Kapitel 117
KAPITEL 117
~Marco's Sicht~
"Kane nicht trödeln", sagte ich zu ihm, als wir beide auf dem Weg zur Kita waren. Es war eigentlich wie jeden Morgen dieselbe Tortur mit ihm.
"Yo", meinte er nur und versuchte mit seinen kleinen Beinchen mit mir Schritt zu halten. Kane schnappte sich meine Hand und wollte anscheinend nur noch an diese weiter gehen.
Ich danke Gott dafür, dass er uns zwei Hände geschenkt hatte, denn in diesem Augenblick klingelte mein Handy.
Ich dachte, dass wäre May gewesen, da ich vermutlich wieder irgendwas vergessen hatte, aber ich war froh, dass sich die Person am anderen der Leitung zuerst gemeldet hatte, als ich das Gespräch annahm.
Sonst hätte ich vermutlich: "Ich hab wegen dir voll den Muskelkater im Unterleib. Ich hoffe du leidest genauso", gesagt.
Das hätte meinen Berater denn einfach nur so ziemlich verstört. Aber gut, dass ich nach "Ich hab wegen-" abgebrochen hatte, da Holger sich zu Wort meldete.
"Du bist nicht gesperrt", sagte Holger sofort.
"Noch mal bitte?", forderte ich meinen Berater auf, sich zu wiederholen.
"Du bist wegen dem Qäbälä-Spiel nicht gesperrt worden", wiederholte er sich.
"Das hat bei den ehrlich zwei Wochen gedauert, bis die das auf die Reihe kriegen?", fragte ich nur.
"Kann man nichts machen. Sei froh, dass du Morgen mit dabei sein kannst. Ich werde gleich mal Thomas anrufen", redete Holger weiter.
"Guck mal, Papa. Ein Hundi", meinte Kane und zerrte an meiner Hand.
"Wie ich höre, bist du mit deinem Sohnemann unterwegs?", fragte Holger belustigt.
"Ja, ich bringe ihn gerade in die Krippe."
"Dann will ich dich nicht weiter dabei stören. Ich melde mich, wenn es was Neues über was auch immer gibt. Haunse."
"Haunse?", lachte ich und schon war das Gespräch beendet. Ich steckte mein Handy weg, nachdem ich die Tastensperre reingemacht hatte und wandte mich zu Kane.
"Wo ist ein Hund?"
"Weg", seufzte Kane.
"Ach Mist. Wir sehen sicherlich auch bald einen. Nun komm. Wir sind schon spät dran."
"Krieg ich einen Hund?", fragte Kane mich, als ich vor ihm kniete und ihn die Jeanshose auszog. Er trug ja nur eine Strumpfhose. Damit lief er ja nur darum. Ich legte die Hose zusammen und packte sie in das obere Fach vom Platz meines Sohnes.
Ich atmete nachdenklich aus. "Das geht momentan nicht, Hasi", antwortete ich.
"Nenn mich nicht so."
"Wie?"
"Hasi."
"Wieso nicht."
"Weil ich ein Junge bin."
"Mama nennt mich auch manchmal so", sagte ich schulterzuckend.
"Du bist auch ein Mädchen", grinste Kane frech.
"Bitte?", fragte ich empört.
"Manchmal", fügte er noch hinzu.
"Pass ja auf, Freundchen", sagte ich mahnend.
Das Grinsen meines Sohnes verschwand und er seufzte nur.
"Kein Hund, keine Schwester, läuft", nuschelte er und ich blickte ihn irritiert an.
"Was hast du gerade gesagt?", hakte ich hellhörig nach.
"Nichts. Schuhe!", sagte er ungeduldig und klatschte in die Hände. Ich schnappte mir seine Hausschuhe und zog ihn diese an.
"So, dann nimmst du deine Brotdose, deine Emma und dann gehen wir da rein."
"Ich war gestern nicht da", sagte Kane, nachdem er sich Emma unter den Arm geklemmt hatte und ich mit der Brotdose hinter her ging.
"Ja, du warst im Zoo und dann kannst du ja den anderen Kindern erzählen, was du alles erlebt hast."
