Familie
Kapitel 5 - Familie
"Ich zeig dir gleich mein Zimmer!" rief Shoya aufgeregt, als wir das Haus betraten.
"Mach das. Aber vorher gehst du dir die Hände waschen, okay?" sagte ich.
Kaum hatte er seine Schuhe und Jacke ausgezogen, flitzte er auch schon ins Bad. Shoto half mir währendessen die Einkaufstaschen ins Haus zu tragen.
"Shoya ist ja wirklich ein lieber Junge." lächelte Shoto.
"Oh ja, das ist er."
Da kam dieser auch schon wieder angerannt und griff nach der Hand des Todorokis.
"Mein Zimmer ist oben." meinte er und zog an seiner Hand.
"Schaffst du das hier alleine oder soll ich dir helfen?" fragte dieser aber noch vorher.
"Geh ruhig, ich mach das hier schon. Sonst mach ich das ja auch alleine."
Shoto nickte und verschwand dann mit Shoya nach oben. Ich holte tief Luft und versuchte mich mit dem Einräumen der Einkäufe davon abzulenken, dass Shoyas Vater gerade dort oben war, aber nicht einmal wusste, dass er sich gerade mit seinem Sohn beschäftigte.
Ich hatte nicht damit gerechnet, Shoto heute im Supermarkt zu treffen. Aber es machte mich unglaublich glücklich, zu sehen, wie begeistern Shoya von ihm war. Ihre Ähnlichkeiten wurden mir nun nur noch bewusster, wenn ich die beiden so zusammen sah.
Nervös schloss ich den Kühlschrank. Würde Shoto nun erfahren, dass er schon längst Vater war? Wie würde er wohl reagieren?
Er war Arzt in Tokio, er war viel beschäftigt. Ich konnte ihn doch schlecht dazu zwingen, bei uns zu bleiben. Zehn Jahre hatte ich Shoya alleine groß gezogen, wenn auch mit der Hilfe von meinen Eltern. Ich wollte nicht, dass Shoto damals davon erfuhr, weil ich nicht seinem Traum im Weg stehen wollte. Und jetzt sah es so aus, als würde genau das passieren.
Aufgewühlt fuhr ich mir durch die Haare. Wieso musste er auch seine Eltern besuchen? Wieso mussten wir auch ausgerechnet gleichzeitig im gleichen Laden einkaufen gehen?
Eigentlich sollte er nur ein kleiner Crush sein, in den ich mich in der Schule einmal verliebt hatte und der ausversehen der Vater meines Sohnes war. Aber ich liebte ihn immer noch..... Ich griff mit meiner Hand an der Stelle in mein Tshirt, an der mein Herz so schnell zu schlagen angefangen hatte, als ich wieder in Shotos blaugrauen Augen geblickt hatte.
Das konnte ja nur schief gehen.....
Da kam Shoya wieder in die Küche gelaufen und grinste mich breit an. Hinter ihm kam Shoto auch in den Raum.
"Shoto hat gesagt, wir könnten ihn ja mal in Tokio besuchen!"
"Ach, hat er das?" lächelte ich und streichelte ihm übers Haar.
"Mhm! Können wir das machen?"
Aufgeregt wippte er auf einer Stelle hin und her und sah mich abwartend an.
"Wir schauen mal, ja?"
"Also ich würde mich freuen..." lächelte Shoto und sah mich warm an.
Meine Wangen verfärbten sich rot und ich nickte.
"V-vielleicht machen wir das mal.... Ähm... Wer will jetzt Soba?"
"Iiiiiiiiiich! Kann ich dir helfen?"
Shoya stellte sich an die Küchenzeile. Sein Kopf reichte gerade so darüber und er griff nach den Sobanudeln, die dort bereit lagen.
"Ich kann auch helfen, wenn du willst."
"Liebend gerne...."
-
Ich wusste nicht genau, wie ich das Gefühl beschreiben sollte, das ich während des Kochens verspürte. Es war definitiv mehr als pures Glück.
Während ich die Nudeln im Auge hatte, schnitten Shoto und Shoya das Gemüse. Dabei erzählte der Jüngste von uns munter irgendwas und Shoto hörte interessiert zu. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Auch wenn Shoto noch gar nicht wusste, dass Shoya sein Sohn war, kam es mir trotzdem so vor, als wären wir eine richtige Familie.
"Gibt es bei euch oft Soba?" schmunzelte Shoto, als Shoya sich gerade im Bad die Hände waschen war.
"Also wenn es nach Shoya ginge, würden wir jeden Tag Soba essen. Leider wir können uns ja schlecht wirklich jeden Tag davon ernähren. Aber es gibt es sicher häufiger als andere Gerichte."
Shoya kam wieder in die Küche gerannt und stellte sich neben mich.
"Wie lange brauchen die Nudeln noch?"
"Nicht mehr lange. Erstmal müssen wir den Tisch decken."
Immer wieder berührten sich unsere Hände beim Decken des Tisches und dabei kribbelte die Stelle, die Shoto berührte, extrem stark. Erfolglos versuchte ich mein wildes Herzklopfen unter Kontrolle zu bringen.
