twentyfive
-Anja-
Ich musste meine Sachen packen, mir überlegen wie ich nach Wien kam, einen geeigneten Treffpunkt mit Gloria finden und entscheiden wie ich mit dem Lykae vorgehen sollte.
Letzteres sollte nicht mein größtes Problem sein -derzeit gab es eindeutig wichtigere Dinge zu erledigen-, aber es war trotzdem so. Egal was ich tat, Sebastian ging mir nicht aus dem Kopf. Sollte ich einfach verschwinden ohne ein Wort an ihm, würde er annehmen, dass es am ihm lag. Und bei Gott, dass war es nun wirklich nicht. Würde Sebastian noch da sein, wenn ich zurückkam? Oder vielleicht würde er mir auch versuchen nachzujagen. Ich wusste es nicht, aber es wäre vergeblich. Chancenlos. Andererseits konnte ich kaum zu ihm gehen und ihn darüber aufklären, dass ich eine Weile weg sein würde. Ich hatte den unumstößlichen Verdacht, dass er mich nicht alleine ziehen lassen würde. Mit Sicherheit würde er darauf bestehen mich zu begleiten und eine Erklärung verlangen. Und was für eine Ausrede sollte ich ihm liefern?
Ich bin mal für eine Weile weg, aber ich komme wieder. Hoffe ich zumindest. Ich weiß zwar noch nicht wann, aber ich habe es fest vor. Wohin ich will? Das weiß ich selbst noch nicht.
Bei dem Gedanken wie ich das zu ihm sagte, stieß ich zynisch die Luft aus. Er würde durchdrehen. Wahrscheinlich toben. Ich wusste, dass ich ihm etwas bedeutete und deswegen war ich mir nicht sicher wie er reagieren würde oder wie ich es ihm beibringen sollte. Verzweifelt stützte ich den Kopf in meinem Händen ab, die Ellbogen auf der Tischplatte. Verdammt.
Ich musste mir wirklich irgendetwas einfallen lassen und bis dahin hatte ich Arbeit vor mir. Ich konnte nicht einfach hier sitzen, in die Luft starren und mir Zeit beim denken lassen. Die Zeit rann mir durch die Finger. Umso länger Juliets Verschwinden her war, desto schwieriger würde es werden noch brauchbare Spuren zu finden.
Unschlüssig öffnete ich ein neues Fenster des Internetbrowers und suchte nach einem Flug nach Wien, während ich parallel nach einer Zugverbindung suchte. Sobald ich die Daten vor meinem Auge hatte, fiel mir die Entscheidung nicht mehr schwer. Wir würden den Zug nehmen. Es gab von den nächsten zwei Flughäfen in meiner Nähe keinen Direktflug nach Wien. Außerdem würde die Fahrt bis zum Flughafen etwa eine Stunde Zeit in Anspruch nehmen. Dann noch das Einchecken und die Passkontrolle, die ich nicht provozieren wollte. Obwohl ich mir sicher war, dass unsere Pässe dieser Untersuchung standhalten würde. Aber ich mochte es nicht, wenn irgendwelche Informationen irgendwo über mich gespeichert wurden.
Auf einen kleinen Notizzettel schrieb ich mir die Nummern der Züge, die Umstiegszeiten, Orte und entsprechenden Gleise auf. Diese würde ich nachher an Gloria übermitteln. Ich hatte vergessen zu fragen wo sie sich aufhielt. Sie war mit nicht allzu geringer Wahrscheinlichkeit vielleicht nicht einmal im gleichen Land wie ich. Innerlich verfluchte ich mich selbst für meine Gedankenlosigkeit. Andererseits war ich nicht bereit mein Handy noch einmal anzuschalten. Wer wusste schon was die Kripo jetzt mit dieser Nummer versuchte zu erreichen. Ich würde Gloria die Zeiten schicken und hoffen, dass sie es rechtzeitig schaffen würde. Wenn nicht musste ich einen anderen Treffpunkt bestimmen, jedoch war mir die Zugfahrt am liebsten. Es war unauffälliger.
Sobald ich in meiner Wohnung war, machte ich die Schotten dicht. Das hieß, ich schloss alle Fenster, ließ die Jalousien hinab und machte das Licht an, obwohl es draußen noch nicht dunkel war. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer irgendetwas mitbekommen würde war gering. Aber es reichte schon, wenn ein Spaziergänger vorbei lief und durch einen dummen Zufall sah, wie ich mit meinen Schwertern rum balancierte. Allein die Vorstellung, dass er die Polizei rufen könnte und mich somit unnötig aufhalten würde, ließ mich mit den Zähnen knirschen. Das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Um solche Zufälle nicht entstehen zulassen, schloss ich alle Jalousien sorgfältig und kramte dann erst die schon etwas älter wirkende Reisetasche hervor. Sie war nicht riesig, aber sie reichte für mein Vorhaben aus.