"Nur Luis, Mathilde und Paul sag ich das", sagte Kane und ging ins Zimmer.
"Kane!", rief das kleine Mädchen mit den kurzen lockigen blonden Haaren und den großen grauen Augen, ehe sie zu Kane lief und umarmte.
"Hi", meinte Kane nur.
"Bringst du Emma in den Schlafraum?", fragte ich Kane und ging an der Kinderküche entlang, wo dieser Jason stand. Der war der Rabauke der Kinder gewesen. Schubste oder haute sie immer wieder gerne.
"Ja", nickte Kane und lief in Richtung Schlafraum.
"Komme mit", meinte das Mädchen und lief ihm hinter her.
Ich ging weiter in den Raum und sah eine Erzieherin mit einem kleinen Kind an dem Tisch sitzen. Das Kind war bestimmt gerade mal ein Jahr alt, wenn es noch Hilfe beim Essen braucht. Ich legte die Brotdose auf dem Teewagen ab, nachdem ich die Erzieherin begrüßt hatte.
"Morgen", entgegnete sie fröhlich und fütterte den kleinen Jungen weiter. "Wer ist denn da im Schlafraum?"
"Kane bringt gerade seine Emma weg", sagte ich nur und in dem Moment kam Kane wieder aus dem Zimmer. Das Mädchen folgte ihm und machte die Tür zu.
"Willst du Frühstücken?", fragte ich Kane.
"Wenn Luis und Paul da sind", antwortete Kane und schnappte sich das Mädchen an der Hand.
"Ja, Luis, Paul, Mathilde und Kane frühstücken immer gemeinsam. Sie warten immer aufeinander", klärte mich die Erzieherin auf.
"Das ist gut", nickte ich. "Die Oma holt Kane heute gegen vier ab."
"Danke, gut zu wissen."
Ich ging hinter das Spiegelhaus und schaute zu Kane, der das Mädchen in einem Holzkinderwagen hin und her schob.
"Sagst du Papa tschüss?", fragte ich Kane und lehnte mich an das kleine Häuschen an, dass wir bis zur Brust ging.
Kane hob cool die Hand und wandte sich dann wieder dem Puppenwagen zu.
"Freundchen", sagte ich mahnend.
"Ist ja gut", meinte Kane und ließ vom Wagen ab. Er kam zu mir und legte seinen Kopf in den Nacken- spitzte die Lippen.
"Geht doch", sagte ich und drückte den Kleinen einen kleinen Kuss auf den Mund. "Oma holt dich nachher ab."
"Yo", meinte Kane nur und wandte sich wieder zum Kinderwagen zu.
"Ja, gut, okay", meinte ich. "Tschüss!"
"Tschüss!", rief die Erzieherin.
Ich zog die Tür hinter mir zu und schlüpfte in meine Sneakers.
"Ich glaub, mich tritt ein Pferd", hörte ich jemanden lachen.
Ich blickte auf und schaute direkt in das altbekannte Gesicht von Oliver Kirch.
"Ey, mich auch. Was machst du denn hier?", fragte ich und wir begrüßten uns mit einer Umarmung.
"Hab nur meine Tochter im Kindergarten abgeliefert und du?"
"Meinen Sohn in die Krippe gesteckt", antwortete ich. "Schön, dich mal wieder zu sehen."
"Kann ich nur zurückgeben, Alter. Wie geht's dir?"
"Mir geht es sehr gut. Kann mich nicht beschweren. Läuft alles bei mir und bei dir?"
"Kann ich mich auch nicht beschweren. Bin am zweiundzwanzigsten Papa geworden", grinste er stolz wie Bolle.
"Mensch, herzlichen Glückwunsch, Mann. Das ist schön und was ist es?"
"Noch ein Mädchen. Ich bin voll in der Unterzahl. Die kleine ist so goldig."
"Wie habt Jana und du sie getauft."
"Mia."
"Noch eine Mia, Mensch", lachte ich.
"Ja, der Name ist überall. Ich wollte sie eigentlich anders nennen, keine Ahnung wie, aber anders. Auf jeden Fall hat sich Jana durchgesetzt - mal wieder", grinste Oliver und schnitt eine leichte Grimasse. "Naja, Alter, ich muss auch weiter. Ich will die Stillstunde nicht verpassen."
