„Ja, wenn unser Haus dann noch steht!"
„Das Bettzeug hier ist so kratzig“, hörte sie Lucys Stimme sagen. Hatten die Dienstmädchen etwa das kratzigen Bettzeug benutzt, dass sie eigentlich schon längst in den Müll hatten werfen wollten? „Der Krieg dauert nicht ewig“, sagte Susan zuversichtlich. „Wir sind bald wieder zu Hause.“ Mirijam senkte traurig den Kopf. Die armen. „Ja, wenn unser Haus noch steht“, sagte Edmund. Mirijam erschrak. Sie hatte bemerkt, dass Edmund nicht all zu positiv eingestellt war, doch er konnte Lucy doch nicht solche Angst machen! „Du solltest längst schlafen, Edmund!“, sagte Susan verärgert. „Ja Mom“, sagte Edmund genervt. Mirijam war mehr als schokiert und auch Peter schien jetzt wütend zu werden. „Ed!“ Dann sagte er in weicheren Tonfall:„Siehs doch Mal so, hier ist jede Menge Platz, Lucy. Wir können einen riesen Spaß haben! Morgen wird ein toller Tag. Ganz sicher!“ „Peter hat Recht“, sagte Susan. „Du wirst sehen!“
Mirijam wollte eigentlich wieder gehen, doch sie hörte Schritte, die zur Tür liefen und dann beschloss sie zu klopfen und so zu tun, als hätte sie nichts gehört.
Also klopfte sie. Die Schritte hielten für den Bruchteil einer Sekunde inne, dann liefen sie aber weiter zur Tür. Susan öffnete, lächelte ihr zu und ließ sie herein. Sie sah, dass sich alle in diesem Zimmer versammelt hatten und Lucy schon im Bett lag. Peter stand am Ende ihres Bettes und Edmund saß in einem der Sessel. „Und, wie geht es euch so?“, fragte Mirijam. „Es ist toll hier“, sagte Susan. Edmund zog eine Augenbraue in die Höhe, aber das konnte nur Mirijam sehen. „Ist das Bett bequem?“, sagte sie zu Lucy, denn sie wollte das Bettzeug austauschen, nachdem Lucy gesagt hatte, dass es so kratzig war, aber sie wollte nicht zugeben, dass sie an der Tür gelauscht hatte. „Das Bettzeug ist ein wenig kratzig“, sagte sie. Mirijam trat näher und strich einmal über das Bettzeug. „Ich glaube, Margaret hat das unbeliebte Bettzeug genommen. Ich kann es morgen auswechseln, in Ordnung?“
Lucy nickte. Susan lächelte Mirijam dankbar zu. „Wollt ihr noch ein wenig allein reden? Dann lass ich euch nämlich in Ruhe“, sagte Mirijam. „Also, von mir aus kannst du da bleiben“, sagte Edmund. Mirijam schaute ihn erstaunt an. „Was?“, fragte er. „Nichts, nichts, Eddie“, sagte sie und musste fast grinsen. Edmund sah sie verwirrt an. Eddie? „Und die übrigen?“, fragte Mirijam die restlichen Pevensies, von denen Peter und Susan viel zu beschäftigt mit Edmunds Aussage waren, um ihr zu zuhören. Lucy grinste und sagte:„Ja, bleib gern noch da!“ Mirijam setzte sich in den zweiten Sessel. „Ich kann euch morgen die Umgebung zeigen, wenn ihr wollt. Natürlich nur, wenn es nicht regnet“, meinte sie. „Und natürlich auch nur, wenn ihr das wollt. Ihr könnt auch auf Entdeckungsreise gehen!“ Mirijam schaute den Pevensies nacheinander ins Gesicht. Lucy grinste, als sie sah, dass Peter ein wenig rot geworden war und auf seine Hände schaute. Was war denn mit ihm los? Auch Susan bemerkte das, aber sie wusste sehr gut, was mit ihm los war. Peter bemerkte, dass Susan ihn anstarrte und lieferte sich ein Blickduell mit ihr. Susan gewann und Peter schaute wieder auf seine Hände.
