
𝟐𝟎 | 𝐦𝐢𝐬𝐟𝐨𝐫𝐭𝐮𝐧𝐞
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,,SOLLEN WIR VIELLEICHT lieber wieder zurück zum Palast?", flüsterte mir Loki besorgt zu, als sich meine Hand immer mehr in seiner verkrampfte. Auch wenn ich wusste, dass er es nur fürsorglich meinte, konnte ich doch jetzt nicht einfach zurück. Wenn, dann wollte ich die ganze Wahrheit wissen. Ich wollte all das wissen, was ich nach meiner Flucht verpasst hatte.. wofür ich verantwortlich gewesen war.
Kurz atmete ich tief ein, versuchte mich wieder zu konzentrieren. Den Hass und die Trauer die ich spürte, zu verdrängen. ,,Was ist danach passiert? Warum ist das Dorf wie ausgestorben?", fragte ich die alte Frau, versuchte dabei nicht weiter auf meine Familie einzugehen. Ich konnte es nicht. Der Gedanke daran sie hier hilflos zurückgelassen zu haben, während ich feige geflüchtet war, ließ mich verrückt werden. Ließ den Hass mir gegenüber immer größer werden.
Die Frau wechselte kurz ihren Blick zwischen mir und Loki, der meine Hand noch immer fest umklammerte. Auch wenn ich mich zuerst wieder aus seinem Griff befreien wollte, ließ ich es doch zu. Wenigstens noch ein bisschen.. es gab mir gerade einfach den Halt, den ich brauchte.
Mein Blick wendete sich wieder zu der Dame, als diese plötzlich schuldig seufzte. ,,Nachdem, was diese Männer dir und deiner Familie angetan hatten, schien das Dorf von einem Fluch belegt worden zu sein. Zuerst waren es nur kleine Vorkommnisse. Geschirr ging kaputt, Essen verfaulte nach kurzer Zeit, Tiere verendeten plötzlich, Wälder fingen aus dem Nichts an zu brennen.. doch es wurde mit der Zeit immer schlimmer.
Als dann plötzlich die Personen, die an der Ermordung deiner Familie beteiligt waren, Krankheiten bekamen, in Unfällen verwickelt waren, oder sogar plötzlich starben, brach Panik in dem Dorf aus. Sie alle brachten diese Geschehnisse mit dir in Verbindung. Dachten du seist eine Hexe.. wurdest sogar die Göttin des Unglücks genannt. Es dauerte nicht lang, bis die ersten Bewohner das Dorf verließen. Nach und Nach wurden es immer mehr.
Irgendwann waren nur noch eine Hand voll Bewohner hier, die Alten und die Schwachen, die diese lange Reise nicht auf sich nehmen konnten. Darunter zählen auch mein Mann und ich", erzählte uns die Frau von dem, was hier geschehen war.
Auch wenn ich froh darüber war, dass diese Männer ihre gerechte Strafe bekommen hatten, fühlte ich mich schuldig für das Schicksal der anderen Menschen. Immerhin musste nicht nur ich und meine Familie unter den Taten leiden, sondern auch sie. Auch ihr einstiges Zuhause gab es nicht mehr, ihre Familien waren fort, sie hatten Angst um ihr Leben.. vor dem Fluch, der sie Heim suchte, scheinbar ausgelöst von mir selbst.
,,E-Es tut mir so unglaublich Leid, was hier passiert ist wirklich i-ich", stotterte ich schuldbewusst, doch die Frau vor mir fing nur wie wild an mit dem Kopf zu schütteln.
,,Nein Kleine, mach dich deshalb doch nicht verrückt. Ich glaube nicht an so etwas wie einen Fluch, den du über dieses Dorf gebracht hast. Was es auch immer war, diese Männer haben die Strafe die sie bekommen haben auch verdient, egal woher diese auch kam. Verstehst du?", sprach die Frau mir aufmunternd zu.
Ich löste meine Hand nun endlich von Loki und nahm sie sanft in den Arm, versuchte dabei meine aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Vielleicht hatte sie recht gehabt, auch wenn das Gefühl, dass ich doch etwas mit den Geschehnissen zutun hatte, einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte. Aber wie sollte ich es auch wissen, immerhin hatte ich keine einzige Erinnerung mehr daran.