Als erstes legte ich mir eine verschiedene Auswahl an Waffen bereit. Dolche, mit verschiedener Länge und Klingenform. Einen Taschenmesser, das sofort in meine Hosentasche wanderte. Wurfsterne, meist nicht tödlich, aber die Verletzung, die sie rissen, waren hässlich und verschafften Zeit. Als ich die Peitsche in der Hand hielt, zögerte ich. Ich konnte mit dem Teil nicht gescheit umgehen, dafür war ich einfach zu blöd. Schlussendlich nahm ich sie trotzdem mit. Vielleicht konnte man jemanden damit Fesseln oder Gloria konnte sie benutzen. Ich wusste einfach nicht, wie gut das Mädchen sich vorbereiten würde. Als ich den alten geschliffenen Bogen unter dem Lattenrost meines Bettes erblickte, zögerte ich erneut. Ein Schwert würde schon ohne Zweifel auffallen, sollte ich damit erwischt werden. Aber ein Bogen mit Köcher? Anderseits hatte ich nicht vor mich mit den Waffen in der Hand von einem Menschen sehen zu lassen. Also kam auch diese Waffe mit zu meinem Stapel. Meine Doppelschwerter würden nach wie vor in meiner Handtasche mit reisen. Über meine kleine Sammlung recht zufrieden, wandte ich mich erneut dem Bettkasten zu und holte meinen Brustpanzer heraus. Würde ich es übertreiben, wenn ich auch diesen mitnahm? Er hatte mir in unzähligen Schlachten gute Dienste erwiesen und ich wusste noch nicht wer mein Gegner sein würde. Auch wenn wir stark waren, mit unserer Körpergröße gut zu kämpfen wussten, waren wir nun einmal unbestreitbar kleiner, graziler und zierlicher. Ein gezielter Schlag eines Lykae, eines Vampires oder eines anderen Dämons würde reichen um meinen Brustkorb zu brechen und mich für einige wertvolle Zeit kampfunfähig zu machen. Der Brustpanzer würde mich davor schützen.
Schlussendlich nahm ich auch ihn und das zugehörige Kettenhemd mit. Ich wusste schon jetzt die Tasche würde schwer werden. Aber in dieser Hinsicht lebte ich lieber man hatte alles als man hätte. Dann folgten die normalen Sachen, wie eine Hose, die bequem, aber nicht behinderten war, einige Shirts und Tops, Unterwäsche. Das was ein Mädchen halt brauchte. Auch mein Laptop und das Handy -ich würde es bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit gegen eines Neues umtauschen- durften nicht fehlen sowie ein paar andere Kleinigkeiten, die später eventuell hilfreich werden könnten. Das Zusammensuchen und -packen dauerte länger als gedacht. Nebenbei hatte ich Gloria über unsere Community die Daten übermittelt und den Hinweis für alle hinterlassen, dass ich über meine alte Nummer nicht mehr erreichbar sein würde. Nun würde jede Walküre wissen, dass etwas im Argen lag und vorsichtiger sein.
Am Ende stand ich vor meinen Kühlschrank und stopfte sämtliches Essen in eine mehr oder weniger kleine Box. Das konnte ich im Zug essen. Wer wusste schon wann ich das nächste Mal die Gelegenheit für eine Mahlzeit haben würde? Wir Walküren konnten auch ohne normales Essen leben, jedoch ließ es uns weniger menschlich wirken. Unsere animalischen Züge traten dann stärker in den Vordergrund. Die Augen schienen schräger zu stehen, die Regenbogenhaut wirkte leuchtender, die Knochen stachen stärker hervor und ließen unsere Züge katzenhafter erscheinen. Die Fingernägel wiesen dann immer eine leichte Krümmung auf und auch unsere Urinstinkte traten stärker zu Tage. All dies waren Eigenschaften die ein Leben unter Menschen unnötig erschwerten.
Ein Blick auf die Uhr ließ mir die Gesichtszüge für einen Moment entgleisen. Mein Zug fuhr in zwanzig Minuten. Der Bahnhof war mit dem Fahrrad etwa dreißig Minuten entfernt und der Bus würde genau die zwanzig Minuten, dank der Ampeln und anderen Haltestellen, benötigen. Vorausgesetzt es fuhr um diese Uhrzeit überhaupt noch ein Bus. Es war kurz vor Mitternacht und so groß war Städtchen in dem ich momentan lebte nicht.
Unruhig fuhr ich mir durch die dunklen Haare und überlegte. Schweren Herzens fällte ich eine Entscheidung, die mir nicht unbedingt gefiel. Schnell schmiss ich die Sachen, die ich jetzt an hatte noch in den Koffer. Ich würde sie nachher wieder anziehen, sobald ich in den Zug stieg. Dann schnappte ich mir ein dunkles paar Jeans und einen schwarzen, dünnen Pullover. Mit der Tasche über meine Schulter lief ich die Treppen hinauf und nicht herunter. Ich würde eine Abkürzung nehmen. Über die Dächer der Stadt.
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So da ihr nun wisst, was sie macht:
#wie denkt ihr wird Sebastian darauf reagieren?
#wie hätte sie es anders lösen können?
So, das war das Ende der Lesenacht. Ich hoffe es hat euch gefallen. Bis bald ;)
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