling gefunden."
"Mein Papa spielt auch für die Bienen!", rief Kane und sprang auf. "Und er macht immer voll viiiiiielen Tore und ist voooooooooll lieb."
Ich lachte nur. Jana wandte sich zu Kane.
"Echt? Wer ist denn dein Papa?", fragte sie nach.
"Na, mein Papa?", sagte er stirnrunzelnd.
"Kane, da weiß sie ja auch sofort, wen du meinst", sagte ich und zog ihn die Mütze auf den Kopf zurecht.
"Ah, Frau Reus", sagte die Erzieherin und kam aus dem Raum.
"Ja?", fragte ich.
Jana neben mir riss erschrocken die Augen auf und kratzte sich an der Schläfe.
"Kane, hat wieder etwas gemalt, dass wollte er seinem Papa schenken", sagte sie und reichte mir ein Blatt Papier. Drei Striche und das wars. Mensch, Kane war ja ein richtiger Picasso.
"Ah, oke", sagte ich.
"Ja, er mag es anscheinend nicht ruhig sitzen zu bleiben und zu malen. Er will nur Fußball spielen."
"Das hat er dann wohl von seinem Vater", sagte ich und steckte das gemalte Bild in Kanes Rucksack.
"Ja, das mag mir auch klar sein", meinte die Erzieherin weiter. "Aber wenn jemand in seinem Umfeld nur das Wort Fußball erwähnt, dreht er durch und wenn wir nein sagen, es wird kein Fußball gespielt, dann fängt er an zu weinen."
"Ja, wie bereits erwähnt, das hat er vom Papa", nickte ich. Jana schaute belustigt und half ihrer Tochter sich weiter anzuziehen.
"Kane ist echt schwer für andere Dinge in letzter Zeit zu begeistern-"
"Außer für Fußball ich weiß", warf ich ein. Die Erzieherin nickte nur. "Aber was soll ich machen? Ich kann den kleinen Mann ja wohl schlecht einreden, dass Fußball blöd ist, dann hab ich ja noch die Scheidung am Hals."
"Versuchen Sie doch neben Fußball eine andere Aktivität für Kane rauszusuchen. Zum Beispiel Musikunterricht, eine andere Sportart."
"Ja, ich will aber nicht, dass Kane zu viele Dinge macht und wir ihn überhaupt nicht mehr sehen. Kindergarten und Fußball reicht ihn momentan aus, um glücklich zu sein."
"Ja, oke, wenn Sie meinen", sagte sie. "Dann ist mir bei Kane heute noch was aufgefallen."
"Was kommt nun?", wollte ich wissen.
"Er war heute auf Toilette gewesen und als er wieder gekommen ist, war er komplett nackt."
"Ach, er ist eben nur nackt durch die Kindergartegruppe gelaufen, was soll's. Er entdeckt gerade die Freiheit für seinen Körper."
"Frau Reus, Kane ist durch den ganzen Kindergarten gerannt- nackt. In jede Gruppe rein. Sogar in das Büro, wo die Erzieherin aus der Krippe gerade ein Elterngespräch hatte."
"Wenn sein Hintern atmen muss, dann muss sein Hintern atmen", sagte ich und schnitt eine Grimasse. "Ein Wunder, dass sie es hinbekommen haben ihn wieder anzuziehen."
"Es war nicht einfach", bemerkte die Erzieherin. Ich drehte mich zu Kane, dieser war weg.
"Richtung Bällebad", meinte Jana nur und half ihrer großen Tochter bei den Winterstiefeln.
"Danke."
"Wenn es nicht mit dem Fußball anders geht, dann müssen Sie ihn abmelden und wo anders reinquetschen. Wie bereits erwähnt in einem Musikkurs. Er benutzt wirklich alles um Fußball zu spielen, wenn er nicht darüber redet."
"Der Kleine liebt halt Fußball abgöttisch? Was ist daran denn bitte Falsch? Wenn eines der Mädchen nur über Barbies reden würde, würden Sie dann auch zu deren Eltern gehen und diesen vorschlagen, dass sie nichts mehr mit Barbies machen soll, sondern was männlicheres?" Ich machte eine Pause. "Klar, wieso schicke ich meinen Sohn nicht gleich zum Synchronschwimmen. Oder besser zum Ballett? Dann mach ich ihn schön zu einem Weichei."
"Ja, ich denke, May hat heute noch nichts gegessen", warf sich Jana mit ein. "Außerdem versucht gerade ein Kind einem anderen die Haare zu schneiden!"