,,I-Ich werde ihnen helfen, okay? Sie können in ein anderes Dorf umziehen, dafür werden wir sorgen", versprach ich ihr. Als ich mich wieder aus der Umarmung löste, blickte ich erwartend zu Loki. Immerhin war es wohl doch nicht ganz meine Entscheidung, die Umsiedlung anordnen zu können. Aber Loki konnte es. Zuerst sah er mich verwirrt an, bevor er verstand auf was ich hinaus wollte und daraufhin ruhig nickte.
Das war es also. Ich hatte jetzt meine Antworten. Ich wusste nun all das, was noch im Unklaren gestanden hatte. Es war vorbei. Die ewige Suche nach dem wer ich war, woher ich kam, wo sich meine Familie befand, sie war zu Ende. Und was jetzt? Mein vorheriges Leben gab es nicht mehr. Selbst wenn ich gewollt hätte, meine Vergangenheit war Geschichte. Das Dorf gab es nicht mehr, meine Familie war tot, Hilda wurde durch Layla ersetzt. Ich hatte nicht einmal mehr eine Erinnerung an mein altes Leben. Es war fort, würde in komplette Vergessenheit geraten.
Wir verabschiedeten uns nun endgültig von der alten Frau, nachdem ich mich noch ein paar dutzend Male bei ihr bedankt hatte, bevor sie hinter der Haustür verschwand.
Ohne noch ein weiteres Wort mit Loki zu wechseln, ging ich in Richtung des Pferdes. Ich musste von hier weg, erst einmal einen klaren Gedanken fassen. Zu viel hatte ich die letzte Stunde erfahren. Stumm ging Loki neben mir her. Auch wenn ich eigentlich dankbar dafür war, dass er wenigstens jetzt mal seinen Mund hielt, konnte ich nicht vergessen, was die Frau gesagt hatte.
,,Denkst du, ich bin daran Schuld was hier passiert ist? Das ich dieses Unglück geschickt habe?", fragte ich ihn, wollte wirklich seine ehrliche Meinung wissen. Wenn sich jemand mit diesem Hexenzeug auskannte, dann wohl Loki. Für einen kurzen Moment sah er nach Vorn, schien über meine Worte nachzudenken.
,,Layla.. ich.. ich weiß es nicht, wirklich. Du hast besondere Kräfte, also ist es nicht auszuschließen. Aber ich denke nicht, dass du es warst, die das Unglück über das Dorf gebracht hat.. zumindest nicht wissentlich", antwortete er mir, sah dann aufrichtig in meine Augen. So ganz verstehen konnte ich jedoch nicht, was er damit sagen wollte.
,,Und wer war es dann?", fragte ich ihn deshalb. Doch scheinbar hatte Loki darauf keine Antwort. ,,Ich kann dir das nicht sagen. Vielleicht bist du eine Göttin, von der vorher noch niemand etwas gehört hat, vielleicht aber auch nicht. Du kannst mit dem Ort verbunden sein, der sich deshalb durch dein Verschwinden gerächt hat. Vielleicht gab es in dem Dorf aber auch eine weitere Hexe, die für dich und deine Familie Gerechtigkeit wollte. So wirklich kann das wohl niemand sagen", versuchte mir Loki zu helfen, auch wenn ich förmlich spüren konnte, wie frustriert er war.
Immerhin hatte er mir ja zu verstehen gegeben, dass er alles dafür tun würde, um herauszufinden, wer ich war. Auch er war unzufrieden über das, was wir heute herausgefunden hatten. Wir beide kamen wohl mit den gleichen Erwartungen hier her, waren viel zu optimistisch. Es war wirklich Zeit, dass wir endlich von hier verschwinden würden.
Doch genervt rollte ich mit den Augen, als Loki meine Aufmerksamkeit auf sich zog, als er aufgeregt in eine Straße zeigte, in die er scheinbar einbiegen wollte.. und das obwohl wir doch fast das Ende des Dorfes erreicht hatten. Seufzend folgte ich ihm, wollte es einfach nur hinter mich bringen. Doch als ich verstand wohin er mich locken wollte, fühlte es sich so an, als würde mein Herz schwer werden.
,,N-Nein.. Nein ich kann da nicht hingehen", sagte ich Kopfschütteln zu ihm, wollte umdrehen, doch er hielt mich zurück, packte meine Hand. ,,Lass uns doch einfach nur nachschauen", sagte Loki, runzelte dabei die Stirn. Okay Layla, du bist so weit gekommen, das wirst du auch noch schaffen. Angespannt atmete ich einmal tief ein, bevor wir zusammen den Friedhof betraten.