Ich lachte nur. "Das ist dann blöd, wenn du es verpassen solltest."
Olli haute mir auf die Schulter und war damit aus dem Kindergarten verschwunden.
Ich blickte zu Kanes Platz. Mensch eine Notiz.
Kane braucht dringend Windeln. Na, dann muss ich wohl Windeln mitbringen, oder meiner Mutter die Aufgabe aufdrängen.
Als ich wieder zu Hause war, war May gerade am Staubsaugen. Sie stand mit dem Rücken zu mir und ich zog den Stecker.
"Erst der Fön und jetzt dieser verfickte Staubsauger", fluchte sie rum und trat gegen das Gerät. Ich biss mir auf die Faust und unterdrückte ein Lachen. "Meine Fresse, was geht denn heute noch alles im Arsch, was ich anfasse?"
Ich steckte den Stecker wieder rein und der Staubsauger sprang wieder an.
"Echt jetzt?", rief May sauer und saugte weiter. Ich zog meine Schuhe aus und meine Jacke und schlich mich nach oben ins Schlafzimmer.
Der Staubsauger verstummte keine fünf Minuten später.
"Marco?", rief May nach mir.
"Ja?"
"Okay."
"Was denn?"
"Hättest du nicht was sagen können, dass du da wieder da bist?"
"Hab ich doch."
"Echt?"
"Ja."
"Hab ich nicht gehört."
"Ist mir auch schon aufgefallen. Du hast ja lieber den Staubsauger angemeckert."
"Hast du den Stecker gezogen?", fragte sie mich und kam ins Schlafzimmer.
"Genau", nickte ich und räumte die Klamotten ein, die auf dem Bett lagen.
"Und ich dachte schon, ich hab auch noch den Staubsauger geschrottet."
"Was ist kaputt?"
"Der Fön."
"Im Keller ist ein Ersatzfön."
"Ich sehe du bist auf Katastrophen Situationen vorbereitet."
Ich lachte nur. "Genau."
"Soll ich dich mit zum Training mitnehmen?", fragte sie mich.
"Nein danke. Nuri holt mich ab. Du musst doch erst um fünfzehn Uhr arbeiten", bemerkte ich und schaute auf die Uhr. Kurz nach halb neun war es erst gewesen.
"Ich weiß. Aber ich wollte zu Emely. Ihre Eltern lassen sie echt nicht mehr aus dem Haus. Sie darf nur noch Besuch empfangen."
"Ist sie nicht in der Schule?", fragte ich verwirrt.
"Ihre Klasse ist auf Klassenfahrt und sie hatte keine Lust auf Unterstufe- hat sich krank gemeldet."
Ich seufzte nur.
"Bist du immer noch wegen gestern Abend grantig?", fragte May mich.
"Nein, da ich dich ja besamt habe, um Emely zu zitieren-"
"Ihr beiden seit echt miteinander verwandt", lachte May und schnitt eine Grimasse.
"Macht Sinn", nickte ich. "Ach und bevor ich es vergesse!"
"Wir frühstücken beide gleich gemeinsam?"
"Das auch", stimmte ich zu und schnappte mir meine Trainingstasche um diese zu packen. "Ich bin nicht gesperrt worden und kann morgen im Tempel gegen Qäbälä spielen."
"Ihr spielt schon wieder gegen die?", fragte May grinsend.
"Ja. Rückspiel eben. Ich hoffe, dass wird nicht wieder so ein Desaster werden."
"Hoffentlich nicht. Aber solange nicht derselbe Schiri wie das letzte Mal pfeift."
"Dann könnt ihr ja nur gewinnen. Das war echt ein Skandalspiel", stimmte May mit zu. "Pack deine Tasche später ein. Ich hab Hunger. Zackzack."
"Hetz mich nicht!", zischte ich. "Ich mach das schnell und dann futtern wir. Decke schon mal den Tisch."
"Der ist schon gedeckt."
"Dann setz dich auf deinen Pöppes und warte auf mich."
