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Auf direktem Wege laufe ich in mein Zimmer, werfe meinen Rucksack aufs Bett und schaue dann ins Arbeitszimmer meiner Mutter. Sie ist - wie zu erwarten - nicht da, doch trotzdem sieht ihr Zimmer anders aus. Die Akten liegen kreuz und quer auf dem Schreibtisch, total untypisch für sie, da sie eigentlich ein totaler Ordnungsfanatiker war. Schulterzuckend gehe ich weiter in die Küche, summe ein bisschen vor mich hin und entdecke, das ein Zettel am Kühlschrank klebt. Ich reise ihn ab und fang an zu lesen.
Hey Schatz, ich treffe mich mit einem Bekannten aus der Arbeit. Essen steht im Kühlschrank. Komme etwas später nach Hause, mach dir keine Sorgen. Hab dich lieb und lass es dir schmecken. Küsschen Mama.
Daneben hat sie noch ein Herz hingekritzelt. Ich mache also die Kühlschranktür auf und hole das Ratatouille raus, um es auf dem Herd aufzuwärmen.
Natürlich lass ich es mir schmecken. Das Essen meiner Mutter schmeckt IMMER gut. Danach mache es mir auf der Couch gemütlich und schaue eine weitere Folge meiner Lieblingsserie "Everything you don't know".
Es wird langsam dunkel und die Vögel singen ihr letztes Lied für diesen Tag, ehe sie morgen weiter zwitschern. Ich schaue auf die Uhr. Mist! Schon 22:59 Uhr. Ich muss noch Hausaufgaben machen. Also stehe ich schweren Herzens von unserer gemütlichen Couch auf und trotte in mein Zimmer. Dort krame ich in meinem Ranzen, der immer noch auf meinem Bett liegt und hole meine Schulsachen heraus. Seufzend setzte ich mich auf meinen Stuhl und fange mit Mathe an. Mein Lieblingsfach mit meinem Lieblingsthema, Ironie lässt grüßen...
Aber mal ehrlich, wer mag es schon Funktionen zu berechnen. Viel zu kompliziert und mathematisch, und erst recht die ganzen Formeln. Puhh. Doch irgendwann habe ich mich auch da durchgewuselt und brauche so wenigstens morgen nicht mit einem unguten Gefühl weniger in den Unterricht gehen.
♥
Ich liege schon seit einer Weile im Bett und versuche einzuschlafen, doch das funktioniert heute irgendwie nicht. Automatisch greife ich nach meinem Handy, um Timo zu schreiben wie sonst auch wenn ich nicht schlafen kann. Doch das geht ja nicht. Wir sind nicht mehr zusammen. Gehen getrennte Wege. Sofort zieht sich mein Herz zusammen und es fühlt sich an, wie in der Hälfte zerrissen und darauf getrampelt. Na super. Jetzt kann ich sowieso nicht mehr schlafen.
Unruhig wälze ich mich auf meiner Matratze rum, um eine gemütliche Position zu finden, doch irgendwie gibt es keinen kühlen Fleck mehr in meinem Bett. Genervt fingere ich nach meiner Wasserfasche auf dem Nachtisch und trinke ein paar schlucke. Das kühle Nass des Wassers fühlt sich gut in meiner Kehle an und endlich werde ich auch etwas müder. Langsam lasse ich mich wieder in mein Kissen sinken und platziere meine Decke unterhalb meines Körpers. Gleich viel bequemer. So wird mir nicht kalt, aber auch nicht heiß. Und so döse ich langsam weg.
Ich bin gerade am Einschlafen als ich höre wie ein Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt wird und er sich umdreht. Dann quietscht die hohe Haustür unserer Altbauwohnung und ich höre Schritte von mindestens zwei Personen.
Moment mal... Zwei Personen?
Meine Mutter hat seit Jahren niemand mehr mit Nachhause genommen. Ich stehe also leise auf und schnappe mein Handy und wähle vorsorglich die Nummer der Polizei. Dann schleiche ich langsam den langen Flur entlang und biege in die Küche ab, schnappe mit die benutzte Pfanne von heute Nachmittag und trete wieder in den Flur.
Die Wohnungstür ist anscheinend noch geöffnet, da das Licht der Flurlampe ihr Licht in unseren Eingangsbereich wirft. Dann höre ich ein leises Klicken und die Flurlampe geht an. Die Tür wurde anscheinend geschlossen und ich vernehme das leise Tapsen der Schritte und Gekicher. Ich luge um sie Ecke und blicke direkt in das Gesicht eines Mannes Mitte 40. Ich fange aus Reflex an zu schreien und hole mit der Pfanne, die ich immer noch in meiner zitternden Hand halte, aus und verfehle ihn nur knapp. Hinter ihm erscheint eine zweite Person und ich sehe meine Mutter mit verschränkten Armen hinter dem mir unbekannten Besucher. Sie hat ihre Lippen zusammengekniffen und sieht mich ärgerlich an. Mittlerweile habe ich auch aufgehört zu schreien und halte die Pfanne immer noch in meiner Hand gesenkt.
"Man habt Ihr mir einen Schreck eingejagt. Warum seid ihr wie Einbrecher hereingeschlichen", frage ich schockiert und schaue meine Mutter forschend an.
Sie bekommt tatsächlich rosige Wangen und blickt verlegen zur Seite.
"Also das ist so... ähhm, wie wäre es mit einem Tee? Ihr geht schonmal ins Wohnzimmer und ich setzte den Tee auf. Wir haben etwas mit Dir zu besprechen Schatz", fängt sie an zu stammeln und geht schnell an mir vorbei.
Überfordert stehen Ihr Bekannter und Ich im Flur und schauen verlegen auf den Teppich. Schließlich blickt er hoch und hält mir seine Hand hin.
"Hallo ich bin Liam, ein Bekannter deiner Mutter", sagte er schließlich.
Ich schaue ebenfalls hoch, und ergreife seine Hand.
"Hallo ich bin Akilah, freut mich Sie kennen zu lernen", ich lächle und er erwiderte es.
Dann gehe ich vor ins Wohnzimmer und mache es mir auf der Couch bequem. Er setzt sich ebenfalls und ein unangenehmes Schweigen macht sich im kleinen Raum breit.
"Woher kennt Ihr euch eigentlich, also Du und meine Mutter?" breche ich diesmal die Stille.
"Wir haben uns auf einer Konferenz unserer Schulen kennengelernt".
"Und wann war das", frage ich weiter, doch er kommt nicht dazu mir zu antworten doch just in diesem Moment kommt meine Mutter mit drei dampfenden Tassen Tee auf einem Tablett herein und stellt sie auf den Tisch. Dann setzt sie sich neben Liam welcher nicht weis was er machen soll und ich muss grinsen. Daher weht also der Wind.
„Ihr könnt ruhig sagen, dass ihr ein Paar seid."
Sie blickt mich überrascht an, lächelt aber dann und rückt näher an ihren Freund ran. Dieser legt augenblicklich seinen Arm um sie und sie kuschelt sich an ihn heran. So verliebt und glücklich habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen und erlebt. Ich glaube Liam tut ihr gut.
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