13
Hillary und Lily hatten Laureen und Madison endlich dazu bewegen können, ihre dreckigen Wäscheberge unter ihren Betten als unansehnlich zu empfinden. Dazu ergriffen sie nun schon seit Anfang der Woche alle möglichen Mittel. Hillary hatte sich geweigert, Madison ihre kleinen Zöpfchen neu zu flechten, wenn sie dazu in einem Haufen aus alten Federkielen und angetrockneten Tintenfässern sitzen musste. Lily hatte Laureen alle Bücher, von denen sie geglaubt hatte, sie verloren zu haben, unter die Matratze gelegt.
Um Laureens Rückenschmerzen und Madisons unordentlicher Frisur beizukommen, hatten sie entschieden, einen Säuberungstag einzulegen. Bis in die hinterste Ecke griffen sie, die Hauselfen machten schon seit Längerem einen großen Bogen um ihr Zimmer. Ginny war mal wieder unauffindbar, also machte sich Lily daran, die übergroßen Staubmäuse unter ihrem Bett zu beseitigen.
„Ein Wunder, dass du das überhaupt noch machst. Nach der Treppenaktion würde ich mich weigern, mit ihr in einem Schlafsaal zu schlafen!", stellte Laureen bestimmt fest. Lily zuckte nur mit ihren Schultern. „Wusstest du, dass sie allen erzählt hat-" Madison unterbrach sie. „Von ihren Brüdern hat erzählen lassen, meinst du wohl!" „Ja, aber das macht die Sache auch nicht besser. Auf jeden Fall dachte hinterher jeder, du könntest keine Treppen hochgehen." „Ja, aber das genau versteh ich nicht!" Lily atmete eine Staubwolke ein und kam hustend unter Ginnys Bett hervor. „Ich meine, der gesamte Gemeinschaftsraum war voller Leute, die müssen das doch gesehen haben. Zumindest ein paar."
„Natürlich. Aber Fred und George haben jedem eingeredet, dass sie sich getäuscht haben. Und keiner würde die beiden als Lügner bezeichnen. Besonders, weil Percy ja auch noch Vertrauensschüler ist." Hillary fischte eine pinke Unterhose unter ihrem Bett hervor. „Also meine ist das nicht. Kann mir bitte jemand erklären, wie die dahin gekommen ist?" Laureen Kopf tauchte aus ihrem Koffer auf. „Oh, das ist meine! Seit wann klaust du Unterhosen?" Lily verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. Sie war froh, dass die pinke Unterhose das Thema Ginny ersetzt hatte.
„Ratzeputz.", murmelte Lily halbherzig zu ein paar Staubflusen, die auf ihren Umhang geflogen waren. Sie ließen sich nicht beirren, vielleicht gefiel es ihnen dort. Sie ließ sie kleben und wendeten sich den weitaus größeren Verwandten der Flusen zu. Doch neben diesen, fanden sich auch ein mit Federn besudelter Umhang und eine leere Farblose unter Ginnys Bett. Vorsichtig drehte Lily sich zu den anderen um, aber niemand schien das metallene Klappern der Dose gehört zu haben.
Am Ende des Zimmers hatte Laureen alle abgebrochenen Federkiele auf einem Haufen zusammengesammelt. Ihr Versuch diesen Haufen zum Mülleimer fliegen zu lassen, war gründlich schief gegangen. Letztendlich kehrte sie die Spur aus Federkielen, die sich von ihrem Bett bis zum Mülleimer zog, einfach auf einem alten Zaubertrankaufsatz zusammen und schmiss den Aufsatz gleich hinterher. „Hast du eine Leiche gefunden oder warum machst du so ein Gesicht?", fragte Madison, die gerade eine undefinierbare gelbliche Masse mit spitzen Fingern in die Höhe hielt und die Nase rümpfte. „Nein, sie hat nur missbilligend zur Kenntnis genommen, dass ich meinen Aufsatz über die richtige Kesselgröße dem Mülleimer gewidmet habe."
