𝟎 𝟔 𝟑
Jimin kam erst um 15 Uhr Zuhause an, da die Vorbereitungen bis 13 Uhr gingen und die Fahrzeit noch extra zwei Stunden beanspruchte. Das Putzen und Dekorieren machte den Studenten verdammt müde, dennoch musste er wach bleiben, da er noch einige andere Sachen zum Organisieren hatte. Taehyungs jüngerer Bruder Jeonggyu konnte Jeongguk zum Glück all die Zeit über beschäftigen, weshalb der Student gar nicht einmal realisierte, dass Jimin für solange Zeit wegblieb.
In mindestens einer Stunde musste Jimin all sein Zeugs vorbereiten und Jeongguk überreden, sich entführen zu lassen, da die Zwei um spätestens 18 Uhr auf der Matte stehen mussten. Ob er Jeongguk aber nach all der Streiterei überreden konnte, stand noch in den Sternen. Jimin hoffte natürlich nur für das Beste und hievte sich schwerfällig von der Couch, als sich die Eingangstür der Wohnung öffnete. Junghyun war nicht Zuhause, da er ja seine Freundin vom Flughafen holen musste, weshalb es auch nur Jeongguk sein konnte.
»Hallo?«, rief die altbekannte Stimme und breit grinsend schritt Jimin seinem Freund entgegen, der beim Anblick des Schwarzkopfes sofort eine Miene wie sieben Tage Regenwetter bekam.
»Ah, du bist es nur«, meinte Jeongguk ernüchtert und schmiss seinen Rucksack in ein Eck des Eingangbereiches, nur um mit gleichgültiger Miene an Jimin vorbei zu stolzieren.
Jimin folgte dem Hellhaarigen, nahm Anlauf und sprang ihm wortwörtlich auf den Rücken, sodass Jeongguk ein wenig strauchelte und überrascht fragte, was das sollte.
»Alles, alles Gute zum Geburtstag!«, zwitscherte Jimin ihm ins Ohr, ließ sich von seinen breiten Schultern gleiten.
Der Jüngere drehte sich um, sah Jimin nun direkt an und für den Bruchteil einer Sekunde glänzte Wärme in seinen eintönigen Augen, die aber auch wieder schnell verblasste.
»Danke«, sagte der Rothaarige und hob seine rechte Hand, um Jimin seinen Daumen zu präsentieren.
Sanft umschloss Jimin die große Hand mit seiner und musterte den Größeren warm.
»Jeongguk«, begann er vorsichtig und interessiert runzelte Jimins Gegenüber die Stirn, blieb aber überaschenderweise ruhig.
»Ich weiß, dass es zwischen uns aktuell ein wenig... angespannt ist, aber ich möchte dir trotzdem einen schönen Geburtstag bescheren.«
Überrumpelt weitete der Größere seine Augen und legte den Kopf schief. Er schien mit seinem Stolz zu ringen, knickte letztendlich aber ein.
»Na gut... Aber nur heute!«, zischte er mit harschem Unterton, den Jimin einfach überhörte.
Heute Abend hatte er sich fest vorgenommen, Jeongguk sein lang ersehntes Geständnis zu überbringen. Er hatte es sich verdient und Jimin war mittlerweile der Überzeugung, dass Jeongguk es wirklich ernst meinte mit ihm. Immerhin akzeptierte der Rothaarige fast alle Macken an ihm. Seine Angst vor zu schnellen Bewegungen, die Furcht vor zu lauten, wütenden Stimmen und die Albträume, die Jimin noch des Öfteren quälten. Jeongguk nahm alles hin, verstand endlich, dass Jimins Wunden sehr viel Zeit zum Genesen beanspruchten.
Das einzige, was der Jüngere ihm nicht glaubte, oder Übel nahm, war dass Jimin nicht auf Hyuk schoss. Nur weil Jimin kein Mörder sein wollte, bildete sich Jeongguk ein, dass Jimin viel lieber auf ihn, als auf seinen Ex geschossen hätte. Dass es aber völliger Blödsinn war, passte nicht in Jeongguks sturen Kopf. Tief holte Jimin Luft und umrahmte Jeongguks Gesicht, das aufgrund der Außenwelt ein wenig gekühlt war. Heute würden sie sich endlich komplett ausreden.
»Wo sind dann meine Geschenke?«
Jeongguks freche Frage holte Jimin aus seiner gedanklichen Planung und gespielt böse kniff er seinem Gegenüber in die kalte Wange.
»Du benimmst dich ja wie ein Kind«, murmelte der Schwarzhaarige, konnte sich aber nicht das warme Lächeln verkneifen.
»Ich hab' sogar mehrere Geschenke für dich«, fügte Jimin noch hinzu und strich Jeongguk die herabfallenden Strähnen aus dem Gesicht.
»Ach ja?«, hinterfragte der Ältere mit einem verschmitzten Grinsen.
Jimin überprüfte schnell die Uhrzeit auf seiner Armbanduhr, ehe er mit den schmalen Augen wieder Jeongguks nun entspannte Miene ansah.
»Ja, aber das wird eine Überraschung. Komm.«
Verwirrt sah Jeongguk dem Kleineren hinterher, der sich ins Schlafzimmer verzog. Jimin konnte wortwörtlich Jeongguks perverse und falsche Hoffnungen wie Nadeln auf der Haut spüren und seine Vermutung bestätigte sich auch, als er die großen Hände auf den Hüften fühlte.
