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Verträumt löst du dich aus dem hungrigen Kuss, ehe du deinen Arm um seinen Nacken legst. Er riecht wirklich gut. Nicht nach Schweiß und Zigarettenqualm wie die Jungs aus deinem Alter. Bloß nach einem leichten Parfüm, frischen Klamotten und ganz viel nach ihm.

Es wäre perfekt gewesen, hätte nicht sein ein Räuspern die angenehme Stille zwischen uns zerrissen: „Wir sollten das lassen."

Sanft versucht er seine Arme von dir wegzudrücken.

„Aber was ist denn?", erwiderst du bloß, ohne ihm richtig zugehört zu haben. „Ich will aber nicht aufhören, Unbekannter..."

~*~

Schweratmend schlägst du deine Augen auf. Ich bist in deinem Zimmer. Was ist das denn für ein Traum gewesen? Ein Ball, ein Becher Orangensaft, du auf dem Klo und Lippen - Lippen die sich so echt anfühlten und zu jemanden gehörten, der wohl echt gut küssen kann.
Gähnend setzt du dich auf und wirfst deine Decke zurück, als du deine Tante auf einem Sessel neben dir sitzend bemerkst.

„Gott, Tante." Entgeistert fasst du dir mit der rechten Hand an die Brust und siehst sie kopfschüttelnd an, ohne daran zu denken, dass sie dies als unhöflich ansehen könnte. „Du hast mich erschreckt."

„Zum Glück bist du endlich aufgewacht, denn wir müssen reden", erwidert sie kalt und stellt ihre Teetasse beiseite, bevor sie ihre Lippen missmutig schürzt und ihre Hände ineinander verschränkt.

„Was ist los?"

„Was los ist? Es ist gerade Mitternacht, als mich Min-hee aus dem Bett holt. Und weißt du wieso? Irgendein Typ bringt meine sturzbetrunkene Nichte zurück nach Hause und macht sich einfach aus dem Staub, nachdem er sie vor unserer Tür abgesetzt hat."

Sie hebt leicht ihr Kinn an und schaut dich erwartungsvoll an. „Erinnerst du dich noch, oder warst du wirklich so voll, dass du nichts mehr weißt? Denn das macht die Sache nur noch peinlicher für das Ansehen unserer Familie."

„Tante...", beginnst du müde und mit einer Spur Verzweiflung in der Stimme, während du dir die Augen reibst. „I-Ich weiß, du glaubst, dass ich heimlich irgendwas getrunken oder mit irgendwelchen Freunden was mit auf die Party geschmuggelt habe... aber so war es nicht. Irgendwer muss mir etwas untergejubelt haben...", versuchst du ihr zu erklären.

„Irgendwer, irgendwas, irgendwie... (y/n)! Ich gebe dir viel Freiraum und du kommst damit? Und wer war dieser Typ? Hat er dir was angetan?", fragt sie aufgebracht weiter.

„Ich weiß es doch auch nicht, Tante!", antwortest du seufzend und schließt die Augen. „I-Ich kann mich selbst nicht mehr daran erinnern... aber ich bin mir zu hundert Prozent sicher, nichts genommen haben. Glaub' mir bitte, Tante."

Du presst die Lippen aufeinander und bist glücklich, dich wirklich noch wenigstens noch etwas an den Abend erinnern zu können. Dann seufzt sie erneut und nickt: „Ich denke nochmal darüber nach, (y/n). Ruh' dich jetzt erstmal noch etwas aus, es ist ja Wochenende."

„Gut, Danke."
Nachdenklich lässt du dich zurück in die Kissen fallen. Dein Kopf ist einfach leer. Du hast einen Filmriss. Es ist als wäre beinahe alles, nachdem du dieses Getränk von Jennie zu dir genommen hast, aus deinem Gedächtnis gelöscht;
nebenbei beginnen die wagen Erinnerungen aus deinem letzten Traum ebenfalls immer schneller zu verschwimmen. Ich weißt nicht mehr, was Realität und was Einbildung gewesen ist; was Erinnerung und was Fantasie.

Deine Gedanken schweifen zu dem Unbekannten Anschreiber. Hast du ihn getroffen? War er überhaupt da gewesen?

