30.| N o a h
In 15 Minuten werde ich schon auf dem Weg ins Camp sein, und langsam freunde ich mich mit diesem Gedanken an.
Dafür werde ich meine Mom vor weiteren Lügen schützen können.
Mein Dad ist seit Stunden unten im Wohnzimmer, und ich habe keine Ahnung was er dort macht.
Eigentlich ist es mir auch vollkommen egal, denn nach unserem Gespräch haben wir nicht mehr miteinander geredet.
Es scheint fast so, als hätte er meine Entscheidung akzeptiert.
So ist es sonst nicht, denn durch seinen Beruf hat er Ahnung von Lügen und Intrigen.
Er findet immer einen Weg, um an sein Ziel zu kommen, und auch diesmal bin ich mir sicher dass er es irgendwie schaffen wird, unbeschadet aus der Ganzen Sache herauszukommen.
Ich greife nach meinem Handy, und stelle es in den Flugmodus. Ich will mit niemandem reden oder ihm erklären müssen wieso ich diesen Sommer nicht da sein werde.
Dann beginne ich, die wichtigsten Sachen einzupacken, ehe ich meine Zimmertüre schließe und nach unten laufe.
Mein Dad ist nicht mehr hier, und es wundert mich auch nicht.
Wahrscheinlich hat er sich entschlossen, jetzt wo meine Mutter es sowieso erfahren wird, seiner Affäre einen Besuch zuhause abzustatten.
Ich muss mir ehrlicherweise eingestehen, dass es mir nichts ausmacht. Mehr Respekt kann ich vor im sowieso nicht mehr verlieren.
Ich schließe die Haustüre ab, und hinterlasse meinem Dad eine kurze Nachricht auf der Küche, dass ich nun losfahre.
Kurzerhand steige ich in meinen Wagen ein, und starte ihn.
Ich fahre ein letztes mal in diesem Sommer durch London und ein Gefühl von Nervosität macht sich in mir breit.
Ich bin angespannt, weil ich nicht weiß was mich erwarten wird.
Weil ich nicht weiß, wie ich diese nervösen Gedanken verdrängen soll, schalte ich das Radio ein.
Die Musik ist laut, und meine Gedanken werden leiser. Es fühlt sich an, wie ein Stein der von meinem Herzen fällt.
Als ich durch ein kleines Dorf fahre, bricht die Musik plötzlich ab. Es gibt hier keine gute Verbindung, und eigentlich sollte es mich auch nicht wundern.
Ich befinde mich in einer Stadt, die vielleicht tausend Einwohner hat.
London ist das genaue Gegenteil, denn dort ist es nie ruhig. Man lässt sich mit dem Impuls der anderen Menschen treiben und weiß nie, was als nächstes passiert.
Hier ist es völlig still, bis auf ein paar Kinder die am Straßenrand spielen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass hier jeder Tag vorhersehbar ist.
Die Straße führt mich durch einen kleinen Wald und das Auto wackelt durch den unebenen Boden.
Es ist dunkel, denn das einzige Licht was den Boden des Waldes erreicht, ist die Sonne die durch die Blätter der Bäume fällt.
Ich fahre noch ein Stück weiter, bis ich auf einen großen Platz gelange. Ich kann aus der Ferne die riesigen Zelte sehen und halte das Auto an.
Mit zittrigen Händen öffne ich die Türe des Wagens und steige aus.
Es ist warm, und dass obwohl es bereits am späten Abend ist. Ich bin einige Zeit unterwegs gewesen und erst jetzt schalte ich mein Handy wieder an.
Die Nachrichten von meinem Dad überfluten mein Smartphone und genervt mache ich den Ton wieder aus, ohne ihm zurückzuschreiben.
Dann laufe ich in Richtung der Zelte. Ich höre die Stimmen von anderen Teenagern und eigentlich sollte ich mich vielleicht doch auf diesen Sommer freuen.