»Nein, nicht so eine Überraschung«, meinte der Schwarzhaarige kühn und zog sich nebenbei um.
Statt der gammeligen Jogginghose trug er nun eine schicke, schwarze Jean mit dunkelblauem T-Shirt und einer Lederjacke drüber. Er entschied sich für simple Turnschuhe, die schon einiges mitgemacht hatten. Das sah man ihnen aber auch an. Jimin zuckte innerlich nur mit den Schultern. An den Ort, an den sie hingingen, juckte das kein Schwein, wie dreckig die Schuhe von einem waren.
Jeongguk hatte sich in der Zwischenzeit auf das Fußende des Bettes gesetzt und zog eine schmollende Schnute, als Jimin seine gierigen Hoffnungen zunichte gemacht hatte.
»Du sollst dich auch umziehen«, sprach Jimin und sah Jeongguk an, der patzig seine Wangen aufblies.
Etwas genervt hob Jimin die Augenbrauen an und schenkte dem Jüngeren einen eindringlichen Blick, sodass er sich mit verdrehten Augen in Bewegung setzte.
Jeongguk wollte Jimin anscheinend in Verlegenheit bringen, da er sich für ein perfektes Partner-Outfit entschied. Er trug die exakt selben Sachen in den gleichen Farben, was Jimin ungewollt erröten ließ.
»Ya, das ist echt kitschig«, flüsterte der Schwarzhaarige und mied Blickkontakt mit seinem grinsenden Gegenüber.
»Komm jetzt. Ich bin ein bisschen unter Zeitdruck«, kommandierte Jimin, wirkte wie ausgewechselt und verließ das Schlafzimmer, bevor Jeongguk überhaupt die Chance hatte, genauer nachzufragen.
Im Vorzimmer nahm er Jeongguks Autoschlüssel von der kleinen Kommode, öffnete die Tür und bedeutete seinem verwirrten Partner, die Wohnung zu verlassen. Mit verdutztem Blick schob sich Jeongguk an ihm vorbei und sofort sperrte Jimin die Tür ab, nur um Jeongguk zu folgen.
»Warum fährst du eigentlich?«, fragte Jeongguk, als die Zwei zu den Parkplätzen schritten.
»Weil darum«, antwortete Jimin und hatte die Augen auf den schwarzen Hyundai verfestigt.
»Kannst du überhaupt Autofahren? Hast du überhaupt einen Führerschein?«
Jimin ignorierte die bescheuerten Fragen, die im Endeffekt total überflüssig waren. Hätte er keinen Führerschein, hätte er sich auch nicht selbst zum Fahrer für den heutigen Abend anerkannt. Schnell befahl er dem Jüngeren sich auf den Beifahrersitz zu pflanzen, während er noch eine Augenbinde von der Rückbank holte und danach seinen Platz hinter dem Lenkrad einnahm.
»Für was ist die denn?«, fragte Jeongguk und zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen, weigerte sich immens gegen das Anliegen der Binde.
»Stell' dich nicht so an. Du darfst nicht wissen, wohin wir fahren«, zischte Jimin etwas gereizt und nach ewiger Diskussion gab Jeongguk letztendlich nach und ließ sich die Augen verbinden.
Jimin fuchtelte mit seiner Hand vor Jeongguks Gesicht herum, täuschte ein paar Schläge an und als er sich sicher war, dass der Jüngere nichts durchsehen konnte, zückte er sein Handy aus der Jackentasche und benachrichtigte Taehyung, dass sie sich jetzt auf den Weg machten.
Jimins bester Freund antwortete sofort und schwärmte schon von all den Gästen und dem Alkohol, der in Mengen mitgebracht wurde. Schmunzelnd schüttelte Jimin den Kopf, legte das Handy Beiseite und schaltete das Navi ein. Mit zitternden Fingern tippte er die Adresse von Mahiros Ferienhaus ein und startete den Motor. Geschmeidig fuhr er vom Parkplatz, sauste durch die Innenstadt und erreichte bald darauffolgend die Stadtgrenze. Er war froh, die Stadt ein wenig hinter sich zu lassen, auch wenn es nur für eine Nacht war.
Die Luft am Meer war ja kein Vergleich zu der Verpesteten, die wie Gift durch die Hochhäuser kroch. Außerdem lagen sie ziemlich abgelegen. Sprich, man hörte so gut wie keinen Verkehr, konnte nur das Rauschen der Meereswellen vernehmen. Nun gut, heute würde es ziemlich rund gehen, aber ansonsten war es da draußen fast mucksmäuschenstill. Jimin war außerdem sehr überrascht von sich selbst. Das letzte Mal, als er in einem Auto saß und es selbst steuerte, lag nun schon drei Jahre zurück. Hyuk hatte ihm immer das Fahren untersagt, es regelrecht verboten.
Es war mal wieder ein tolles Gefühl, das Steuer zu übernehmen und auf das Gaspedal zu drücken. Jimins Geist und Seele fühlten sich wieder wie quicklebendig. Als Jimin endlich auf die Autobahn auffuhr, entspannte er sich und legte seine rechte Hand sanft auf Jeongguks Oberschenkel, der in der kurzen Zeit weggedöst war. Der Schwarzhaarige hoffte inständig, dass Jeongguk die Party gefallen würde.
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