Die Erzieherin drehte sich um und war in dem Raum verschwunden. Jana machte die Tür zu und hob den Babysafe vom Boden auf. Das kleine Mädchen da drinnen schlief seelenruhig weiter, während Hanna ungeduldig herum sprang und unbedingt zu ihrem Vater nach Hause wollte.
"Du hast meine Tochter gehört, wir müssen", meinte Jana. "Wir sehen uns dann bestimmt Morgen."
"Bestimmt", nickte ich. Jana verschwand mit ihren Mädels Richtung Ausgang und ich suchte nach Kane. Der war - wie soll es anders sein - am Bällebad und hatte sich Jason vorgeknöpft.
"Du Blödi!", rief Kane und drückte Jason auf den Boden, während er auf seinem Rücken saß und ihn in den Haaren zog.
"Kane!", sagte ich mahnend. Er ließ von dem weinenden Jason ab, blieb aber sitzen und schaute zu mir.
"Mama?"
"In den Haaren ziehen? Ehrlich? Seit wann bist du denn so ein Mädchen?"
"Sorry", sagte Kane und stand von Jason auf. Der weinende Jason stand auf und schubste Kane zurück. Kane zitterte am ganzen Körper und schrie, ehe er Jason am Kragen packte und ihn eine Kopfnuss verpasste.
"Woah, das sollte aber nicht heißen, dass du-"
Kane weinte auch, da er sich vermutlich weh getan hatte. Ich schaute mich um. Gut, hatte keiner gesehen. Schnell schnappte ich mir meinen Sohn, der sich an der Unterlippe festhielt, während Jason auf den Boden lag und weinte und ging mit ihm zurück in die Umkleide.
Als ich Kane auf seinen Platz setzte, sah ich, dass er einen blutigen Kratzer an der Nase hatte.
"Meine Nase", bemerkte er und wollte dort hin fassen. Ich drückte seine Hand zurück und schnappte mir die Taschentücherpackung aus seinem Rucksack.
"Halt das mal dagegen", sagte ich, als ich ihn das aufgefaltete Taschentuch gab. Kane hielt es sich an die Nase und beruhigte sich allmählich wieder. Es war ja nur ein Kratzer gewesen nicht schlimm. "Das macht man außerdem nicht, Kane."
"Tut mir leid, Mami", murmelte er und fing wieder an zu weinen. "Geh ich jetzt ohne Essen ins Bett."
"Schatz, natürlich kriegst du was zu essen. Aber das machst du nie wieder. Auch nicht bei Jason. Oke?"
"Oki", seufzte er und hörte wieder auf.
"Oh Gott, Jason was hast du denn!", hörte ich eine schrille Stimme rufen. "Herrjemine. Was ist denn das für Blut! Oh Gott! Dir fehlt ja ein Milchzähnchen."
Ich riss erschrocken die Augen auf, schnell schnappte ich mir alle Sachen von Kane und hob den Kleinen hoch. "Gehen wir nach Hause?", fragte er mich.
"Ja, aber wie", antwortete ich und schaute noch mal nach, ob ich alles habe. Ich hatte alles. Dann verließ ich den Kindergarten durch eines der Hintertüren, die in den Außenbereich folgten- von da kam man halt auch gut nach vorne zum Ausgang.
"Sind wieder da!", rief ich, als ich die Haustür hinter mir zu machte. Kane's Kratzer an der Nase hatte auf dem Nachhauseweg aufgehört zu bluten und war nicht weiter tragisch. Außerdem war die Nase nicht blau oder angeschwollen. Also war da nichts gebrochen oder so. Aber das Jason wegen Kanes Birne ein Zahn verloren hatte, war ja irgendwie schon - ich drücke mich mal wie mein Ehemann aus - Genital.
Nachdem Kane sich ausgezogen hatte und alles mal ordentlich auf einem Haufen hin schmiss, anstatt Kreuz und Quer - er war eben so unordentlich wie Marco gewesen - lief er zu seinen Vater ins Wohnzimmer.
"Was hast du denn da auf deiner Nase? Bist du hingefallen?", fragte Marco sofort. Es wirkte zu ruhig in unserem Haus. Vermutlich waren die Jungs schon wieder abgedampft- nein, waren sie nicht. Auba und Nuri kamen gerade aus der Küche, während Moritz auf dem Klo saß und am singen war. Die beiden Jungs mit den Gläsern Cola winkten mir zu und verschwanden im Wohnzimmer. Ich ging hinter her.