Die Zelte sind wirklich riesig, und ich frage mich mit wem ich mir eines teilen werde.
Am Himmel sind keine Wolken zu erkennen, sondern nur helle Sterne, weil hier keine Lichter die Dunkelheit durchbrechen.
Eine junge Frau kommt auf mich zu. Ihr blonden Haare fallen in kleinen Locken über ihre Schultern.
"Du musst Noah sein!" , sagt sie und sieht mich neugierig an. Sie scheint ein Sonnenschein zu sein, denn ich bekomme direkt gute Laune.
"Genau. Aber bitte nenn mich doch No" , sage ich und reiche ihr meine Hand, die sie fröhlich schüttelt.
"Ich dachte, wir machen heute Abend ein kleines Feuer am See. Ihr könnt euch alle gegenseitig vorstellen.", schlägt sie vor und bewegt sich in Richtung einer kleinen Menschen Traube, die ich erst jetzt erblicke.
Es sind vielleicht sieben oder acht Teenager, die fröhlich und ausgelassen miteinander reden und lachen.
Ich stelle mich zu ihnen, und lasse meinen Blick über die verschiedenen Gesichter schweifen.
Ein blondes Mädchen, ein Typ der aussieht als würde er stundenlang kiffen, ein anderes Mädchen mit kleinen Locken.
Sie sehen alle glücklich aus und aus irgendeinem Grund färbt es an mich ab.
Als sie mich erblicken, verstummen sie. Nur eines der Mädchen, die mit den Locken schenkt mir ein Lächeln.
"Hi", sagt sie und der Typ neben mir, schlägt mir kumpelhaft auf die Schulter.
Augenblicklich fühle ich mich besser. Das blonde Mädchen sieht traurig aus und ihr Blick wandert permanent zu dem Typ neben mir.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie Gefühle für ihn hat. Den Jungen kann ich noch nicht einschätzen.
Es scheint, als hätten alle ziemlichen Respekt vor ihm und es macht mich ein wenig neidisch.
Vor allem, weil er wirkt als wäre ihm alles egal und gleichgültig.
Im Normalfall kann ich solle Menschen nicht ab. Es nervt mich, wenn Leute komplett interesselos sind, und dennoch so viele andere Menschen anziehen.
"Freut mich." , sage ich entspannt und schenke ihnen ein Lächeln.
"Wie heißt du?" , fragt das Mädchen mit den Locken und schaut mir ein wenig zu lange in die Augen.
Es ist mir fast schon unangenehm, und ich bringe nur schwer "Noah", heraus.
Ich will diese Leute nicht zu nah an mich heranlassen. Am Ende, kann jeder einem Schaden hinzufügen.
"Lasst uns an den See gehen." , sagt die Blonde und ein weiterer Blick geht zu dem Typ neben mir.
Irgendetwas ist sicher zwischen ihnen vorgefallen, und ich wette mein Leben darauf, dass sie schon einmal miteinander geschlafen haben.
So sehen sich keine Fremden an.
Die Gruppe geht runter zu dem See, der vom Mond in ein helles grau getaucht wird.
Es sieht unecht aus, und ich muss daran denken wie ich vor einigen Jahren mit meiner Mom und meinem Dad einen solchen See besucht habe.
Ich war damals noch sehr klein, und durfte nicht schwimmen gehen.
Wenn ich an die Zeit zurückdenke, in der unsere Familie noch nicht zerbrochen und kaputt war, muss ich lachen obwohl ich lieber weinen würde.
Ich kann sehen, dass sich der Typ neben das Blonde Mädchen auf den Boden setzt.
Er flüstert ihr etwas ins Ohr, worauf hin sie nach seiner Hand greift. Auch wenn zwischen ihnen etwas passiert ist, kann man die angespannte Atmosphäre zwischen ihnen nahezu spüren.
Die anderen schauen auf den See und lachen glücklich. Vielleicht tun sie nur so.
Vielleicht sind sie genauso alleine wie ich es bin.
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