„Was hat eigentlich vor dem Essen so gescheppert?“, fragte Susan auf einmal. „Oh, das war der Professor, der die Vase wieder einmal umgestoßen hat. Aber diesmal ist das hässliche Ding endlich kaputt gegangen“, sagte Mirijam. „Der Professor schmeißt Vasen um?“, fragte Susan erstaunt. „Witzig, dass du und Peter die gleichen Fragen stellen“, sagte Mirijam grinsend. Susan schaute erstaunt zu Peter. Der zuckte mit den Schultern. „Ist euch eigentlich schon einmal aufgefallen, dass immer nur Susan und Mirijam miteinander reden?“, fragte Lucy. Edmund zuckte mit den Schultern. Susan und Mirijam sahen sich an. Dann lachten sie. Eigentlich wollte Mirijam noch reden, aber ihr fiel nichts ein. „Ich glaube, wir sollten langsam ins Bett gehen“, sagte Peter. „Damit wir morgen auch schön ausgeschlafen sind.“ Alle stimmten zu, außer Edmund, der murrte. Mirijam verflüchtigte sich in ihr Zimmer und setzte sich auf ihr Bett. Sie dachte an die Pevensies, und wie sehr sie wohl ihr Zuhause vermissen mussten. Und sie begann zu weinen, weil sie ihr so Leid taten.
Am nächsten Tag hatte Mirijam Kopfschmerzen, deshalb wachte sie sehr früh auf. Sie hatte noch lange geweint, aber die Kopfschmerzen waren nicht deshalb. Die Kopfschmerzen kündigten die seltsamen Träume von ihren Eltern an.
Wie gesagt wachte sie früh auf und obwohl es vermutlich gesünder gewesen wäre, liegen zu bleiben, stand sie auf und öffnete die Vorhänge. Sie erwartete eigentlich den ersten Sonnenschein, doch kam keiner. Draußen regnete es in Strömen. So konnten die Pevensies unmöglich raus gehen. Also musste wohl doch die Hauserkundungstour einen Tag vorgeschoben werden. Mirijam setzte sich auf den einzigen Stuhl, den sie besaß, den Klavierstuhl. Sie bevorzugte es, auf dem Boden oder auf ihrem Bett zu sitzen, doch auf dem Klavierstuhl konnte sie am Besten nachdenken. Dort fielen ihr auch immer wieder Melodien ein, die sie in ein kleines Notenbüchlein hineinschrieb, aber nie zu Ende führte. Auch jetzt schwebte eine Melodie in ihrem Kopf. Es war nur eine Abfolge von Tönen, aber es war wunderschön. Mirijam nahm das Notenbuch und einen Stift und begann, die Melodie aufzuschreiben. Aber als sie mit den ersten paar Tönen fertig war, fielen ihr die nächsten ein, und so ging es immer weiter. Nach ein paar Minuten hatte sie zwei Seiten vollgeschrieben. Sie schaute stolz darauf.
Dann machte sie sich auf den Weg in das Badezimmer, dass sie benutzte. Heute hatte sie wieder Mal eine große Auswahl an Kleidungsstücken... Die Röcke hatten zwar verschiedene Farben, aber die Oberteile waren alle weiße Blusen. Also nahm sie eine von den Blusen und einen braunen Rock. Wobei braun es nicht ganz trifft. Es war eine Mischung aus orange und braun. Als sie sich fertig gemacht hatte, lief sie in die Küche, dort stand nämlich eine Uhr. Es war fünf. Sie seufzte schwer. Nicht einmal raus konnte sie, weil es regnete. So ein Mist. Mirijam beschloss, einfach im Haus herumzulaufen und nicht auf den Weg zu achten. Sie musste nicht aufpassen, dass sie leise lief, um keinen zu wecken, denn sie ging von Natur aus so leise, dass keiner sie hören konnte. Auf einmal bemerkte sie, dass sie zu den Zimmern der Pevensies lief und zwang sich, in eine andere Richtung zu laufen. Und auf einmal war vor ihr eine dunkle Tür, die Wände waren auch aus dunklem Holz, genauso die Decke. Dann überkam sie die erste Erinnerung und ihre Beine knickten unter ihr weg.