Es ist tatsächlich so, als seist du die letzten zwölf Stunden blind durch die Weltgeschichte gestrauchelt.
„Jungkook...", kommt es dir plötzlich in den Sinn. Er wusste bestimmt, was geschehen ist.

Reflexartig greifst du nach deinem iPhone und wischt ein paar Male über den Bildschirm, bevor du seinen Kontakt auswählst. Du bist heilfroh, als er keine zehn Sekunden später abnimmt: „(y/n)? Gelobt-sei-der-Herr-in-seiner-Güte, dir geht's gut!"

Du musst dein Handy bestimmt fünfzehn Centimeter von deinem Ohr fern halten — so laut schreit er in den Hörer. „Ich hab' gestern Abend noch bei dir zuhause angerufen, aber deine Tante wollte mir nichts erzählen. Oh man, ich hab' mir solche Sorgen gemacht!", plappert er dann aufgeregt weiter.

„Tut mir leid, Kookie. Ich habe selbst überhaupt keine Ahnung, wie ich überhaupt nach Hause gekommen bin. Meine Tante meinte, so ein Typ hätte mich hierher gebracht, und ich wäre sturzbetrunken gewesen", antwortest du und stützt dich auf einem flauschigen Kissen auf.

„Das kannst du Jennie zuschreiben, denn die hat dir höchstwahrscheinlich irgendwas ins Getränk gemischt. Danach warst du zusammen mit Lisa auf der Toilette. Sie hat mir erzählt, dir wäre total schlecht gewesen und du warst so wirr im Kopf, dass du erst schlafen, dann singen wolltest... sag mal kannst du dich an gar nichts mehr erinnern?"

„Doch, doch. Ich brauche nur ein paar Anläufe...", gibst du nachdenklich zu. „Gott, was hat mir Jennie gegeben?" Du hast schon das Verlangen, deine Hände zu Fäusten zu ballen, wenn du an ihr süffisantes Lächeln denkst.

„Sie kann mir doch nicht einfach irgendwas unterjubeln! Wer weiß, wie ich darauf reagiert hätte, wenn ich vorher noch weniger in Berührung mit Drogen gekommen wäre."

„Keine Ahnung, das hab' ich mich auch gefragt. Die ist einfach irre! Auf jeden Fall hat Lisa dir gesagt, du sollst auf einem Stuhl sitzen bleiben, während sie Yoongi, mich und eure Jacken und so weiter holt. Aber sie wusste natürlich nicht, dass du — so wie bei etwas Promille Intus — viel zu gerne rumrennst... und dann warst du plötzlich weg", erklärt er.

„Oh Gott", meinst du schon fast beschämt und reibst mir die Schläfe. „Ihr müsst euch totale Sorgen gemacht haben... und Lisa hat bestimmt ein total schlechtes Gewissen! Ich schreibe ihr erstmal gleich eine Nachricht..."

„Naja, wir haben die halbe Schule abgesucht, aber dich nicht gefunden. Ach... und vielleicht hilft dir das noch etwas auf die Sprünge: Du hast irgendwas von diesem Unbekannten geredet und dass du ihn gestern treffen wolltest..." Er räuspert sich unmittelbar.

„Ach, der Unbekannte!"
Du klatscht dir mit der Hand vor die Stirn. Plötzlich fühlt es sich an, als würden tausend neue Erinnerungen in dein Gehirn gepumpt werden.

„Genau! Natürlich, so war es! I-Ich bin weggerannt und plötzlich kam er. Ich konnte ihn nicht ganz erkennen... ich kann mich nur noch an zwei wunderschöne, dunkle Augen und diese tiefe Stimme erinnern... dass ich mich an ihn geklammert hab' und..."

„Woah, mach mal halblang, (y/n)", unterbricht dich dein bester Freund. „Du wolltest dich wirklich mit diesem Typen, von dem du im Endeffekt immer noch nichts weißt, treffen?!" Erneut schreit er so laut in sein Handy, dass dein Trommelfell zu platzen droht.

„Alles gut, Kookie", meinst du daraufhin leise lachend, bevor du dich etwas beruhigst und ernster wirst, da dir sofort in den Sinn kommt, wie nah du deinem anonymen Anschreiber gewesen sein musst. Du bist dir nicht sicher, wie weit es wirklich zwischen euch zwei gekommen ist. Denn bis auf deine Kopfschmerzen, fühlt sich dein Körper normal an, du weißt keinerlei Knutschflecken oder Ähnliches auf. „Alles gut, es ist ja nichts passiert... und ich muss jetzt auflegen, bye!"