Lily schnaubte, war insgeheim aber erleichtert über die Ausrede, die Laureen ihr gegeben hatte. „Und ansonsten? Erfolgreiche Grabungen unter Ginnys Bett?" „Nein, also erfolgreicher als du war ich sicher nicht. Außer einer beträchtlichen Menge an Staub und einem paar schmutziger Socken ist hier nichts." Mit einem Schlenker ihres Zauberstabes ließ Lily tatsächliche ein gräuliches Stoffbündel aus der letzten Ecke herbei fliegen, schob aber gleichzeitig den Umhang tiefer unter das Bett.
Bevor sie nicht wusste was das war, und was es zu bedeuten hatte, würde sie es den anderen nicht zeigen. Sie wollte keine Kopfschmerzen riskieren und darüber nachdenken, wieso sie das machte. Schließlich hatte Laureen ja eigentlich Recht. Nach der Treppenaktion hatte Ginny es nicht verdient. Sie verdrängte das schlechte Gefühl indem sie es als schlechtes Gewissen abtat und in dem hintersten Winkel ihres Kopfes fest verschloss.
Die Aufräumaktion dauerte noch bis in den Abend an, es war wirklich erstaunlich, wie viel Dreck sich innerhalb weniger Wochen ansammeln konnte, wenn man mit Madison und Laureen in einem Zimmer wohnte.
Als sie dann alle endlich erschöpft in ihren Betten lagen, hätte man im Zimmer keine einzige einsame Socke mehr finden können. Müde vom gesamten Tag fiel Lily schnell in einen traumlosen Traum. Sie träumte von wilden Staubmäusen, die gegen die gelben Kleberatten in den Kampf zogen. Sie wachte davon auf, dass die Mäuse versuchten, die kleinste Ratte in einer grauen Socke verpackt, zu kidnappen. Sie drehte sich auf die andere Seite und glitt in einen traumlosen Schlaf. An diesem Abend hörte sie Ginnys Weinen nicht, wohl aber an dem darauffolgenden. Sobald sich die Atmung der anderen im Zimmer verlangsamte und regelmäßiger wurde, setzte erst leise ein Wimmern ein, dass immer lauter wurde, bis es kläglich von einem Kissen erstickt wurde.
Nicht nur weil Lily daraufhin noch lange wach lag und am nächsten Morgen fast in Verteidigung gegen die dunklen Künste eingeschlafen wäre, beschloss sie, daran etwas zu ändern. Sie grübelte lange darüber nach, doch trotz ihrer guten Vorsätze erwies sich das schwieriger als gedacht etwas zu tun, da Ginny weder mit ihr reden wollte, noch dazu fähig war, sie länger als wenige Sekunden anzublicken ohne sofort in die entgegengesetzte Richtung abzumarschieren.
Sie war so damit beschäftigt, dass sie beinahe vergaß, dass das erste Treffen des Duellierklubs heute Abend war. Lily bemerkte es erst, als sie sich in den weichen Sessel direkt vor dem Kamin fallen ließ. Normalerweise war der nämlich nie frei. Nach einem Blick auf die Uhr sprang sie erschrocken auf. In der großen Halle angelangt, betrat Lockhart gerade eine Bühne kleine Bühne. Lily quetschte sich durch die Menge und erntete dabei so viele böse Blicke, dass sie es aufgab nach jemandem zu suchen, den sie kannte. Ein dicker Slytherin starrte sie an. Man konnte es aber auch keinem Recht machen. Lily starrte zurück, bis er sich abwandte.
„Herzlich Willkommen zu unserm ersten Treffen!", begann Lockhart enthusiastisch seine Rede. Lily sah sich um und zu ihrem Erstaunen war sie nicht die einzige, die genervt mit den Augen rollte. Etwas hinter ihr standen die Weasleyzwillingen, die jede einzelne Geste Lockharts wiederholten und dabei dramatische Blicke in die Menge warfen. Lily konnte nicht lachen, ihr geisterten immer noch Madisons Worte im Kopf herum. „Darf ich euch meinen Duellierpartner vorstellen? Severus Snape!"