"Ist ja gut, ist ja gut, ist ja gut", nuschelte May und war aus dem Schlafzimmer verschwunden. Ich packte meine Trainingstasche zu Ende und ging dann ebenfalls nach unten.
Ich wäre fast über den Staubsauger vor der Treppe gestolpert und stellte diesen beiseite, ehe ich in die Küche ging.
"Ich hätte mir fast das Genick gebrochen", sagte ich und drückte meiner Freundin mehrere Küsse auf die Wange.
"Wieso? Zu blöd zum Gehen?", lachte sie und trank von ihrem Kakao.
"Nein. Der Staubsauger lag im Weg. Du, ich glaube, ich soll getötet werden."
"Wie kommst du nur darauf?"
Ein paar Stündchen später machte May sich in ihrem neuen Auto auf den Weg zu meiner Cousine und ich wartete auf Nuri. Ungeduldig saß ich auf der Treppe und blickte aus dem Fenster. Er war schon zehn Minuten zu spät. Zehn Minuten. Und ich hatte ehrlich gesagt, keine Lust zu spät zu kommen, von Thomas angeschissen, um dann auf die Bank verfrachtet zu werden.
Nach zwanzig Minuten, rief ich den eigentlich überpünktlichen Nuri an.
"Ja, wo bleibst du denn, Marco?", fragte Nuri mich am anderen Ende.
"Wolltest du mich nicht mitnehmen?", stellte ich die Gegenfrage. "Moment, bist du schon in Brackel?"
"Ja, wo soll ich sonst sein. Wie ich sollte dich mitnehmen?"
"Wir haben gestern noch auf dem Geburtstag meiner Freundin ausgemacht, dass du mich morgen wieder mit zum Training nimmst."
"Ich erinnere mich!", meinte Nuri. "Oh, Alter, entschuldige. Ich hab das total verpeilt. Ich war noch mit Tugba bei Ikea. Das ging gar nicht. Wir hatten uns wieder in den Haaren und-"
"Ja, toll. Wie soll ich jetzt zum Training?"
"Ruf Auba an- nee, der kommt auch gerade."
"Thomas nimmt mich auseinander, Mann", motzte ich herum.
"Du hast Freunde und Familie. Ruf diese an und frage da nach. Oh, Thomas ruft schon nach uns. Du sitzt so was von auf der Bank morgen."
"Haha", sagte ich und legte einfach auf. Ich wählte Marcels Nummer und hoffte, dass er ran gehen würde.
"Bov?", fragte Marcel. "Was gibbes?"
"Hast du gerade Zeit und kannst mich zum Training fahren?"
"Ich bin gerade an der Arbeit", antwortete Marcel und zischte leise.
"Trotzdem, danke. Ciao", sagte ich und legte auf.
Dann versuchte ich das beim nächsten.
"Marco, was ist?", flüsterte Robin in den Hörer.
"Kannst du mich zum Training fahren und das in den nächsten zwanzig Minuten?"
"Geht nicht. Sitze in der Uni", flüsterte er weiter.
"Sitzt du gerade in einer-"
"Ja, Vorlesung", flüsterte er weiter.
"Herr Kaul, würden Sie bitte ihre Präsentation weiter führen?", hörte ich jemand strenges Fragen.
"Ja, okay", meinte Marcel mit lauter Stimme. "Sorry, Mama, ich muss auflegen. Tut mir leid, dass du wieder im Krankenhaus bist. Ich hab dich lieb."
"Fick diiiiich", sang ich und legte auf.
"Melli?", fragte ich vorsichtig in den Hörer.
"Ich kann dich nicht fahren, ich muss alter Leute die Hintern abwischen und mich vom Raudi beleidigen lassen. Frag Yvonne", sagte Melli und legte auf.
"Hey, große Schwester", meinte ich.
"Hast du wieder keinen der dich zum Training bringt?", durchschaute sie mich auch sofort.
Mensch, meine Schwestern waren gut.
"Nuri hat mich vergessen", seufzte ich gekränkt.
"Dann hast du Glück. Eigentlich wollte ich mit Nico zum Arzt. Impfung und so, aber dich kann ich ja ruhig hinbringen. Sind in zehn Minuten da."
