𝟐𝟔. 𝐒𝐜𝐡𝐦𝐞𝐫𝐳𝐞𝐫𝐟𝐮𝐞𝐥𝐥𝐭𝐞 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐞𝐢𝐞
✧ 𝐋𝐈𝐋𝐘 𝐏𝐎𝐓𝐓𝐄𝐑 ✧
"𝐈𝐟 𝐲𝐨𝐮 𝐧𝐞𝐯𝐞𝐫 𝐡𝐞𝐚𝐥 𝐟𝐫𝐨𝐦 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐨𝐰𝐧 𝐩𝐚𝐢𝐧, 𝐲𝐨𝐮'𝐥𝐥 𝐬𝐭𝐚𝐫𝐭 𝐡𝐮𝐫𝐭𝐢𝐧𝐠 𝐨𝐭𝐡𝐞𝐫 𝐩𝐞𝐨𝐩𝐥𝐞."
Als Lily wieder zu sich kam, lag sie auf einem kalten, steinernen Boden. Sie hörte wütende Stimmen, die durcheinanderredeten. Die Rothaarige versuchte, sich auf ihre Worte zu konzentrieren, was sich bei den Kopfschmerzen, die bestimmt von dem Aufprall an der Wand stammten, nicht unbedingt als einfach herausstellte.
„Ich verstehe immer noch nicht, wieso du sie nicht einfach umgebracht hast!", schrie eine Frauenstimme, welche Lily als die ihrer Direktorin erkannte. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken. Niemals hätte sie erwartet, dass ausgerechnet Andretta mit den drei Zauberern unter einer Decke steckte. Anscheinend war sie mit ihrer Flucht nach Österreich direkt in das Haifischbecken gelaufen.
„Wir brauchen Informationen! Informationen, die nur sie uns geben kann!", brüllte jemand anderer, „Außer Harry Potter, natürlich, aber der wird zu stark bewacht."
„Und diese Fragen können wir nicht in St.Endor stellen", meinte ein dritter.
„Wieso denn das?", wollte Andretta, immer noch mit einer wütenden Stimme, wissen.
„Weil die Kleine uns freiwillig bestimmt keine Antworten gibt", sagte wieder ein anderer, sodass Lily schauerte. „Ah, perfekt. Sie ist wach. Ach, du brauchst keine Angst zu haben, wir tun dir doch nichts." Daran zweifelte Lily. Sie wusste zwar nicht, was diese Zauberer ihr für Fragen stellen würden, aber der eine hatte recht. Freiwillig gab sie ihnen keine Antworten. Und sie erwartete nicht, dass sie dann einfach aufgeben würden.
„Steh auf!", befahl einer der drei Männer. Lily biss sich auf die Zunge, um die Tränen zurückzuhalten und tat, wie ihr geheißen. Sie sah sich kurz um und bemerkte, dass sie sich in einer Hütte im Wald befand. In dem Moment fiel ihr etwas ein. Sie wusste nicht, wo und wie weit entfernt sie von Draco war, aber ein Versuch war es wert.
Draco. Hilfe. Hütte im Wald. Drei Zauberer. Andretta böse. Schnell. Hoffentlich funktionierte die Gedankenübertragung auch bildlich, denn sie versuchte, ein Bild von ihrer Umgebung zu verschicken. Lily hatte nämlich keinen blassen Schimmer, wo sie sich befand. Das Einzige, was sie wusste, war, dass sie in großer Gefahr war.
„Dürften wir dir ein paar Fragen stellen?", wollte ein Zauberer mit einer tiefen, irgendwie bekannten Stimme wissen. Sein Gesicht wurde von seiner Kapuze verdeckt, weshalb Lily die Stimme nicht zuordnen konnte.
„Natürlich", erwiderte Lily mit zitternder Stimme. Es ärgerte sie, dass sie nicht mutiger wirken konnte. Doch in dem Moment hatte sie so unglaublich viel Angst, dass ihre Knie drohten, unter ihr nachzugeben. Ihre einzige Möglichkeit war, das Ganze so lange hinauszuzögern, bis jemand sie retten kam.
