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"Pain is temporary. Regret is forever."
ƸӜƷ
~Lucius Malfoy~
An Schlaf war seit dem Vorfall mit Draco nicht mehr zu denken. Lucius hatte fast die ganze Nacht im Krankenflügel wachgelegen und über sein Leben nachgedacht. Erst in den frühen Morgenstunden war er schließlich eingenickt.
Als er aufgewacht war, hatte Hermine in dem Bett neben Draco gesessen und versucht ein Buch zu lesen. Ihre gerunzelte Stirn und ihr gelegentliches frustriertes Seufzen hatte ihm jedoch gezeigt, dass sie nicht sonderlich erfolgreich gewesen war.
Bei der Erinnerung an ihren verkniffenen Gesichtsausdruck, huschte ein leichtes Lächeln über seine Züge.
Die Tatsache das Hermine über keinerlei Magie verfügte, hatte ihn wie ein Fausthieb ins Gesicht getroffen. Sein Plan ihre Magie zu stehlen, war zu diesen Zeitpunkt zwar schon weit in den Hintergrund gerückt, aber das hatte er nicht erwartet.
Dennoch hatte seine einzige Sorge zu diesem Zeitpunkt einzig und allein Draco gegolten.
Für eine gefühlte Ewigkeit hatte er in dem Glauben gelebt, seinen Sohn verloren zu haben. Es war erstaunlich, wie unwichtig manche Dinge auf einen Schlag wurden, wenn einem vor Augen geführt wurde, was man zu verlieren hatte.
Nachdem er sich bei seinem Sohn für sein Verhalten entschuldigt hatte, war er in Hermines Büro im Krankenflügel gegangen, um Severus zu holen.
Draco wollte ihm erklären, was genau passiert war und Lucius war es ganz recht, nach dem Gespräch mit seinem Sohn etwas Zeit allein mit Hermine zu haben.
Entgegen seinen Erwartungen hatte er allerdings eine den Tränen nahen Hermine gefunden, die völlig aufgelöst wirkte. Er hatte nicht viel überlegen müssen, wer dafür verantwortlich war. Severus hatte von Beginn an das Talent gehabt, andere Menschen zu verletzen und er machte auch bei Hermine keine Ausnahme.
Das einzige Problem war nur, dass diese Gefühle für ihn hatte – so wie er für sie.
Es war zwecklos diese Tatsache länger zu leugnen. Was genau ihn dazu gebracht hatte, solche Gefühle zu entwickeln wusste Lucius selbst nicht. Vielleicht waren es all die unzähligen Abende, die er mit Hermine in der Bibliothek verbracht hatte. Alle die Gespräche bis spät in die Nacht. Oder die schlichte Tatsache, dass diese junge Frau völlig anders war als jede Frau, die er kennengelernt hatte.
Selbst Narzissa hatte ihm nicht dieses Gefühl von Verständnis übermittelt, wie es Hermine tat. Ihre offene und herzliche Art hatte etwas Entwaffnendes an sich und es hatte nicht lange gedauert und sie hatte ihn in seinen Bann gezogen.
Sie war mit der Grund, warum er sich an jenem Abend im Eberkopf so betrunken hatte. Er hatte schlicht und ergreifend nicht wahrhaben wollen, dass er ihr zugeneigt war.
Die Situation im Krankenflügel war jedoch eine völlig andere gewesen. Eigentlich hatte er Hermine anbieten wollen mir ihr in seine Räume zu kommen, um etwas zu essen.
Als er die ehemalige Gryffindor allerdings völlig aufgelöst vorgefunden hatte, war etwas in ihm weich geworden.
Er war nicht die Art von Person, die offen ihre Zuneigung zeigte. Im Gegenteil. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er jemanden in den Arm genommen. Nicht einmal Draco. Etwas, worauf er im Nachhinein nicht besonders stolz war.
Sein Sohn hatte ihm sein Verhalten zwar nicht verzeihen, aber er hatte sich bereit erklärt an ihrer Beziehung zu arbeiten.
Einen weiteren Schluck seines Feuerwhiskys nehmend, lehnte Lucius sich in den Sessel vor seinen Kamin zurück. Der Alkohol brannte nicht mehr, so sehr hatte er sich an ihn gewöhnt.