Die Anlage war heruntergekommen, die Blumen vertrocknet, die Gräber teilweise verwüstet. Selbst die meisten Grabsteine waren eingerissen, kaum konnte man die Schrift darauf lesen. Zögerlich ging ich durch die Reihen, hoffte, dass ich durch die Namen an irgendwelche Erinnerungen kam, doch auch diese bewirkten gar nichts. Ich musste mir wohl endlich eingestehen, dass Nichts und Niemand mir dabei helfen konnte. Sie waren fort, für immer aus meinem Gedächtnis gelöscht.
Doch plötzlich blieb ich wie erstarrt stehen, als mir ein beinahe unbeschädigter Grabstein in die Augen fiel. Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei, doch trotzdem näherte ich mich ihm. Als ich fast direkt vor ihm stand, konnte ich die Namen lesen.
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In Gedenken an
Leif Halfdanson
Frida Thokesdottir
Erik Leifson
Estrid Leifsdottir
•°•
Starr blickte ich auf die Namen der Verstorbenen. Auch wenn ich nicht wusste, wie meine Familie hieß, kannte ich meinen richtigen Namen mittlerweile. Hilda Leifsdottir. Sie waren es. Meine Familie.
Sofort schossen mir Tränen in die Augen. Verdammt, nicht sie sollten auf diesem Stein stehen, sondern ich. Mit zitternden Fingern strich ich über ihre Namen, fiel dabei auf die Knie. Es war alles so unfair. Es war so verdammt unfair, was mit ihnen geschehen war. Mein Schluchzen wurde lauter, mein wimmern schmerzhafter. Ich konnte nicht einmal aufhören, als ich bemerkte, dass sich Loki zu mir gesetzt hatte. Jetzt war es auch egal, wie er mich sah. Er konnte sich doch schon längst denken, dass ich die Fassade der starken, unabhängigen Agentin abgelegt hatte und nur noch das weinerliche Mädchen war, dass Toten hinterher trauerte, an die sie sich nicht einmal mehr erinnern konnte. Jedoch schaute ich zu Loki auf, als dieser mir sanft über den Arm strich.
,,I-Ich habe einfach niemanden mehr. Zuerst stirbt Coulson und jetzt erfahre ich, dass meine gesamte Familie seit Jahren tot ist?!", sprach ich brüchig, eher zu mir selbst, als zu ihm. Doch trotzdem bemühte er sich mir zu antworten. ,,I-Ich weiß nicht ob es zählt, aber du hast doch noch die Avengers, sie sind deine neue Familie", antwortete er mir flüsternd.
Doch bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, brach ich erneut zusammen, ließ mich in Lokis Arme fallen, der mich festhielt. Gott, es fühlte sich gerade so unbeschreiblich gut an, dass er bei mir war. Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie es gewesen wäre, allein hier her zu kommen.
Als ich mich langsam wieder beruhigen konnte, löste ich mich wieder von ihm.. jedoch nicht ganz. Während mich seine Arme noch an der Hüfte festhielten, hatte ich meine um seinen Nacken gelegt. Wir beide sahen uns dabei direkt in die Augen. Während meine noch rot und angeschwollen vom Weinen waren, schienen seine zu Funkeln.
Ein Gefühl breitete sich in mir aus, dass ich nicht so ganz zuordnen konnte. Wärme, Sicherheit.. oder doch mehr? Ich spürte, wie wir beide scheinbar kein Problem mit dieser Berührung hatten, uns, ohne dass ich es mitbekommen hatte, immer näher kamen. Doch als Loki sanft über meine Wange strich, mir dabei eine lose Haarsträhne hinter das Ohr legte, spannte sich mein Körper wieder an.
Verdammt, was zur Hölle taten wir hier?! Sofort löste ich mich von ihm, rutschte auf dem kühlen Boden ein Stück zurück. Wir beide schienen nicht ganz zu begreifen, was das für ein Moment zwischen uns gewesen war. Was wir vielleicht getan hätten, wenn ich es nicht gestoppt hätte.
Doch bevor diese Situation noch unangenehmer wurde und Loki etwas dazu sagen konnte, stand ich auf, machte mich auf den Weg zurück zum Pferd, hörte dabei, wie er mir hinterher lief.
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Hey, ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen! Ich habe übrigens schon an dem Script weitergeschrieben, ihr könnt euch also auf einiges freuen. :) Wäre übrigens toll, wenn ihr mir etwas Feedback da lassen könntet und sagt, wie euch die Geschichte soweit gefällt!
lea <3
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