Das erste was Mirijam bemerkte, war die Angst, die ihr jüngeres Ich fühlte. Und das zweite die Dunkelheit. Sie saß in einem dunklen Wald auf einem Stein. Die jüngere Mirijam weinte und sie war wütend. Aber nicht auf irgendjemanden, sondern auf sie selbst. Langsam wusste die ältere Mirijam auch wieso. Sie hatte sich von einer Versammlung im Wald davon geschlichen und auf einmal war die Sonne weg gewesen. Jetzt saß sie zusammengekauert auf einem Stein und hoffte, dass jemand sie finden würde.
Und auf einmal lag sie wieder auf dem Boden im Anwesen des Professors. Sie stand schnell auf, strich die Falten auf ihrer Kleidung glatt und rieb sich über das Gesicht, dass sich anfühlte, als hätte sie tatsächlich geweint, was sie aber nicht hatte. Es wäre ihr nur zu peinlich, wenn jemand sie gesehen hätte. Dann ging sie schnell wieder zurück in die Küche. Dort auf der Uhr war es nun schon sechs. Sie setzte sich an den Tisch, dann stand sie auf und fing an den Tisch zu decken, dann setzte sie sich wieder. Sie spielte mit dem Besteck, bis ihr eine Gabel herunterfiel. Dann saß sie still auf ihrem Stuhl und fühlte sich leer und lustlos. Und dann schlief sie wieder ein.
Sie saß wieder auf dem Stein und wartete. Wenigstens die Sonne könnte sich doch wieder zeigen! Doch das tat sie nicht. Es wurde immer dunkler und dunkler. Die jüngere Mirijam wurde Müde, aber es war eine seltsame Müdigkeit. Normalerweise konnte Mirijam nämlich wachbleiben, wenn sie wollte, doch bei dieser Müdigkeit funktionierte das nicht. Sie zwang sich, ihre Augen offen zu halten, doch sie musste sie immer weiter schließen und als sie fast eingeschlafen war, hörte sie jemanden sagen:„Nanu! Ist das nicht... Doch natürlich, das ist sie!“ Die ältere Mirijam kannte die Stimme, doch sie wusste nicht wem sie gehörte. Die jüngere Mirijam kannte die Stimme nicht, doch half ihre weitere Angst ihr nicht beim Wachbleiben. Sie schlief ein, als die Person sie hochhob.
Mirijam wachte wieder auf, diesmal war es halb sieben. Sie überlegte, wer der Sprecher dieser Stimme sein konnte. Dann streckte sie sich ausgiebig. Die Kopfschmerzen waren nicht mehr schlimm, aber sie wusste, dass sie wieder schlimmer werden würden. Dann betrat Margaret den Raum. „Schon auf den Beinen?“, fragte sie erstaunt und musterte den gedeckten Tisch. „Ja, ich konnte nicht schlafen“, sagte Mirijam. „Euer Plan mit dem hinausgehen wird wohl nichts“, sagte Margaret. „Was auch immer ihr tut, bitte seid nicht so laut. Mrs Macready kam erst vor ein paar Stunden heim.“ „Wo war sie denn?“, fragte Mirijam. „Davon hab ich doch keine Ahnung, Mirijam“, sagte Margaret kopfschüttelnd. Mirijam seufzte. Sie hatte das Gefühl, dass Margaret ganz genau wusste, wo Mrs Macready gewesen war.
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