Lockharts Worte rissen Lily aus ihren Gedanken. Sev beschritt mit rauschendem Umhang die Bühne. „Natürlich dient dass nur als Vorbild, ihr braucht euch also keine Sorgen zu machen, dass hier einer von uns beiden nicht heil zurückkommt." Lockhart strahlte, als wäre der Fotograf der Hexenwoche zu Besuch. Sevs Augen glänzten gefährlich und Lily begann sich ernsthaft zu Fragen, welcher Teil Lockharts Gehirn nicht funktionierte. Jeder andere hätte schleunigst die Flucht ergriffen.
„Ich wünschte, sie würden sich einfach gegenseitig erledigen." Lily drehte sich um. Neben ihr stand ein rothaariger Weasleybrüder, der der Aussage seines Freundes Harry nickend zustimmte. „Ich glaube, das wird eher schwierig." Lily biss sich auf die Zunge und verurteilte sich selbst dafür, nicht ruhig geblieben zu sein. „Warum?", fragte Harry, während Ron sie einfach nur anstarrte. „Hat Lockhart in eurem Unterricht je auch nur einen einzigen Zauberspruch richtig ausgeführt?" Harry zuckte mit den Schultern. „Da hast du wohl Recht." Er schaute wieder nach vorne, nur Ginnys Bruder schaute sie noch an. „Hab ich Dreck an der Nase oder wieso schaust du mich so komisch an?" „Sorry.", murmelte Ron. „Aber man wird doch wohl mal schauen dürfen." Noch bevor Lily zu einer Antwort ansetzten konnte, setzten Lockhart und Sev zu einer Verbeugung an.
Langsam begann Lily eine Vorstellung davon zu bekommen, warum Sev eingewilligt hatte, Lockharts Duellierpartner zu bekommen. Es sah aus, als habe er das schon hundert Mal gemacht und die Abläufe dadurch perfektioniert. Mit einem ungesagten Zauberspruch und ohne die kleinste Zauberstabbewegung ließ er seine Ärmel hochrollen. Lockharts Augenlider zuckten, nur sein Lächeln war noch da, wie festgetackert. Sie senkten beide ihren Kopf, entblößten einander ihren Nacken.
Dann machte Sev in einer fließenden Bewegung einen Schritt nach vorne, hob seinen Zauberstab. „ Expelliarmus!" Sev hatte kaum seine Stimme angehoben, trotzdem reichte es aus, um Lockhart zurückzuwerfen. Er landete auf dem Rücken am Ende der Bühne, sein Zauberstab blieb zu Sevs Füßen liegen, er bückte sich nicht nicht einmal, um ihn aufzuheben, als sei er es nicht wert. Lily konnte nicht anders, sie war unverhohlen stolz auf ihren Vater. Als sein Blick wie beiläufig über die Schülermenge glitt, lächelte sie ihm kurz zu. „Das war wirklich gut. Eine wirklich ausgezeichnete Idee, es den Schülern zu zeigen, Severus." Lockhart stand auf und klopfte sich Staub von seinem violetten Umhang.
„Natürlich hätte ich den Zauber abblocken können, aber ich hielt es für besser, euch erst einmal die Wirkung zu demonstrieren." Vereinzelte Lacher tönten aus dem Publikum. „Nun, wollen Sie denn dann jetzt einmal den Schutzzauber zeigen?" „Wie?" „Den Schutzzauber, Gilderoy." „Natürlich. Natürlich." Lockhart krempelte sich die Ärmel hoch und zückte seinen Zauberstab. „Nun, die Bewegung geht in etwa so."
Er schwang ihn in komplizierten Kreisen durch die Luft. „Oh, da hab ich doch glatt den Zauberspruch vergessen! Entschuldigt mich bitte." Lockhart räusperte sich, dann zog er dieselben Kreise. „Protego!" Sein Zauberstab fiel mit einem hölzernen Klappern zu Boden. „Natürlich hätte es jetzt dazu einen Gegenspruch gebraucht. Ohne, ist es doch eher schwer." Er lächelte, als wolle er damit seinen fehlgeschlagenen Zauber wieder wettmachen.
