②④
Jungkook wacht auf und sieht einen schlafenden Taehyung neben sich. Er dreht sich auf die Seite, um ihn besser betrachten zu können.
Die Gedanken des Braunhaarigen kreisen immer wieder zu letzter Nacht. Er macht sich Sorgen um ihn. Fieberhaft überlegt er, was in Taehyungs Leben passiert ist, das er solche Probleme hat.
Wenn er Eins und Eins zusammen rechnet, kommt Jungkook immer auf ein Ergebnis. Und dieses Ergebnis ist schrecklich. Er hofft, dass seine Vermutung total falsch ist. Doch je näher das Treffen mit Jin rückt, umso weniger wird die Hoffnung.
Vorsichtig streicht er mit seinen Fingern eine Strähne aus Taehyungs Gesicht. Inständig hofft er wirklich, dass er falsch liegt, dass dieser junge attraktive Mann, nichts so schreckliches erleben musste.
Ein leises Schmatzen reißt ihn aus seinen Gedanken. Jungkook lächelt. In seinen Augen ist Taehyung wunderschön. Er ist doch perfekt. Perfekt für ihn. Taehyung blinzelt ein paar Mal und sieht dem Kleinen direkt in die Augen.
Sie sehen traurig aus. Traurig, weil der Schwarzhaarige weiß, dass es nicht einfach ist mit ihm. Dankbarkeit sieht man in ihnen, weil er froh ist, das Jungkook noch neben ihm liegt. Angst, weil er Jungkook nicht verlieren will.
So viele Gefühle spiegeln sich in seinen Augen wider. Verzweiflung, Wut über sich selbst. Doch die Angst, den kleinen Hasen nicht mehr an seiner Seite zu haben, schmerzt und überwiegt alle anderen Gefühle.
»Guten Morgen, Hübscher.«, begrüßt ihn der Braunhaarige.
»Morgen, mein Häschen. Konntest du etwas schlafen?«, fragt Taehyung nach. Er weiß, dass es nicht so ist. Wie könnte man auch gerade jetzt, friedlich schlafen können.
»Es geht. Können wir noch ein bisschen kuscheln?«, fragt der Braunhaarige liebevoll nach, denn das braucht er dringend. Jungkooks stimme klingt verschlafen und vorsichtig. Taehyung nimmt den kleinen in den Arm und drückt ihn fest an sich.
»Taehyung, keine Luft.«, nuschelt Jungkook an die Brust des Älteren.
»Das musst du kurz aushalten.«, lächelt Taehyung und lässt dann doch etwas locker, damit der Kleine durchatmen kann.
Taehyung hat Jin noch eine Nachricht hinterlassen, dass sie sich treffen wollen und reden müssen. Der Schwarzhaarige greift nach seinem Telefon, um zu sehen, ob der Arzt sich gemeldet hat.
»Wir sollen um 09.00 Uhr da sein.«
»Und wie spät ist es jetzt?«
»Moment... Oh, verdammt. Das ist in Zwanzig Minuten!«
»Was? Oh mein Gott. Ich muss duschen, Zähne putzen, mich anziehen, gefrühstückt haben wir auch noch nicht. Und dann noch die Fahrt. Das schaffen wir nicht!«
»Genau, das schaffen wir nicht. Also bleib schön hier liegen.«, stoppt Taehyung den kleinen Hasen, in seinem Redefluss. Doch er hört nicht.
Stattdessen springt er auf und zieht den Älteren mit aus dem Bett. Stöhnend lässt er es mit sich machen. Ein Grinsen kann er sich trotzdem nicht verkneifen. Zu süß sieht Jungkook aus, wenn er im Stress ist.
Der Braunhaarige macht Kompromisse und so entscheidet er sich für Zähneputzen und einer schnellen Katzenwäsche. Die Wahl der Kleidung verläuft nach dem ›was ich als Erstes in die Finger bekomme‹ - Prinzip ab.
Taehyung geht nach dem gleichen Schema vor. Auf das Frühstück verzichten sie und ernten einen bösen Blick von Yuna.