Das er ein Problem hatte war ihm klar. Mittlerweile schaffte er eine halbe Flasche, ohne die geringste Wirkung davon zu spüren.
Vier Mal hatte er versucht mit dem Trinken aufzuhören, doch jedes Mal war ihm eine andere Ausrede in den Sinn gekommen und er hatte wieder zum Glas gegriffen.
Es war ein Teufelskreis und er befand sich mitten darin.
***
„Ich habe keine Zeit für dich, Lucius!"
Severus' Stimme war kalt und abweisend. Natürlich wusste Lucius, warum sich sein alter Freund so benahm und doch kränkte es ihn auf eine gewisse Art und Weise. Er hatte Hermine weder manipuliert noch hatte er Severus in die Karten gespielt. Severus hatte selbst dafür gesorgt, dass sie sich von ihm entfernt, also was konnte er dafür?
„Das mag wohl sein und dennoch möchte ich von dir erfahren, was deine Suche ergeben hat."
Lucius klang für seine Verhältnisse beherrscht, was wohl an den zwei Gläsern Feuerwhisky lag, die er vor seinem Aufsuchen von Severus hinuntergestürzt hatte. Das Zittern seiner Hände würde ihn sonst verraten.
„Was interessiert dich Narzissa? Deine Aufmerksamkeit liegt mehr auf Hermine als auf der Mutter deines Sohnes. Ich wüsste nicht, warum ich dir jegliche Art von Informationen geben sollte."
„Ich habe eine Recht darauf zu erfahren, was vor sich geht!"
Severus hob wenig beeindruckt die Augenbrauen und seine Züge wirkten nun vollkommen gleichgültig.
„Du hast... das Recht? Nun, dann lass mich deine Wissenslücke füllen."
Er erhob sich von seinem Sessel und ging auf Lucius zu, der immer noch in der Nähe der Tür stand. Severus war genauso groß wie er und die schwarzen Augen, welche schon immer das Talent hatten, in ihrer Höhlen zu funkeln, fixierten ihn.
„Während du dir den Rest deines Hirn mit Alkohol zugeschüttet hast, ist es mir und den Auroren gelungen einige der Todesser gefangen zu nehmen. Die Spuren weißen darauf hin, dass Narzissa sich in England befindet – ob lebend oder nicht, wird sich zeigen."
Lucius hatte keinerlei Zweifel, dass Severus mit ihm spielte. Im Gegenteil. Die Wahrheit war viel schlimmer für ihn als jede Lüge. Die Tatsache, dass sein alter Freund von seinem ‚Problem' wusste, machte es nicht gerade bessern.
„Also, warum gehst du nicht zurück in dein Zimmer und gönnst dir ein weiteres Glas Feuerwhisky, während wir dafür sorgen, dass Narzissa gefunden wird. Nicht das du jemals auf irgendeine Art und Weise hilfreich gewesen wärst."
Die Worten trafen Lucius wie der Tritt eines Hippogreifs. Nicht weil sie besonders gemein waren, nein, weil sie wahr waren. Jedes Wort davon entsprach der Wahrheit. Er war teilweise so mit Hermine beschäftigt gewesen, dass er Narzissa vollkommen vergessen hatte.
„Ich habe mit dem Trinken aufgehört."
Die Worte hatten seinen Mund bereits verlassen, bevor er überhaupt wusste, was er damit sagte.
Falls es überhaupt noch möglich war, hob Severus seine Augenbraunen noch mehr und seine Lippen kräuselten sich.
„Na wenn das so ist, wirst du bestimmt nichts gegen einen kleinen Ausflug nach Malfoy Manor haben. Dracos Blutzauber hat funktioniert und wenn wir uns nicht sehr täuschen, befindet sich dort eine Spur. Hermine wird ebenfalls dabei sein, da Draco ihr versprochen hat, einen Blick in die Bibliothek zu gewähren."
Lucius konnte die Überraschung, welche sich auf seinem Gesicht abzeichnete, nicht vollkommen verbergen.