Kurz bevor Sev sich seiner für den Gegenspruch anbieten wollte, sprach Lockhart hastig weiter. „Wir können das ganze jetzt ml in Paaren üben. Wenn ihr euch zu zweit zusammentun würdet?" Lily drehte sich um nach Hillary Ausschau zu halten, sie hatte sich auch für heute Abend angemeldet, als Sev seine Stimme erhob. „Ich denke es wäre besser, wenn wir die Paare einteilen, Gilderoy. Vertrauen sie mir, sonst kommt dabei nichts Gutes heraus." Lockhart wirkte völlig überfordert. „Nun, wenn sie meinen, Severus."
Während Lockhart ziellos durch die Menge ging und die Schüler willkürlich zusammenstellte, schien Sev klare Prioritäten zu haben. „Potter, wenn sie doch bitte mit Mr. Malfoy zusammenarbeiten würden." Lily drehte sich zu Sev um. Snape. Wie der Name plötzlich zu ihm zu passen schien.
Sev sah sie und schien kurz zu überlegen, ob er in die andere Richtung gehen sollte. Dann aber kam er auf sie zu. Mrs. Hollow und Mr. Claireveaux?" Lily drehte sich um. Jasper stand hinter ihr. Sie fragte sich, ob er schon die ganze Zeit hinter ihr gewesen war. „So sieht man sich wieder.", sagte Jasper, als Sev sich dem dicken Jungen und seinem dümmlich aussehenden Freund neben sich zuwandte. „Bist du wieder gesund? Ich will nicht in Gefahr laufen mich anzustecken." Lily schaute ihn argwöhnisch an und versuchte herauszufinden, ob sein Kommentar wirklich nur auf ihre Krankheit bezogen war. „Warum? Wovor hast du Angst?" Jasper grinste schief.
Der blonde Junge, den Sev Harry zugeteilt hatte, drehte sich zu ihnen um. „Wenn du Pech hast, sieht er gleich welche Farbe dein Blut hat.", zischte er so, dass nur Lily ihn verstehen konnte. Lily drehte ihm den Rücken zu. „Bereit, Jasper?" Er nickte. „Natürlich." Lily senkte ihren Zauberstab. Ohne ein Wort krempelten sich ihre Ärmel hoch. Sie senkte ihren Kopf, ohne ihren Blick von seine Augen abzuwenden. Jasper wies nur kurz mit seinem Kopf in Richtung Boden, dann erhob er seinen Zauberstab. „Expelliarmus!" Lily ließ ihren Stab durch die Luft wirbeln. Sie sah, wie sich sein Gesicht zu einem Grinsen vollzog. Bis der Zauberspruch an ihrem Schild abprallte. Zwei Sekunden später hielt sie seinen Zauberstab in der Hand.
„Neuer Versuch?" Lily hielt ihm seinen Stab hin. Sie spürte, wie Sev hinter ihr die Halle durchquerte. Er hatte Recht gehabt, der Duellierklub war echt keine schlechte Idee. Jasper nahm seinen Stab entgegen. „Das war Glück.", knurrte er. „Ehrgeiz geweckt?" Er antwortete nicht, sondern hob seinen Zauberstab. „Descendo!" Jasper fiel auf die Knie, sein Zauberspruch schoss an Lilys Knie vorbei. „Expelliarmus", murmelte sie und hielt seinen Zauberstab wieder in der Hand. „Du hast die Verbeugung vergessen, das war nicht fair!" Jasper blieb mürrisch auf dem Boden sitzen. „Ich hab nicht als erstes meinen Zauberstab gehoben. Das war praktisch Notwehr."
Lily rollte ihm seinen Zauberstab zu und setzte sich neben ihn. Um sie herum herrschte ein Chaos an Schülern die verzweifelt ihren Zauberstab im Getümmel verloren hatten. Harry und Draco hatten sich ebenfalls Flüche an den Hals gehext, die sie eigentlich gar nicht hätten nutzen dürfen. Zwei Mädchen neben ihnen hatten ihre Zauberstäbe ganz weggeworfen und nahmen einander in den Schwitzkasten. „Ganz schön chaotisch hier.", stellte Jasper fest. „Ich glaube viele bräuchten eher mal einen Grundlagenkurs als einen fürs Duellieren." Er nickte zustimmend.