Marco blickte sofort zu mir, nachdem er Kane verwirrt angeschaut hatte.
"Was ist denn mit ihm passiert?", fragte Marco mich sofort. "Ist er beim Toben hingefallen?"
"Ach... nö... beim Toben ist das nicht passiert", meinte ich und kratzte mir die Stirn. Die drei Männer blickten zu mir und runzelten die Stirn. "Jason hat ihn wieder geärgert. Erst hat Kane ihn in den Haaren gezogen, ich meinte, dass man das als Junge nicht macht, so schnell konnte ich gar nicht gucken, da hatte er Jason schon eine Kopfnuss verpasst."
"Eine was?"
"Kane Head-butted Jason", meinte ich. Auba fing lauthals an zu lachen und da der eh schon so eine bescheuerte Lache hatte, fingen wir auch an. Selbst Marco.
Mo kam ebenfalls lachend ins Wohnzimmer.
"Du hast doch keine Ahnung, über was wir lachen", lachte Marco.
"Nee, aber ich lache gerne", schrie Mo vor lachen und schmiss sich mit auf die Couch. Nachdem unser Lachanfall abgeklungen war, hätte ich damit gerechnet, dass Kane von Marco einen Einlauf deswegen bekam. Wenn Marco eins wollte, dann kein Kind, dass sich durch die Gegend prügelt. Aber Marco blieb nur ruhig und machte Kane sogar ein Pflasterchen auf die Nase. Dann zockten wir alle noch ein wenig Mario Kart.
Ich bekam einen Anfall, da ich kurz vor der Ziellinie auf der Bananenschale ausrutschte, und damit vom ersten auf den fünften Platz zurück fiel.
Auba rastete total wegen der Regenbogenstrecke aus und redete von da an nur noch auf Französisch. Ich verstand ehrlich gesagt nur Bahnhof, Flughafen und U-Bahn-Station.
"Jungs, ihr müsst auch gehen", bemerkte Marco dann. "Wir müssen auch zum Sportplatz. Kane hat heute wieder ein Spiel."
"Hatte er nicht Sonntag?"
"Ja, das war ein Spiel, wo das Team geteilt wurde. Jetzt kommt ein richtiger Gegner und ratet mal wen", grinste Marco.
Die drei zuckten ahnungslos mit den Schultern. "Gegen die U5-Kiddies aus Hernewest."
"Schalke?", fragte Nuri.
Marco nickte. "Ja, gegen die."
"Werden da die Tore gezählt?", hakte Mo nach.
"Wäre blöd, wenn nicht", antwortete ich.
"Ist das so eine kleine Bambini-Liga?"
"Nein, die Tore werden zwar gezählt, aber es ist keine Liga, mit Tabelle und Meisterschaft und Abstieg", erklärte Marco.
"Ja, und ich spiele im Tornado."
"Sturm", meinte Marco.
"Ja, ich spiele im Sturm", verbesserte Kane sich.
"Kann ich mit zum Spiel?", fragte Mo Marco und mich. "Ich hab eh keine Familie. Also hier in Dortmund."
"Klar, kannst du mitkommen", sagte ich.
Und dann waren wir eine Stunde später am Sportplatz einer Schule angekommen. Kane trug bereits sein Trikot unter seinem Trainingsanzug und trug seine Fußballschuhe unter seinen Armen umher. Die anderen Kinder seines Team waren bereits da, genau wie die Eltern. Das blau-weiße Gegenteam war auch bereits aufgetaucht. Marco und ich waren ziemlich verwundert, dass noch viele andere Zuschauer gekommen waren. Sonst waren es immer nur die Eltern, Geschwister und andere Familienmitglieder gewesen, die zu schauten.
Während ich mich mit Marco und Moritz an die Metallstangen stellte, die als Absperrung da stand, lief Kane da durch und setzte sich auf den Boden. Schnell tauschte er seine Nikes-Sneakers mit seinen Puma-Fußballschuhen und gab sie seinen Vater. "Hier Papa", sagte er zu Marco.
"Danke", meinte Marco. Dann lief Kane zu seinem Trainer und die anderen Kinder in der Mitte des Platzes. Der Trainer sagte irgendwas und dann kam Kane wieder zu uns gelaufen. "So, ich spiele jetzt", sagte er grinsend und zog sich die Trainingshose und die Jacke aus. Er drückte die Jacke Mo in die Hand und mir die Hose. "Gut aufpassen."