„Wo ist der dunkle Lord?", fragte der größte der Zauberer mit einer kräftigen Stimme, die Lily ebenfalls bekannt vorkam.
„Ich... ich weiß es nicht", flüsterte Lily. Diese Frage hatte sie nicht erwartet. Sie hatte mit einer Frage wie, was Harry Potters Schwäche war, gerechnet, nicht, wo sich Lord Voldemort befand. Wie um Himmels Willen sollte sie das wissen?
In dem Moment schwenkte einer der Zauberer seinen Zauberstab, sodass Lily an die nächste Wand geschleudert wurde. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte ihren Kopf und sie spürte bereits, wie das Blut ihr Gesicht runterrannte. Weinend versuchte sie sich aufzurappeln, doch ihre Knie gaben nach.
„Wo ist Lord Voldemort?", wiederholte der große Zauberer seine Frage und zeigte dabei mit seinem Zauberstab auf Lily.
„Woher soll ich das wissen?", versuchte Lily es mit einer Gegenfrage.
„Lass mich mal überlegen...", sagte er sarkastisch, „Stimmt ja, du warst nicht die Person, die nicht mit ihrem Bruder den mächtigsten Zauberer aller Zeiten verschwinden lassen hat!"
„Ich war ein neugeborenes Baby, ich kann mich nicht mal daran erinnern!", rief Lily verzweifelt. Bitte Draco, schnell!
„Du bist ihm also nicht letztes Schuljahr nochmal begegnet?", entgegnete der Zauberer mit der tiefen Stimme.
„Das war nicht er, das war eine Erinnerung an ihn, fast wie ein Geist", verteidigte sie sich weiterhin. Je länger sie Zeit schinden konnte, desto mehr Zeit hätte Draco, Hilfe zu holen. Solange er Lilys Nachricht erhalten hatte.
„Lüg mir nicht ins Gesicht!", schrie der große Zauberer – welcher vermutlich der Anführer der Gruppe war – so laut, dass Lily zusammenzuckte. Und dann geschah etwas, an das sie sich nur teilweise erinnern konnte.
„Crucio!" Sobald der Zauberspruch ausgesprochen worden war, spürte Lily einen so teuflischen Schmerz, sodass die Platzwunde an ihrem Kopf wie ein kleiner Kratzer schien. Es war, als würden tausende Messer gleichzeitig auf sie einschneiden, und das von innen und außen. Lily schrie wie am Spieß. Plötzlich ließ der Schmerz nach, doch ihre Muskeln hörten nicht auf, zu zucken. Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, ihre Lunge würde zugeschnürt werden, da sie Atemprobleme hatte.
„Wo ist der dunkle Lord?", wiederholte der Zauberer und als keine Antwort von Lily kam, sprach er erneut den Fluch aus, der ohne Zweifel schlimmer als Avada Kedavra sein musste. Denn mittlerweile wollte Lily lieber sterben, als diese Qual weiterhin auszuhalten.
✧ 𝐃𝐑𝐀𝐂𝐎 𝐌𝐀𝐋𝐅𝐎𝐘 ✧
„Schneller!", rief Draco Elena, Felix und Celina zu, während er selbst versuchte, nicht über die Wurzeln am Waldboden zu stolpern. Noch nie in seinem Leben war er so schnell gerannt. Doch noch nie hatte er so schreckliche Angst gehabt. Lily war alles für ihn. Er konnte sich nicht vorstellen, was er ohne ihre smaragdgrünen Augen und ihr wunderschönes Lächeln machen würde. Wenn ihr etwas passierte, würde er sich selbst die Schuld dafür geben. Er wäre zu spät gekommen.
Nachdem Draco am Anfang seines Kräuterkundeunterricht aus der Klasse geholt worden war und ihm gesagt worden war, dass Lily verschwunden war, hatte er das Gefühl gehabt, die Welt würde auf ihn einstürzen. Lily verpasste nie den Unterricht, egal welches Fach oder wie schlecht es ihr gerade ging. Deshalb hatte er sofort gewusst, was geschehen war: Die drei Zauberer, welche Lily und Draco schon das ganze Schuljahr lang verfolgten, waren zum ersten Mal erfolgreich gewesen.