Neben ihnen half Sev dem blonden Jungen aus der großen Halle. Harry hatte ihm einen Wabbelbeinfluch verpasst. Lily konnte nicht anders als ihm dafür danken zu wollen. „Ist der blonde da dein Freund?" Jasper zuckte nur mit den Schultern. „Wieso? Hat er eben etwas zu dir gesagt?" Lily verzog das Gesicht. „Ja. Und ich hätte große Lust gleich einmal Partnertausch zu machen." „Woher weißt du das alles?" „Ist es dir peinlich von einer Erstklässlerin geschlagen zu werden?" Jasper zuckte mit den Achseln.
Sie blieben weiter auf dem Boden sitzen und sahen zu, wie sich die anderen um sie herum schlugen. Meistens eher schlecht als recht. Ein Mädchen blutete an der Augenbraue weil der Zauberstab ihres Partners ihr dorthin geflogen war. Fred und George machten sich einen Spaß daraus willkürlichen Schülern in ihrer Umgebung den Stab aus der Hand zu hexen. Lockhart hatte alle Hände zu tun, Sev war immer noch draußen vor der Halle. „Ein letztes Mal?" Lily schaute zur Seite. Jasper zog fragend seine Augenbrauen hoch. „Gibst du immer noch nicht auf?" „Drei Mal muss man. Das sind die Regeln." Lily sagte nicht, dass sie von dieser Regel noch nichts gehört hatte, sagte nicht, dass er sich eben ja auch nicht um die Regeln geschert hatte. „Nur Entwaffnungszauber?" Jasper lächelte schief. „Das wäre doch langweilig."
Dieses Mal war er der erste, der den Kopf senkte. Lily tat es ihm gleich. „Impedimenta!", schrie Lily. „Rictusempra!", rief Jasper. Ihre Flüche trafen sich in der Mitte und verloschen gelbe Funken sprühend. „Netter Versuch, unentschieden, würde ich sagen." Lily ließ ihren Zauberstab sinken und drehte sich zum Eingangsportal, durch das Sev mit dem wieder normal gehenden blonden Jungen schritt. Nur im Augen Winkel nahm sie wahr, wie Jasper seinen Zauberstab hob. „Locomotor mortis!" Lily schaffte es nur noch im letzten Moment sich zur Seite wegzudrehen. Sie hob ihren Zauberstab und riss Jasper seinen Zauberstab mit einem ungesagten Expelliarmus aus der Hand. Trotzdem hörte sie Sevs Stimme in seinem Kopf. Wie oft habe ich dir es schon gesagt, dass man sich erst wegdrehen darf, wenn man den Zauberstab des anderen in den Händen hält.
„Wenn ich du wäre, würde ich den armen Jungen da aus der Beinklemme befreien, Snape kommt.", sagte sie ausdruckslos und deutete auf den schmächtigen Jungen hinter ihr, der den Fluch anstatt ihrer abgekommen hatte. Jasper kniff die Augen zusammen. „Mein Zauberstab?" Lily reichte ihn an Jasper weiter. „Finite.", sagte er beinahe mürrisch. Lily zuckte mit den Schultern. „Ich hätte es bei einem Unentschieden belassen." Jasper wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da betrat Sev die Bühne. „Wollen wir doch mal sehen, ob diese erste Übung Früchte getragen hat. Gibt es Freiwillige?" Es war eine rhetorische Frage, die er sich sofort selbst beantwortete. „Nein, wie schade. Potter und Mr. Malfoy. Wenn sie so freundlich wären?"
Jetzt wuselte auch Lockhart vom anderen Ende der Halle herbei. Sev stellte sich hinter den blonden Jungen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Lockhart schien bestrebt, Harry ebenfalls einen letzten Tipp zu geben. Seiner Mine nach zu urteilen, half er Harry nicht besonders gut weiter. „Nun denn, bereit?" Sev trat zurück, während alle Schüler der Bühne möglichst nahe sein wollten. Harry beugte sich nervös vor. Lily hätte ihm am liebsten zugerufen, er solle das nicht tun, aber da war es schon zu spät. Der blonde Junge hatte seinen Zauberstab bereits erhoben, als Harry seinen Kopf wieder hob.