„Auflegen? Warte mal, (y/n)-ssi, du schuldest mir noch einige Erklärungen, wie das alles passieren ko-"

„Ich schreib dir später und wir sehen uns morgen ja in der Schule!", unterbrichst du ihn und legte mit gemischten Gefühlen auf.

Soll ich den Unbekannten jetzt einfach darauf ansprechen bzw. anschreiben, was genau geschehen ist? Daran kann ich ja notfalls auch sehen, ob er meinen Zustand gestern Abend ausgenutzt hat oder nicht...

Ein weiteres Mal schaltest du dein Handy an und öffnest euren gemeinsamen Chat.

MY DUMB ASS
Hi?

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Hey, kleine

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Gehts dir besser?

MY DUMB ASS
Uhm ja so gut wie

MY DUMB ASS
Also eig wollte ich mich nur
bedanken...

MY DUMB ASS
Dass du mich nach Hause
gebracht hast und so...

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Das ist doch selbstverständlich.
Ich hingegen muss ich dabei bei
dir entschuldigen

MY DUMB ASS
Wieso o.O

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Ich habe zugelassen, dass du mich
küsst und habe den Kuss erwidert...

Kurzzeitig lässt du dein Handy sinken und schaust schockiert an die Zimmerdecke. Wir haben uns geküsst?! Diese Erinnerung ist also doch nicht nur meiner Fantasie entsprungen?

MY DUMB ASS
Ufff ich weiß gar nichts mehr
davon :/

MY DUMB ASS
Ich habe keine Ahnung, was
man mir verabreicht hat...

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Das ist echt unterste Schublade...
du kannst von Glück reden, dass es
nicht so viele Leute mitbekommen
haben

MY DUMB ASS
Was du nicht sagst >.<

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Wie dem auch sei, zumindest hätte ich
es nicht zulassen dürfen, dass wir uns
so nahe kommen, während du sicherlich
nicht genau wusstest, was du tust

Jetzt bist du irritiert? Wieso sagt er das? Er hat dir doch angeboten, euch zu treffen... Erst spamt er dich den einen Abend mit Sex-Nachrichten voll, dann wird er freundlich, lieb und hilfreich... du fühlst dich verstanden. Und zuletzt küsst er dich und bereut nun alles?

Plötzlich steigen Wut und Enttäuschung in mir auf, wenn du darüber nachdenkst, ihn geküsst und mich auf ihn eingelassen zu haben. War das für ihn alles nur ein dummes Spielchen?
Du bist wirklich kurz davor, ihm genau das zu schreiben, würdest du nicht weiterhin wissen wollen, was er noch zu sagen hat, um sich vielleicht noch den Arsch zu retten.

MY DUMB ASS
Du warst doch so erpicht darauf,
mir nahe zu sein?? Was soll das
jetzt...

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Aber in deinem Zustand kann ich
nicht zulassen, dass du mir so nahe
kommst. Das ist alles, (y/n)

MY DUMB ASS
....

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Klingt meine Erklärung so abwegig?

MY DUMB ASS
Ich frage mich nur, ob du trotz
alledem wirklich an mir interessiert
bist...

MY DUMB ASS
Klar spricht dein Verhalten dafür

MY DUMB ASS
Aber der Kuss gestern... du kamst mir
so unglaublich bekannt vor...

MY DUMB ASS
Nicht nur, weil wir all die Zeit
miteinander geschrieben haben...
von deinem Äußerlichen... deine
ganze Erscheinung

Inzwischen ist dir sichtlich unwohl. Du willst endlich wissen, woran du bis und wer sich tatsächlich hinter dieser Nummer verbirgt. Doch alles zieht sich so in die Länge und dein ungutes Gefühl nimmt in deinem Bauch langsam Überhand...

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Vielleicht ist es ja genau das, was
du denkst, Kleine

HE FEELS LIKE MY
CRUSH *CRYING AGAIN*
Vielleicht hast du nur Angst, es dir
einzugestehen, Darling

➴ ➴ ➴

aiii