„Wie kommt es das der neue Besitzer dem zustimmt? Ich glaube mich zu erinnern, dass ich beim ersten Besuch bereits viel auf ihn einreden musste, um die Erlaubnis zu erhalten, mein ehemaliges Anwesen aufzusuchen."
„Das liegt daran, dass es einen neuen Besitzer gibt."
Etwas in Severus' Stimme sprühte nur so von unterdrückter Freunde, doch Lucius konnte beim besten Willen nicht verstehen, wieso.
„Schön. Wann brechen wir auf?"
Seine Hände hatten leicht zu zittern begonnen, was wohl daran lag, dass der Alkoholspiegel in seinem Blut zu niedrig wurde. Er musste hier weg, und zwar schnell.
„Jetzt gleich."
Lucius schluckte. Sein Herz begann zu raßen.
„Oder ist das ein Problem?", fragte Severus.
„Nein. Kein Problem", erwiderte er so fest wie möglich.
„Gut, dann lass uns Hermine abholen und wir brechen auf."
Er würde das schaffen. Wie lange konnten sie schon im Manor bleiben? Vielleicht ein oder zwei Stunden. Das würde er durchhalten, ohne einen Schluck Alkohol.
Severus erhob sich und Lucius ließ ihm den Vortritt als sie in Richtung von Hermines Räumen gingen.
Jeder Schritt kam ihm schwerer vor als der letzte und die Angst, bei diesem Ausflug aufzufliegen, ergriff Besitz von ihm.
***
Zwei Stunden später befand er sich mit Hermine, Severus und Draco im Manor, welches genauso eingerichtet war, wie er es zurückgelassen hatte.
Die Bibliothek hatte sich kein bisschen verändert und so langsam fragte sicher Lucius, ob der neue Besitzer jemals etwas in diesem Anwesen verändert hatte.
Das Zittern seiner Hände war mittlerweile so unkontrollierbar geworden, dass er sie in seinem Umhang verstecken musste. Ihm war, als ob Severus' Lippen sich hin und wieder kräuselten, doch er versuchte diese Reaktion so gut es ging zu ignorieren.
„Wir sollten uns aufteilen", sagte Draco schließlich und Lucius nickte.
„Hermine, du wolltest in die Bibliothek. Wenn es dir nichts ausmacht, komme ich mit dir. Ich habe einiges an Zeit dort verbracht und kann dir behilflich sein", sagte Lucius.
Er hatte seine Optionen abgewogen, doch da er weder wollte, dass Severus ihn weiter drangsalierte noch das Draco über sein ‚Problem' erfuhr, war Hermine die beste Option. Ihre Faszination für Bücher lenkte sie vielleicht gerade genug ab, um die Reaktion seines Körper auf den Alkoholentzug zu überschatten.
Hermine warf einen schnellen Blick auf Severus, nickte jedoch. Natürlich war ihm klar, dass für ihn der Kampf noch nicht gewonnen war, aber wenn Severus sich weiterhin so kalt und abweisend ihr gegenüber verhielt, standen seine Chancen nicht schlecht. Es war egoistisch und es war falsch. Das wusste er. Und dennoch war er bereit dazu alles zu tun, um Hermine für sich zu gewinnen. Etwas fühlte sich anders mit ihr an und allein dieses Gefühl war es gewesen, was ihn die letzten Wochen hatte durchstehen lassen.
Draco wirkte zwar nicht sonderlich begeistert darüber, dass Hermine mit ihm ging, aber er nickte, bevor er Severus folgte. Dieser war bereits in Richtung der Keller gegangen, in denen Hermine, Potter und Weasley einst gefangen waren. Die Erinnerung in diesen Mauern waren nicht gerade gut und doch war es sein Zuhause. Wieder hier zu sein, fühlte sich gut an.
Nur wenige Minuten später schritten sie durch die hohen Regalreihen der Bibliothek. Hermine war ausgesprochen ruhig, seitdem sie Hogwarts verlassen hatten und da Lucius nicht wusste, was er sagen sollte, beschloss er ebenfalls zu schweigen.
Seine Konzentration war sowieso schon auf ein Minimum begrenzt, denn sein Körper gab nun deutliche Signale, dass er Alkohol brauchte.