Kurz darauf hatte er Lilys Stimme in seinen Gedanken gehört, gefolgt von dem Bild einer Hütte im Wald und vier anderen Personen – drei davon die Zauberer, die vierte ihre eigene Schulleiterin, was ihn unglaublich schockiert hatte. Es kam ihm surreal vor, dass ausgerechnet die Direktorin der Schule, zu der sie geflüchtet waren, sich als eine falsche Schlange herausgestellt hatte.
Ohne zu zögern hatte Draco Elena, Felix und Celina geholt. Er hatte versucht, die Hütte möglichst genau aufzuzeichnen und, obwohl es noch so unwahrscheinlich war, hatten die Zwillinge sie gekannt.
Und so war Draco nun hier angelangt, mitten im Wald, in der Hoffnung, dass Elena und Felix ihm den richtigen Weg wiesen. Er kannte diese Zauberer und er wusste, zu was sie im Stande waren. Es handelte sich zweifellos um ehemalige Todesser und, da Draco selbst in einem Haus aufgewachsen war, wo solche ein- und ausgegangen waren, wusste er, dass sie nicht zurückschrecken würden, Lily umzubringen. Doch davor würden sie alles tun, um Informationen über den dunklen Lord zu bekommen. Selbst, wenn sie dafür ihr Leben lang in Askaban verbringen mussten.
Auf einmal hörte Draco einen schmerzerfüllten Schrei und er begann, noch schneller zu rennen.
„Da! Da vorne ist die Hütte!", Felix zeigte auf eine Hütte, die in einem so schlechten Zustand war, dass Draco Angst hatte, das Dach würde einstürzen.
„Okay, jetzt müssen wir uns anschleichen. Wenn wir das schaffen wollen, dürfen sie nicht ahnen, dass wir hier sind", befahl Draco seinen Freunden, ehe sie sich so still, aber trotzdem so schnell wie möglich zur Hütte fortbewegten. Ein Vorteil für sie war, dass die Hütte zwei verschiedene Eingänge hätte, weshalb sie von verschiedenen Seiten einstürmen könnten.
Draco platzierte sich mit Celina vor einer Tür, während die Zwillinge auf der anderen Seite auf sein Zeichen warteten. Wie abgemacht schoss er grüne Funken in die Luft, bevor sie in die Hütte stürmten. Was Draco dort sah, ließ ihn kurz erstarren. Lily lag am Boden, rollte hin und her, als ob sie versuchen würde, dem Schmerz, der ohne Zweifel von Crucio verursacht wurde, zu entweichen. Währenddessen ließen ihre Schreie etwas in Draco zerbrechen und er musste seine ganze Willenskraft verwenden, nicht in dem Moment den Todesfluch – den sein Vater ihm schon vor langer Zeit beigebracht hatte – auf einen der Zauberer zu hetzen. Er liebte Lily mehr als alles andere und sie leiden zu sehen, war das Schlimmste was er je erlebt hatte.
Jedoch durfte er die Zauberer nicht umbringen. Sie mussten für das, was sie der erst zwölfjährigen Lily angetan hatten, büßen. Und die Strafe wäre schlimmer als der Tod, dazu würde Draco sichergehen.
Als ein grüner Strahl auf ihn zukam, erwachte er aus seiner Schockstarre. Er sprang dem Fluch aus dem Weg und begann, Flüche auf die Zauberer zu steuern. So abgrundtief er seinen Vater auch hasste, in diesem Moment war er dankbar für alle schwarzmagischen Flüche, die er ihm beigebracht hatte. In wenigen Sekunden hatte sich die kleine Hütte zu einem Durcheinander von bunten Zauberstrahlen verwandelt. Dracos Herz schlug auf 180 und das Adrenalin bewirkte, dass er stärker als je zuvor duellieren konnte.
