
𝟏𝟑│𝑲𝒊𝒆𝒓𝒂
Kiera
»Und morgen ist dann die Trennung?«, hake ich nach und versuche zeitgleich einen größeren Kieselstein auf dem Boden auszuweichen. Noch einen Sturz ertrage ich heute nicht.
Wir sind kurz davor die Partylocation zu erreichen. Gleich hinter der Kirche wurde ein kleiner Park angelegt, durch den ein Kieselweg vorbei an üppigen Grasflächen, hohen Eichen und dem phänomenalen Ausblick auf den Green Lake auf ein kleines Landhaus mit riesigen Wintergarten inklusive Terrasse und einem Steg zum See führt.
Es hat sich perfekt angeboten diese Location zu wählen. Nicht nur, dass sie unmittelbar in der Nähe der Kirche liegt und Kaitlyn sich sofort in das alte Gutshaus mit Backstein und Efeuranken verliebt hat, sondern der Park und der See daneben sind eine hervorragende Kulisse für das anstehende Fotoshooting des Brautpaares und deren Gäste. Ihr wisst gar nicht, wie oft mir Kaitlyn davon in den letzten Wochen die Ohren vollgesülzt hat.
»Ich wiederhole nochmal: Morgen oder Übermorgen merken wir beide, dass es besser wäre, wenn wir getrennte Wege gehen«, erklärt Colin neben mir, »Ich werde wieder ewiger Junggeselle und du die alte Jungfer!«
Augenblicklich stoppe ich und veranlasse damit, dass auch Colin seinen Marsch kurzzeitig aussetzt. Kopfschüttelnd sehe ich an.
»Das mit »alter Jungfer« streichen wir und ich trenne mich gefälligst von dir«, stelle ich klar. »Es muss dramatisch sein, damit ich es meiner Mum gut verklickern kann. Wie wär's damit? Ich bekomme mit, wie du mich mit irgendeiner Blondine betrügst und merke, dass du die ganze Zeit ein untreues Arschloch warst. Somit ist die Verlobung hinfällig. Friede, Freude, Pustekuchen!«
Zufrieden setze ich mich wieder in Bewegung und auch Colin tut es mir gleich. Der Plan ist perfekt. So perfekt, bis er wieder alles zunichte macht.
»Wieso bin ich das Arschloch in unserer Beziehung?«, fragt er plötzlich und hört sich doch tatsächlich beleidigt an. »Wieso bist du nicht die Untreue?«
»Was?« Ungläubig sehe ich ihn an. »Wenn einer von uns beiden treuer ist, dann bin das ja wohl ich. Du nimmst doch alles, was dir über den Weg läuft, Brüste hat und halbwegs gut aussieht!«
Das ist der Moment, wo seine Augenbrauen Stück für Stück weiter nach oben wandern und seine braunen Augen mich missfällig mustern. Sichtlich gekränkt verschränkt er die Arme.
»Erstens ich bin total loyal. Ich muss nur nicht loyal sein, weil ich keine Beziehung habe«, stellt er klar, was mich nur laut aufschnaufen lässt. »Zweitens ich nehme nicht alles was halbwegs gut aussieht. Ich habe auch ein bisschen Niveau, klar? Sonst hätte ich ja wohl kaum dich genommen.«
Sofort beißt er sich auf die Lippen und weicht meinen Blick aus, aber da ist es schon zu spät. Seine Worte zergehen auf meiner Zunge wie heiße Schokolade und laufen in Dauerschleife in meinem kleinen Köpfchen ab. Ein breites Grinsen schleicht sich auf meinen Mund.
Habe ich mir das gerade nur eingebildet oder hat mir Colin fucking Walker gerade ein Kompliment gemacht?
Ja, ich denke meinen Namen im Zusammenhang mit dem Wort Niveau kann ich eindeutig als Kompliment werten lassen.
Und bilde ich mir das nur ein oder steigert er gerade jetzt das Tempo, damit ich sein gerötetes Gesicht nicht sehen kann?
»Bild dir nur nichts drauf ein«, brummt er wenige Sekunden später, was mein Grinsen noch breiter werden lässt.
»Würde ich nie tun«, antworte ich, wenngleich ich just in diesem Moment mit so einem gigantischem Strahlelächeln durch die Gegend spaziere, dass es schon fast gruselig ist.
Gleichzeitig habe ich wirklich Mühe mit ihm mitzuhalten. Irgendwann kicke ich diese Heels nochmal von meinen Füßen und versenke sie in den Tiefen dieses Sees! Oder ich schleudere sie i-
»Fuck«
Abrupt bleibt Colin stehen, sodass ich keine zwei Sekunden später volle Kanne in ihn reinlaufe, was wiederum dazu führt, dass ich mich an seinen Rücken klammere, um nicht hinzufallen. Meine Nägel krallen sich in Colins Fleisch, hinterlassen hässliche Falten auf seinem blauen Sakko.