Ich führte mich echt so auf, als wäre ich immer noch ein verknallter Teenager...
-
"Mein Papa ist echt toll! Er ist der tollste Papa der Welt! Auch wenn ich keine anderen Papas kenne, ist er es für mich trotzdem." sagte Shoya, während er seine Soba aß.
"Danke, mein Schatz. Aber iss deine Soba erst, bevor du redest, ja?"
"Und deine Mama?" fragte Shoto.
Während ich meinen Griff um meine Stäbchen verfestigte, legte Shoya seinen Kopf schief.
"Mama?"
"Na deine Mama. Wo ist sie denn?"
"Papa ist doch meine Mama. Aber ich nenn ihn nicht so, weil er halt mein Papa ist." erklärte mein Sohn.
Verwirrt sah Shoto mich an, doch ich wich seinem Blick aus.
"Iss jetzt bitte, Shoya."
-
Am Abend machte sich Shoya dann bettfertig. Shoto war immer noch da, auch wenn es schon 21 Uhr war. Als Shoya dann endlich im Bett lag und ich das Licht in seinem Zimmer ausgemacht hatte, ging ich nervös zurück ins Wohnzimmer, wo Shoto auf dem Sofa saß.
Jetzt waren wir alleine.... Ich setzte mich neben den Rotweißhaarigen und sah stur auf meine Knie. Eine Weile sagte niemand etwas, bis Shoto das Wort erfasste.
"Was ist mit Shoyas Mama? Ich hab das nicht richtig verstanden, was er heute Mittag gesagt hat."
Nervös schluckte ich.
"Shoto, ich...."
"Du musst es mir auch nicht verraten, wenn du nicht willst-"
"Nein, du.... Du solltest es endlich erfahren...."
"Was erfahren?"
Ich sah ihn immer noch nicht an, während ich weiter redete.
"Ich..... Ich bin intersexuell..... Ich sehe vielleicht von außen wir ein normaler Mann aus, aber ich kann schwanger werden.... Weil ich eine Gebärmutter besitze und so weiter...."
"Das meinte Shoya damit, dass du seine Mama bist."
"Ja...... Shoto, weißt du noch, was damals.... zwischen uns passiert ist?" fragte ich.
Vielleicht hatte er ja auch so viel getrunken, dass er sich gar nicht mehr daran erinnerte, mit wem er geschlafen hatte.
"Wir hatten Sex.... Ich erinnere mich nicht an viel, aber was in der Nacht passiert ist, habe ich trotzdem nie komplett vergessen." war seine Antwort.
"Shoto, das Ganze ist knapp über 10 Jahre her...."
Nun sah ich ihn doch an und seine Augen weiteten sich, als er zu begreifen schien, auf was ich hinaus wollte.
"Shoya ist...."
"Ja.... Shoya ist dein Sohn, Shoto."
Mein Gegenüber öffnete seinen Mund, doch schloss ihn dann wieder. Er schien sprachlos zu sein, weshalb ich mich entschied, weiter zu reden.
"Ich hab einen Monat später erfahren, dass ich schwanger bin. Du warst schon in Tokio, ich.... Ich wollte dir nicht bei deinem Arztstudium im Weg stehen, deshalb hab ich meinen Eltern gesagt, ich würde den Vater nicht kennen. Ich wollte dich nicht auch noch zu Unterhalt verpflichten und dir damit alles zerstören...."
"Du hättest gar nichts zerstört!"
Ich hob meinen Kopf, den ich während des Sprechens wieder gesenkt hatte, und sah ihn überrascht an.
"Katsuki, ich hätte mich gefreut, ehrlich. Und wir hätte eine Lösung gefunden! Mein Arztstudium wäre nicht so wichtig gewesen, weil...... weil du von mir schwanger warst!"
Ich musste leicht lächeln, als ich seine Freude sah.
"Wieso freust du dich so? Ich meine, ich bin von einem One-Night-Stand mit dir schwanger geworden und du erfährst erst 10 Jahre später davon."
"Es kann sein, dass ich damals echt..... verknallt in dich gewesen bin."
Nun war ich derjenige, der überrascht schaute.
"Du verknallt in mich?"
"Ja, total! Ich fand dich unglaublich..... Unglaublich schön, selbstbewusst, hitzköpfig, süß...... Ich hätte mich wirklich gefreut, wenn ich die Schwangerschaft von der Liebe meines Lebens mitbekommen hätte."
Ich wurde rot. Die Liebe seines Lebens?
"Vielleicht war ich auch.... ein ganz klitzekleines bisschen in dich verliebt gewesen? Ein klitzkleines bisschen bis über beide Ohren?"
Er grinsten mich an und legte seine Hände in meinen Nacken.
"Ich liebe dich...Bis heute....." flüsterte er ganz nah an meinen Lippen.
"Ich liebe dich auch...."
Sanft drückte er seine Lippen auf meine und ließ tausend Schmetterlinge in meinem Magen aufflattern. Glücklich erwiderte ich seinen Kuss.
Vielleicht wurde wir ja jetzt eine richtige kleine Familie.
1370 Wörter
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