✧ 𝐋𝐈𝐋𝐘 𝐏𝐎𝐓𝐓𝐄𝐑 ✧
Jegliche Kraft hatte Lily verlassen. Sie lag am Boden und konnte sich nicht bewegen. Hätte Lily aufgeben und die Wahrheit sagen können, hätte sie dies schon längst getan. Auch, wenn sie dann schwach gewesen wäre. Doch sie hatte keine Antworten, die sie ihnen geben hätte können. Also hatte sie es aushalten müssen, wie die Zauberer sie weiterhin gefoltert hatten. Nach einiger Zeit hatten sie sogar zu einem Messer gegriffen und es an Lily Hals gehalten, während sie drohten, sie umzubringen.
In dem Moment hatte Lily gewusst, dass die einzigen wahren Monster Menschen waren. Alle Kreaturen, vor denen sich Kinder von klein auf fürchteten, waren nichts im Gegensatz zu diesen brutalen, hasserfüllten Lebewesen. Das schlimmste war, dass – anders als viele Tiere – es Menschen bewusst war, was sie machten. Ein Tiger konnte nicht darüber nachdenken, ob er einen Hirsch umbringen sollte, sondern machte es einfach, um sich zu ernähren. Allerdings konnte der Mensch sein Handeln selbst kontrollieren. Diese Männer konnten frei entscheiden, ob sie ein unschuldiges, zwölfjähriges Mädchen foltern sollten. Und sie hatten sich dafür entschieden.
Lily hatte sich gewünscht, dass sie sie wirklich in dem Augenblick mit dem Messer umbrachten. Alles war besser, als die grauenvolle Qual von Crucio noch weiter ertragen zu müssen. Doch die Zauberer hatten sie natürlich nicht umgebracht. Lily hatte ihnen noch nicht die Antworten gegeben, die sie sich gewünscht hatten.
Während Draco, Celina, Elena und Felix gegen die drei Zauberer und Andretta duellierten, konnte Lily nicht anders, als zu zittern. Es war ihr bewusst, dass die Todesser ihre Freunde, ohne zu zögern, umbringen würden, denn im Gegensatz zu Lilys Fall waren sie bei ihnen nicht überzeugt davon, dass sie kostbare Antworten verbargen. Wenn ihre vier Freunde starben, würde sich Lily ihr Leben lang die Schuld dafür geben.
Plötzlich erschien ein grüner Strahl direkt vor Lilys Augen. Sie kannte dieses Licht. Ja, sie hatte es sogar selber gesehen. Ein Moment, an den sie sich noch nie zuvor erinnern hatte können. Aber als der tödliche Strahl auf Felix zukam, welcher bloß drei Meter von Lily entfernt stand, sah sie die Szene vor ihrem inneren Auge, wie ihre Mutter geschrien hatte, als das grüne Licht sie getroffen hatte. Lily war ein neugeborenes Baby gewesen, doch irgendwie hatte sich diese Erinnerung in ihr Gedächtnis eingebrannt, sodass sie nun wieder auftauchte. Nun, dass sich der Moment wiederholte, doch dieses Mal war der Strahl nicht auf ihre Mutter gezielt, sondern auf ihren guten Freund, ihren ersten Schwarm, Felix. Felix, der versuchte, sie zu retten doch dabei selbst zum Opfer wurde. Lily nutzte ihre ganze Kraft und versuchte, sich in den Weg des Strahls zu werfen, doch es war zu spät. Er hatte Felix schon getroffen, sodass er nun leblos auf dem steinernen Boden lag.
Dieser Anblick ließ etwas in Lily erwecken. Etwas, von dem sie nicht mal gewusst hatte, dass es existierte. Es war, als ob sie von irgendwelchen Kräften gesteuert wurde, die bewirkten, dass sie vom Boden aufstand, ihre Hände in die Höhe hielt, bevor sie sie wieder fallen ließ, als ob sie den Boden schlagen wollte. Bei der Bewegung durchfuhr ein kurzer, heftiger Windstoß den Raum und brachte die drei Zauberer und Andretta zu Boden.
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