»Pfoten weg von meinen Rücken, Chiara!«, zischt dieser sofort, »Der wurde heute schon genug von dir gedemütigt!«
Augenrollend lockere ich meine Finger um seine Schultern wieder, verursache aber auch gleichzeitig damit, dass ich meinen einzigen Halt verliere. Wild torkele ich zur Seite und erst durch das Ausblancieren mit meinen Armen schaffe ich es letztendlich, mein Gleichgewicht zurück zu erlangen.
Wütend starre ich Colin an.
Erst wie ein Verrückter plötzlich stehen bleiben und dann rummeckern, wenn jemand in einen reinläuft! Selbst dran Schuld, würde ich sagen. Ich will schon zu einem Gegenargument ausholen, als mein Blick auf die Veranda des Gutshaues fällt-genau dorthin, wo auch Colin schaut.
Und auch genau dorthin, wo eine Person die Treppen runtergesprintet kommt und mit ernsthafter Miene, die eindeutig nach einer Erklärung fordert, direkt auf uns zu steuert. Panisch sehe ich zu Colin, der auch mich in diesem Moment hilfesuchend mustert.
Wir hatten alles genau durchgesprochen. Naja, fast alles, aber immerhin so viel, dass alle glauben würden, wir hätten eine Beziehung, die wir nur geheim halten wollten. Die Tatsache, dass wir uns erst seit heute Mittag kannten, haben wir gewissenhaft auf die Liste der Dinge getan, die wir besser nicht erwähnen sollten. Zu dumm, dass wir etwas bzw. jemanden dabei vollkommen vergessen haben, der den ganzen Plan gefährden könnte und als einziger Zeuge Colins und meine Auseinandersetzung im Gartencenter mitbekommen hat. Dieselbe Person, die weiß, dass dort unser erstes Zusammentreffen war und alles andere als Liebe in der Luft lag. Dieselbe Person, die uns jetzt geradewegs anvisiert.
Seine blonden Locken stehen wie immer wirr von seinem Kopf ab, während seine grünen Augen uns schon vom Weitem skeptisch abzuscannen scheinen.
Scheiße, denkt ihr es wäre unauffällig, wenn ich jetzt plötzlich vorhabe, eine Arschbombe in den See zu machen, nur um mich der bevorstehenden Unterhaltung zu entziehen? Oder wie wär's mit weglaufen? Ah ne, da war ja die Sache mit den Schuhen. Da wären die Schnecken auf den Boden ja schneller als ich.
Eine andere Alternative wäre auch Huckepack auf Colins Rücken zu springen und ihm das Kommando zum Sprint zu geben. Allerdings glaube ich, dass Colin mich schreiend von seinem Rücken schmeißt, ehe wir auch nur einen Schritt gemacht haben. Doch bevor ich irgendeinen meiner brillanten Pläne in die Tat umsetzen kann, hebt Colin neben mir beschwichtigend die Hand.
»Keine Sorge, ich kümmere mich darum«, sagt er lässig und läuft auch schon auf Finn zu, ehe ich mein Veto einlegen kann.
Ich kümmere mich darum? Ich kümmere mich darum! Was zur Hölle soll das bedeuten?
Nicht nur ich bin überrascht von Colins plötzlicher Aktion, sondern auch Finn, dessen Stirn sich misstrauisch in Falten legt. Überraschenderweise legt Colin seinen Arm um Finns Schulter und zieht ihn gleich in seine Fittiche.
Okay, ruhig bleiben, Kiera.
Colin wird das regeln. Er wird Finn bestimmt irgendeine Lügengeschichte auftischen und das wars dann. Oder er wird ihm mit ein paar Zwanzigern bestechen nichts zu sagen. Das wären zumindest die beiden Optionen, die mir spontan einfallen würden, um Mission 'Turteltauben on tour', wie ich sie getauft haben, nicht zu gefährden.
Scheiße, warum habe ich dann so ein mulmiges Gefühl, als ich mich in Gang setze und den beiden zum Gutshaus folge?
Spätestens als Colin mir nochmal einen Blick über den Rücken zu wirft und mich verschwörerisch anzwinkert, hätten meine Alarmglocken angehen sollen. Doch irgendwie versagt gerade alles bei mir. Vielleicht auch aus dem Grund, dass Christian auf der Veranda steht und mich lächelnd mit einem zweiten Sektglas zu sich winkt.
Es ist überraschenderweise doch kein Schloss geworden! Ich hoffe, ihr seid mir nicht allzu böse haha😅😄
Dass ich mich auf das nächste Kapitel einfach nur freue, wäre untertrieben!
Ich kann es gar nicht erwarten😁
Was glaubt ihr, wie Colin das Finn-Problem löst? Oder mal anders: Was hättet ihr an seiner Stelle gemacht?
Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen💗🌟
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