„Serpensortia!" Aus der Spitze seines Zauberstabes kroch eine armdicke Schlange. Mit einem dumpfen Geräusch fiel sie auf den Boden und bewegte sich auf Harry zu. „Nur keine Panik, machen wir jetzt nichts, was sie aufregen könnte." Sevs Stimme klang ruhig. Natürlich klang sie das, bestimmt hatte er dem blonden Jungen draußen ebendiesen Tipp gegeben. Woher sonst sollte er einen solchen Spruch kennen. Lockhart dagegen schien alles tun tu wollen, um nicht nach Sevs Anweisung zu handeln. Er drängte sich an Harry vorbei und fuchtelte wenige Zentimeter vor den Augen der Schlange mit seinem Zauberstab herum.
Lily hielt den Atem an. Die Schlange zischte laut. Die Schüler die sich eben noch in die erste Reihe gedrängt hatten, wichen ängstlich zurück. „oh je, keine gute Idee, Harry.", rief Lockhart, obwohl Harry gar nichts gemacht hatte. „Wir dürfen sie nicht verärgern!" So schnell wie er sich eben vor Harry gestellt hatte, so schnell war er jetzt auch wieder hinter ihm verschwunden. „Nur die Ruhe bewahren, am besten..." Lily fragte sich, warum Sev die Schlange nicht einfach mit einem Schlenker seines Zauberstabes in Luft auflöste. Was wollte er beweisen?
Harry trat einen Schritt zurück und ließ Lockhart hinter sich dabei fast von der Bühne fallen. Sev machte einen Schritt auf die Schlange zu. Diese jedoch bäumte sich aggressiv auf. Ihr wütendes Zischen drang bis in den letzten Winkel der Halle. Sie schlängelte zum Rand der Bühne. Plötzlich hörte man ein weiteres Zischen. Harry trat auf die Schlange zu. Sie fuhr in die Höhe, war gerade nur noch wenige Zentimeter von dem Gesicht eines Hufflepuffs entfernt. Man hörte spitze Schreie aus der Schülermenge. Lockhart tupfte sich mit einem violetten Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn.
Die zischenden Laute gingen nicht mehr nur von der Schlange aus, es war Harry der sie aussprach. Die Schlange fiel zu Boden. Sev erbarmte sich ihrer. Nach nur einer Sekunde war sie verschwunden. Harry stand auf der Bühne und grinste in das verängstigte Gesicht des Hufflepuffs, der soeben fast seine Nase an die Schlange verloren hatte. „Er ist ein Parselmund!", flüsterte Jasper neben ihr. Das Gemurmel der Menge schwoll an. „Du hast sie auf mich gehetzt. Er hat sie auf mich gehetzt!" Das Gesicht des Hufflepuffs war voller Angst. Harry trat auf ihn zu. „Justin, ich-" „Bleib weg von mir! Bleib weg hab ich gesagt!", schrie er aus vollem Hals. „Willst du mich umbringen?"
Harry zuckte erschrocken zusammen. Einige Hufflepuffs eilten herbei und zogen Justin von Harry weg. Er blieb ganz alleine auf der Bühne stehen. Lockhart war währenddessen im Getümmel verschwunden. „komm schon, Harry. Komm schon!" Ginnys Bruder war jetzt auch auf der Bühne und versuchte, seinen Freund von ihr herunter zu zerren. Lily schaute sich nach Sev um. War das gerade sein schwarzer Umhang gewesen, der beim Ausgang verschwunden war? Lily stellte sich auf Zehenspitzen. Doch selbst wenn sie etwas gesehen hätte, wäre es ihr unmöglich geblieben, ihre Richtung zu ändern. Sie steckte in der Schülermasse fest.
Ein Ellenbogen wurde ihr von hinten in den Rücken gerammt. Wütend schaute sie nach hinten. „'Tschuldige. War keine Absicht." Jasper sah sie entschuldigend an. „Weißt du was da vornegerade abgegangen ist?" Lily schüttelte ihren Kopf, so gut das eben im Getümmel möglich war. „Ich habe nicht die geringste Ahnung.", sagte sie grimmig.
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