☁️ Der Weg in die Freiheit ☁️
- Der Weg in die Freiheit -
Man sagt, Menschen fällt Veränderung schwer. Aber was, wenn deine Situation so schlimm ist, dass es nicht mehr schlimmer werden kann? Wärst du bereit die Veränderung durch zu ziehen?
Zischend blieb die Dampflock stehen und pfeifte Laut. Manche hatten bereits vor einigen Minuten ihre Koffer genommen und hatten sich zu den Türen begeben. Für einige endete die Reise hier, sie hatten ihr Ziel erreicht. Die Fahrgäste vom Bahnsteig drückten sich durch die schmalen Türen ins Innere der Waggons. Ihre Reise begann nun und es konnte ihnen nicht schnell genug losgehen.
Ich verstand sie. Noch vor wenigen Stunden war ich selbst eine dieser Personen, die möglichst schnell, möglichst weit weg vom Bahnsteig kommen wollten. Nun blieb ich ruhig auf meinem Platz sitzen, blendete die Menschen aus, die durch die Abteile liefen und einen Sitzplatz suchten. Der Platz neben mir blieb frei, niemand setzte sich zu mir. Das war gut, wollte ich mir einreden.
Ruckelnd setzte sich der Zug wieder in Bewegung und die Dampfwolken zogen am Fester vorbei. Hier in diesem Zugabteil wirkte ich plötzlich völlig ruhig und gefasst. Die Ereignisse der letzten Jahre ließen mich dennoch nicht los. Dafür war ich noch nicht weit genug entfernt, von dem Ort des Geschehens, aber das würde ich vielleicht niemals erreichen.
Ich fragte mich noch immer, wo ich eigentlich hin wollte. In den letzten Jahre hab ich fast alle Kontakte verloren. Freund, Familie, Nachbarn - sie alle haben sich von mir abgewandt. Zuletzt auch meine Schwester, die am längsten durchgehalten hatte. Aber als ich dann nicht mehr zur Weihnachtsfeier der Familie kam, hat wohl auch sie aufgegeben. Doch nun hab ich keine Ahnung, an wen ich mich wenden kann, wer mir verzeihen wird und wo ich nach dieser Person suchen soll. Daher bin ich einfach in den nächsten Zug gestiegen, der mich von meinem alten Leben weg bringen soll.
Die Frau, die ich vor fünf Jahren war, gibt es schon lange nicht mehr. Wie so vieles andere in mir, ist auch sie gestorben. Ich habe mir nie groß Gedanken darüber gemacht wer und wie ich sein will, aber ich war stolz auf die Frau, die ich damals noch war. Freundlich, offen, zuvorkommend - was war nur daraus geworden? Still, verschlossen, zurückgezogen - nun wusste ich auf jeden Fall, wie ich nicht sein wollte!
Anfangs hatte ich gar nicht bemerkt, dass mich der einst so nette Mann derart veränderte. Doch mit jedem schlechten Witz, mit jedem abwärtigem Spruch, mit jedem harten Schlag und Tritt, mit jeder Drohung und jedem Angriffsversuch, musste ich ein Stück der innerlichen Frau sterben lassen, um selbst zu überleben. Und das hatte mich letztendlich am meisten umgebracht.
Wie die Leute die Frau an der Seite dieses vermeindlich wundervollen Mannes ansahen - mich ansahen - das hatte ich wohl am meisten genossen. Endlich war ich jemand, der gesehen, der gehört wurde. Ich hab mich wertvoll, von Bedeutung gefühlt. Bis die Schläge überhand nahemen, dann hab ich mich nur noch minderwertig gefühlt. Glücklicherweise hab ich erkannt, das ich genau das nicht bin! Sobald ich diese Erkenntnis hatte, hab ich keine weitere Zeit vergeudet, meine Sachen gepackt und bin weg gelaufen.
Nun saß ich hier, wusste nicht wohin mit mir, doch war ich froh von dort weg zu sein, nach der Frau zu suchen die ich einst war und sie zu retten. Auch wenn das hieß den vermeindlichen Traummann und das Ansehen in der Geselschaft zu verlieren. Jetzt kannte ich den Preis und war nicht länger bereit diesen zu zahlen.
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