Sein Kopf brummte unaufhörlich, seine Lippen waren trocken und mittlerweile zitterten nicht nur seine Hände, sondern auch der Rest seines Körpers.
Wenn er so weiter machte, würde es nicht mehr lange dauern, bis Hermine etwas bemerken würde.
„Wenn du mich kurz entschuldigst? Ich hole mir ein Glas Wasser", sagte Lucius.
Das war immerhin sein ehemaliges Anwesen und wenn der neue Besitzer nichts geändert hatte, musste sein Vorrat an Feuerwhisky und Elfenwein in der Küche immer noch vorhanden sein. Er brauchte nur so viel, um die Zeit hier zu überstehen und dann würde er reinen Tisch machen und Hermine von seinem Problem erzählen.
„In Ordnung", war alles, was sie daraufhin erwiderte.
Nachdem sie sich umgewandt und in Richtung der hinteren Regal verschwunden war, machte sich Lucius auf den Weg zur Küche.
Entgegen seinen Erwartungen waren jedoch alle Vorräte geleert worden und er stand mit leeren Händen da.
„Verdammt!", entwich es ihm.
Das Zittern war nun so präsent, dass er nicht einmal mehr still stehen konnte. Er brauchte Alkohol, und zwar dingend!
Jegliche Beherrschung begann in ihm zu schwinden und Hektik ergriff von ihm besitz.
Hastig riss er alle Schränke auf und durchsuchte jeden davon einzeln. Er sah in den Vorratslagern, im Esszimmer und sogar im Saloon nach. Keine einzige Flasche war zu sehen.
„Nein, nein, nein", murmelte er leise zu sich selbst.
Schweiß stand ihm auf der Stirn und die Hitze im Raum wurde nahezu unerträglich. Er würde es nicht zurück in die Bibliothek schaffen, ohne dass Hermine bemerkte, dass etwas nicht stimmte.
Panik begann in ihm aufzusteigen. Er würde auffliegen!
Mühsam versuchte er seine Gedanke zu ordnen, doch das Brummen in seinem Kopf wurde immer lauter und sein Körper schmerzte unter der ständigen Anspannung seiner Muskeln.
Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, welche nun schweißnass war.
»Reiß dich zusammen, Lucius!«
Doch es half nichts. Er war ein Frack! Weder sein Körper noch seine Gedanken gehorchten ihm und der Drang nach Alkohol ließ ihn nicht mehr klar denken. Er musste hier weg, und zwar schnell.
Vergessen war die Angst darüber, ob Hermine sein Geheimnis herausfinden konnte. Er vergaß sogar, dass er über keinerlei Magie besaß und folglich hier festsaß. Alles, was er wollte, war raus aus diesen Mauern, die ihn all die Jahre in seinem Elend begleitet hatten.
Sein eigenes Haus kam ihm nun nicht mehr wie ein Zuhause vor, nein, es war die pure Hölle auf Erden. All die schlechten Erinnerungen an die Zeit vor dem Krieg begann auf ihn einzuprasseln. Angst und Verzweiflung, die ihn in jeder Sekunde besessen hatten, während der Dunkle Lord in diesen Hallen ein und ausgegangen war. Hermines Schreie, die durch diese Hallen hallten. Bellatrix' Schrilles Lachen, weil es ihr Spaß bereitete, anderen solche qualvollen Schmerzen zuzufügen. Draco, der sich sein ganzes Leben vor ihm gefürchtet hatte. Narzissa, die ihn angefleht hatte, seinen einzigen Sohn nicht zum Todesser werden zu lassen.
Er musste hier raus, und zwar schnell!
Blind vor Panik stolperte er in den Eingangsbereich und hatte schon fast die Tür erreicht, als die Welt um ihn herum sich zu drehen begann. Übelkeit und Schmerzen blendeten ihm die Sicht und er hatte Probleme zu atmen.
All das war seine Schuld. Er hatte sich nie unter Kontrolle gehabt und nun bezahlte er den Preis dafür. Die Umgebung verschwamm schemenhaft um ihn und das letzte, was er wahrnahm, war wie jemand seinen Namen rief.
Dann sank er zu Boden und alles um ihn herum wurde schwarz.
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