"Oh, du bist ein Engel, Yvo."
"Bin ich doch immer", lachte sie und legte auf.
Und nach zehn Minuten stand meine Schwester mit dem grauen VW Touran endlich vor dem Haus. Ich stellte die Alarmanlage an und lief direkt zum Auto.
"Danke, dass du mich fährst", sagte ich erleichtert und schnappte mich an, nachdem ich die Trainingstasche in den Fußraum gestopft hatte.
"Einer muss ja helfen. Was ist mit May? Muss die nicht erst um fünfzehn Uhr arbeiten?"
"Sie ist bei Emely."
"Aber Emely ist doch auf Klassenfahrt?"
Ich klärte meine Schwester kurz auf. "Mensch, dann ist es kein Wunder, dass sie Hausarrest hat."
"Ich bin's Wolle!", meinte ich, nachdem wir vor dem Zaun standen.
"Zehn Minuten zu spät", bemerkte er. "Ich hoffe, der Tuchel hat heute einen guten Tag."
"Das hoffe ich auch", nickte ich und Wolle ließ uns rein.
"Danke. Tschüss Yvo. Tschüss schlafender Nico", sagte ich und sprang aus dem Auto.
Wie von einer Horde Wespen gejagt, schlüpfte ich meine Trainingskleidung und lief zum Platz.
"Sorry für die Verspätung Thomas. Ich hab mich verranzt."
"Du verranzt? Nuri hat mir schon erzählt, dass er dich vergessen hat. Er nimmt es auf seine Kippe."
"Trotzdem Extratraining?"
"Extrratraining", nickte Thomas nur und klatschte in die Hände. "Na komm, lauf mit."
Ich nickte und schloss mich Miki an. "Jo", sagte ich zu ihm.
"Jo", entgegnete er.
"Nuri?", rief ich und lief zu ihm.
"Ja, was denn?", wollte er wissen und lief ein wenig langsamer.
"Danke, dass du Thomas das gesagt hast."
"Wir sind Kumpels kein Ding", sagte er und klopfte mir auf den Rücken. "Und nun konzentriere dich aufs Training und ich werde nicht weiter die Kratzer an deinem Hals begutachten. War es wieder soweit mit der Nachbarskatze."
"Nein, aber mit meiner Freundin", grinste ich, weshalb Nuri nur lachen musste.
"Auba!", rief ich und stürmte auf ihn zu.
"Jesus!", rief er und lehnte sich nach vorne, sodass ich über ihn rüber springen konnte.
"Huiiii", meinte ich als ich vor ihm landete.
"Idiot", lachte Auba nur und durchwuschelte meine Haare.
Boah. Es stand noch eine Analyse vom letzten Spiel an. Man, hab ich eine Lust dazu, mir noch mal dieses beschissene Spiel anzuschauen. Das war doch wohl das reinste Desaster und jetzt noch einmal diesen Scheiß erleben. Ich erschieße mich sechsfach.
Ich saß zwischen Mats und Auba und bekam jetzt schon Ausraster, obwohl wir gerade erst aufs Spielfeld auflaufen.
"Gott!", fluchte ich.
"Was ist los?", wollte Thomas wissen.
"Alles gut", nickte ich und hielt ihn beide Daumen hin.
Die beiden fünfundvierzig Minuten über war ich gedanklich am fluchen, während die andere nicht besser waren und laut herumfluchten. Selbst der Trainer.
"Guck dir mal, diese Scheiße an, Mann", motzte Weidenfeller herum.
"Naja, wenigstens hat der Schiri seine Fehler eingeräumt und Marco wurde nicht gesperrt", sagte Mats hinter mir und klopfte mir auf die Schulter.
"Sehe ich genauso", stimmte Erik zu.
"Hat er sich eigentlich schon persönlich bei dir entschuldigt?", fragte Moritz mich.
"Nein, da ist nichts reingekommen. Hauptsache öffentlich, weißte."
"Typisch, Schotten. Die haben sie doch eh nicht mehr alle an der Waffel, mit ihren Miniröcken und ihren Blasinstrumenten."