»So könnt ihr nicht außer Haus. Das ist nicht gesund. Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.«
»Yuna, bitte. Wir müssen wirklich los. Wir essen unterwegs.«
»Dann nehmt die Tüte mit. Ich habe euch was eingepackt. Euren Stress, habe ich schon mitbekommen.«
»Du bist die Beste.«
»Ja, ja und über die Wasserflecken sprechen wir auch noch!«
»Yuna, ich will dich doch nicht arbeitslos machen.«
»Frecher Hund. Jetzt haut schon ab. Ich kümmere mich darum.«
Taehyung schnappt sich die Tüte und sie bekommt von beiden ein Küsschen auf die Wange, ehe sie zur Tür raus sind.
»Chaoten!«, lacht sie noch und macht sich an ihre Arbeit.
Während Taehyung den Wagen steuert, nimmt der Kleine einen Happen zu sich. Da der Ältere sich auf das Fahren konzentriert, ist es diesmal Jungkook, der ihn füttert.
Es gefällt ihm, wie er den Größeren in der Hand hat. Er setzt eine fröhliche Mine auf und Taehyung entgeht es nicht. Was ist er froh, das Jungkook an seiner Seite ist. Noch.
Angekommen und zur Tür gesprungen, klingelt Taehyung auch schon. Sie haben sich um zehn Minuten verspätet. Die Tür wird geöffnet und Namjoon blickt in die gestressten Gesichter.
»Guten Morgen, ihr Zwei. Kommt rein und esst mit uns. Heute ist irgendwie der Wurm drin und sind mit allem spät dran.«, begrüßt er sie und lässt das junge Paar eintreten. Jungkook und Taehyung lachen.
»TaeTae!«, ruft ein kleiner Junge fröhlich und springt auf den Schwarzhaarigen zu. Dieser empfängt ihn mit offenen Armen.
»Minho, komm sofort wieder zurück und iss dein Müsli auf!«, ruft Jin aus dem Esszimmer.
»Na los, Großer. Jin wird unausstehlich, wenn man nicht auf ihn hört.«, sagt Taehyung und wuschelt dem Jungen durchs Haar. Minho kichert und hüpft wieder zurück.
»Er hat wirklich einen Narren an dir gefressen.«, lacht Namjoon.
»Das Gleiche kann ich von ihm auch behaupten.«, antwortet Taehyung. Sie gehen gemeinsam zu den anderen und setzen sich dazu.
»Es ist zum verrückt werden. Ich dachte, du wärst ein Schlingel gewesen, aber Minho übertrifft dich bei Weitem!«, spricht Jin an Taehyung gerichtet.
»Ich kann nicht ewig den Rekord im ›Nerven aufreiben‹ halten.«, antwortet dieser und sie müssen herzhaft lachen.
Jungkook ist etwas verwirrt und weiß überhaupt nicht, worum es geht. Nervös spielt er mit dem Saum seines Pullovers. Taehyung bemerkt sein Verhalten und wendet sich an ihn.
»Tut mir Leid, Häschen. Also, Jin kennst du bereits und der Blonde Vogel da, das ist Namjoon. Sie sind seit, wie lange nochmal, verheiratet?«, fängt Taehyung zu erzählen an.
»Zwanzig Jahre, Taehyung. Du hast eine Einladung zu unserer Feier am kommenden Monat bekommen.«, ermahnt Jin den Geschäftsmann.
Jungkook ist erstaunt und gratuliert beiden. Kaum zu glauben, dass sie so lange verheiratet sind. So alt sehen sie noch gar nicht aus.
»Und das ist Minho. Er ist für eine Weile zu Besuch.«, erklärt Namjoon. Jungkook sieht den Kleinen an und Minho erwidert den Blick. Er lächelt den Braunhaarigen an.