"Viel Glück!", riefen Marco und ich hinter her, als Kane zurück lief.
"Von mir auch!"
"Der spielt ja jetzt schon besser als der Papa", lachte Moritz, als es nach zwanzig Minuten in die Halbzeit ging. Es waren Kinderspiele, weshalb eine Halbzeit immer nur zwanzig Minuten ging. Man konnte ja nicht alles von den Kindern abverlangen, wie von den Profis. Das wäre, dann wirklich ziemlich übertrieben.
"Papa! Mama! Mo! Ich hab ein Tor gemacht!", rief Kane und kam auf uns zu geflitzt. Ich reichte ihn seine BVB-Trinkflasche mit dem Apfelsaft und er riss sie mir aus der Hand. Durstig trank er aus der Flasche und rülpste, dann trank er weiter.
"Ja und Papa ist ganz schön stolz auf dich", sagte Marco und ging in die Knie, um auf Augenhöhe mit Kane zu gehen.
"Hast du auch Durst?", fragte Kane seinen Papa und drückte ihn den Nippel der Flasche zwischen die Lippen.
"Na, jetzt schon", schmunzelte Marco und trank einen Schluck, ehe er Kane wieder die Flasche in die Hand drückte. "Jetzt trink doch schon mal weiter, Großer."
"Bin voll, sonst muss ich wieder Pippi", sagte er und drückte Marco die Flasche in die Hand. "Aber ich hab Hunger!" Kane blickte zu mir.
"Na, wie gut, dass die Mama dir Milchschnitten eingepackt hat."
"Ach, die Milchschnitten waren für Kane?", fragte Mo und schaute erschrocken.
"Du gehst einfach so an die Handtasche meiner Ehefrau?", fragte Marco und drehte seinen Kopf zu Moritz.
"Ja, ich hatte halt hunger und ich glaube, da war noch eine Milchschnitte", stammelte er vor sich hin. Ich schaute in meine Handtasche und fischte die letzte Milchschnitte heraus, sonst war da nur das leere Papier von drei Milchschnitten.
"Kane, du hast Glück, der Blödi von Moritz hat dir noch eine Milchschnitte übrig gelassen", grinste ich und reichte diese Kane. Er schnappte sie sich und versuchte sie die aufzumachen. Das klappte aber nicht, weshalb er sich hilflos zu Marco drehte.
"Pop", schmollte er und hielt diese Marco hin. Marco nahm diese entgegen und holte die Milchschnitte aus der Packung. Er biss ein kleines Stückchen ab, weshalb Kane ihn erstmal "Blödi", nannte und gab diese dann Kane.
"Danke", grinste Kane und biss hungrig von der Milchschnitte ab. Als er die aufgegessen hatte, trank er noch von seinem Apfelsaft und reichte Marco die Flasche.
"Kane, komm es geht weiter!", rief der Trainer.
"Ich werde gebraucht!", meinte Kane grinsend und lief zurück auf seinen Platz. Marco lachte nur und sprang über die Absperrung neben mir. Dann legte er einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich.
Ich schaute zu Marco, der mit einem stolzen Grinsen seinen Sohnemann beim Fußballspielen beobachtete.
Vielleicht brauchten wir wirklich nur ein einziges Kind, um glücklich zu sein. Vermutlich reichte Kane ja doch aus und ich musste nicht weiter in Selbstmitleid empfinden, da ich diejenige die war, die keine Kinder mehr bekommen könnte. Das musste aufhören. Ich musste mich damit abfinden.
Und das ging nur, wenn wir es Kane erklärten und seiner Familie.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um Marco einen Kuss auf die Wange zu drücken. Marco zog mich weiter zu sich rüber und schlang beide Arme um mich herum. Marco der seine Winterjacke offen trug, drückte mir einen Kuss auf die Stirn, als ich meine Arme unter seiner Jacke um seinen Rücken schlang. Ich lehnte meinen Kopf an seiner Brust an und runzelte perplex die Stirn, als mich jemand von hinten umarmte.
"Moritz? Du hast drei Sekunden!", hörte ich Marco genervt grummeln.
"Pardon", meinte Moritz und wich von mir zurück. "Na komm, Kane! Laufen, Junge! Laufen!"
"Moritz!", fuhren wir ihn an. Er war ruhig und zog seine Wintermütze weiter in seine Stirn. Ich blickte entnervt zu Marco hoch, der nur die Augen verdrehte und kuschelte mich dann wieder an meinem Ehemann an.
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