"Ey, sagst du gleich noch einmal was gegen Schotten, dann langts", sagte ich zu Weide.
"Beschützt du den Schiri jetzt oder was?", wollte er nur wissen.
"Nö, nur meine Freundin ist Schottin, das Ergebnis, mein Sohn zur Hälfte auch."
Roman war daraufhin ruhig. Aber entschuldigen tat er sich jetzt auch nicht. Ach, was soll's. Soll er doch herumspinnen.
"Wenigstens hast mich jetzt nicht vergessen", sagte ich, als ich mich zu Nuri ins Auto setzte. Ich machte die Tür zu und schnallte mich an.
"Siehste, ich vergesse auch nicht wieder alles", lachte er und er sollte mich eigentlich nach Hause bringen, aber, er fuhr in die Stadt, oder besser gesagt zum American Diner, wo May arbeitete.
"Äh, okay-", meinte ich.
"Ich hab Hunger", sagte er nur und parkte auf dem Parkplatz.
May, war nicht im Vorderraum, zumindest sah ich sie nicht. Okay, der Laden war jetzt auch nicht der größte, aber das war gerade das Beste daran. Klein und übersehbar.
"Na, Sandy", sagte ich zu der Mitarbeiterin, die an mir vorbei huschte.
"Hey, du", entgegnete sie.
Nuri und ich setzten uns an einem kleinen Tisch- ich blickte mich um.
"May hat bestimmt gerochen, dass du hier auftauchst", ärgerte Nuri mich.
"Bestimmt", lachte ich.
"Dann nehme ich mal eure Bestellung auf", sagte Sandy und stellte sich an den Tisch.
"Wasser und Apfelpfannkuchen mit Vanillesoße", bestellte ich.
"Wasser und Pancakes mit warmen Kirschen", sagte Nuri.
"Gut, dann kommt das sofort."
"Wo ist May?", fragte ich Sandy, die zurück kam.
"Seit zehn Minuten auf dem Klo", bemerkte sie, nachdem sie auf ihre Armbanduhr geschaut hatte.
"Seit zehn Minuten, dass ist lange", stellte Nuri fest.
"Das geht schon seit sie angefangen hat. Sie hat auch Magenschmerzen und alles."
"Oh, man", sagte ich und stand auf.
Ich schlich mich auf die Frauentoilette und blickte zu May, die gerade aus einer Kabine kam.
"Was machst du denn hier?", fragte sie mich.
"Nuri und ich essen hier", sagte ich und musterte May's blasses Gesicht. "Was brütest du wieder aus."
"Hunderprozentig eine Blasenentzündung", seufzte sie und wusch sich die Hände.
"Dann melde dich krank und fahre zum Arzt."
"Geht schon."
"Nee, eben nicht. Wir fahren zum Arzt. Mecker nicht und komm."
May trocknete sich die Hände ab und dann zerrte ich sie zum Büro des Chefs.
"Oh, ich habe hohen Besuch", bemerkte er erfreut, als er mich erkannte, nachdem ich einfach ins Büro bin.
"Ich wollte nur meine Freundin abholen. Anscheinend brütet sie eine Blasenentzündung aus und wir fahren damit zum Arzt. Sicher ist sicher."
"Okay, brauche Bescheinigung."
"Kriegste", nickte May.
"Dann gute Besserung", sagte Han.
"Danke, ich bin sicherlich morgen wieder da."
"Hoffentlich", nickte Han.
Ich erklärte Nuri die Situation und er wünschte May eine gute Besserung. "Tugba ist eh auf den Weg zu mir."
May und ich saßen wenig später bei dem Hausarzt meiner Familie, neben husteten Omas und schniefenden Opas.
May saß ungeduldig neben mir und rutschte auf den Stuhl hin und her, während sie sich verkrampft den Bauch hielt. Ich legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie zu mir.
"Du bist sicherlich gleich dran", flüsterte ich ihr aufmunternd zu.
"Ich muss schon wieder aufs Klo", seufzte sie und legte mir ihre Handtasche auf den Schoß, ehe sie aufsprang und den Warteraum verließ.
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