»Du bist hübsch.«
»Vielen Dank. Das kann ich nur zurück geben.«
»Wie heißt du?«
»Ich bin Jungkook.«
»Jungkook? Wirklich? Du heißt ja genauso wie TaeTaes Hase. Er hat mir gesagt, das er auch ein Häschen hat, als er mir den hier geschenkt hat.«
»Minho.«, ermahnt Taehyung den kleinen Jungen. Der Schwarzhaarige bekommt rote Wangen und es bleibt Jungkook nicht unbemerkt. Er selbst hat auch das Gefühl, das seine Wangen glühen.
»Okay, ich würde sagen, wir gehen mal in mein Arbeitszimmer, bevor hier noch jemand denkt, sie seien im Rotlichtmilleu angekommen. Ihr glüht beide ja schon Feuerrot.«, beendet Jin das Gespräch.
Sie stehen auf und gehen in besagtes Zimmer. Namjoon kümmert sich weiter um Minho, während sie ihr Gespräch führen.
»Was für ein Arzt bist du?«
»Ich bin Allgemeinmediziner. Von jedem ein bisschen. Der typische Hausarzt eben.«
»Hast du eine eigene Praxis?«
»Nein. Dafür habe ich keine Zeit. Da kommen wir dann auch gleich zu dem Punkt, um den es heute geht. Mein Mann und ich haben vor einigen Jahren eine Organisation gegründet. Und damit sind wir gut beschäftigt.«
»Was ist das für eine Organisation?«
»Gegen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Wir helfen den Kids aus ihrer misslichen Lage. Zusammen mit Polizei und Jugendamt, helfen wir den Kindern, damit sie wieder ein normals Leben führen können. So gut es eben geht. Unsere Heilungsquote ist sehr hoch. Darauf bin ich sehr stolz.«
»Oh. Und... Minho? Ist er einer der Kinder?«
»Ja, leider. Aber er ist ein taffer junger Bursche. Er steckt das gut weg. Macht überragende Fortschritte.«
Jungkook stockt der Atem. Der arme Junge. So ein fröhlicher Knirps.
Jungkook bekommt Tränen in die Augen. Es zerreißt ihm sein Herz. Taehyung streicht ihm behutsam über den Rücken.
Er weiß, wie schwierig das Thema ist. Und er wünschte sich, er könnte es Jungkook ersparen. Verlegen wischt der Braunhaarige seine Tränen weg.
»Taehyung?«, flüstert Jungkook an ihn gerichtet. Er weiß, welche Frage er stellen möchte und nickt leicht.
»Taehyung kam im Alter von 16 Jahren zu uns. Namjoon hat ihn gefunden und hierher gebracht.«, erklärt Jin.
»Jungkook. Es ist deine Entscheidung, ob du meine Geschichte hören möchtest. Ich will nicht, das es dir zu viel wird. Ich möchte nicht, das du Angst bekommst oder überfordert bist.«, erklärt er dem Jüngeren. Taehyung möchte nicht, das Jungkook sich unwohl fühlt.
»Es ist okay. Ich meine, es ist deine Vergangenheit. Du musst bereit sein, sie mir zu erzählen. Ich habe dir gestern schon erklärt, das ich dir zuhören werde, wann immer du bereit dazu bist. Aber ich möchte dich nicht zwingen etwas zu erzählen, das du nicht möchtest. Wenn du soweit bist, diesen Schritt zu tun, werde ich da sein.«, antwortet Jungkook mit glasigen Augen.
»Mein Gott Taehyung. Heirate ihn! Sonst tu ich es!«
»Jin.«
»Ist doch wahr! Du bist ein Ekel. Ihn zweimal abblitzen lassen. Schmor in der Hölle!«
»Jin!«
»Ja entschuldige. Ich reiß mich ja zusammen. Wollte nur die Stimmung heben.«
»Nicht hilfreich.«
Doch irgendwie hat es bei Jungkook geholfen. Er kichert vor sich hin. Der Braunhaarige sieht Taehyung liebevoll in die Augen und nimmt seine Hand in die Eigene.
Er verschränkt ihre Finger miteinander. Damit möchte er signalisieren, dass er für den Schwarzhaarigen da ist. Bei ihm ist.
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