Kapitel 25
Cassiel
Gebannt ruht mein Blick auf Ivy, die friedlich neben mir liegt und schläft. Ich wage es nicht sie aus den Augen zu lassen, aus Angst, dass das hier nur ein perfekter Traum ist, der jeden Moment zerplatzen könnte. Die letzten Stunden haben wir damit verbracht, die Zeit, die uns gestohlen wurde, wieder aufzuholen.
Noch immer begreife ich nicht, wie sich das zwischen uns wieder zum Guten entwickeln konnte. Die Hürden, die zwischen uns lagen, die Gefühle, die etwas anderes sprachen als die Vernunft, das Misstrauen. All das hatte uns getrennt. Doch wir haben das alles überwunden. Und ich liege hier und bin wahrscheinlich der größte Glückspilz auf der ganzen Welt.
Kaum hörbar murmelt sie im Schlaf und kuschelt sich dichter an meine Seite. Aus einem Impuls heraus lege ich meinen Arm um sie und sie wird wieder still.
Ich liebe diese Frau abgöttisch, das kann und will ich nicht bestreiten. Sie ist meine gesamte Welt und ich habe am eigenen Leib erfahren, wie es ist wenn meine Welt mich verlässt. Eine Erfahrung , die ich nie wieder machen will.
Ich will sie für immer an meiner Seite haben, will für immer an ihrer Seite sein. Nie zuvor habe ich jemanden getroffen, der mich so herausfordert, zum lachen bringt und bei dem ich so sehr ich sein kann. Auch wenn ich ohne Frage nicht gerade die besten Eigenschaften besitze, geschweige denn die beste Vergangenheit habe, sieht sie mich und entscheidet sich für mich.
So wie am Auto. Ich habe nicht erwartet, dass sie mich so begrüßt. Auch nicht, dass sie mich küsst und uns damit wieder vereint. Aber es war der schönste Augenblick in meinem Leben. Sämtliche Ängste, Sorgen und der Schmerz wurden für einige unendliche Sekunden ausgelöscht.
Jedoch heißt es jetzt, unsere wiedergefundene Einheit, zu verteidigen. Die Bilder, die ich bei meinem Vater gefunden habe, kriege ich nicht mehr aus dem Kopf. Sie sind eine permanente Mahnung daran, dass wir niemals sicher sein werden, solange mein Vater noch da ist.
Wenn es zum Ernstfall kommt und ich zwischen Ivy und meinem Vater wählen muss, weiß ich, wen ich wählen werde. Auch habe ich kein Problem damit ihn zu verletzen. Ich habe schon früher Männer verletzt, auf Befehle meines Vaters hin. Aber ich mache mir Sorgen, dass ich zögern werde, wenn der Moment gekommen ist. Was, wenn ich nicht in der Lage bin so weit zu gehen, wie es nötig ist?
Gequält reibe ich mir über die Augenbraue. Draußen ist es noch dunkel, doch der kleine Wecker neben dem Bett verrät mir, dass es kurz vor sechs Uhr morgens ist.
Ich hadere mit mir, ob ich sie aufwecken oder lieber schlafen lassen soll, bevor ich gehe. Bis zu dem Treffen mit meinem Vater bei seiner neuen Ladung ist es noch ein dreiviertel Tag. Ein dreiviertel Tag, den ich gerne mit Ivy verbringen würde. Leider gibt es wichtigeres, als das.
Darauf bedacht sie nicht zu stören, setze ich mich auf und fahre mir mit den Händen durchs Gesicht. Im Gegensatz zu Ivy habe ich kaum geschlafen und Müdigkeit zehrt an mir.
Um die nächsten Züge zu planen, ziehe ich mein Handy hervor und öffne den Chat mit Léon. Vorhin konnte ich ihn nur kurz darüber unterrichten, dass ich erfolgreich war. Zu meiner Überraschung ist er ebenfalls noch wach. Oder schon wach, je nach dem.
Jetzt da wir alles haben, was wir brauchen, brauchen wir nur noch einen Plan, tippe ich schnell. So wie ich Léon kenne, hat er bestimmt schon alle Möglichkeiten im Kopf durchgespielt. Mit ihm an meiner Seite habe ich einen guten Strategen. Zumindest wenn man ihn nicht übermäßig reizt.
Liege ich richtig mit der Annahme, dass du dich persönlich um deinen Vater kümmern willst? kommt seine Frage zurück und ich bejahe. Dieses Übel muss ich selbst beseitigen.
Gut. Dann werde ich dafür sorgen, dass sich die Männer, die sich dein Vater von mir erhofft, um seine Männer kümmern. Bei unserem Treffen konnte ich ihn dazu bewegen etwas später zu kommen, damit wir uns vorher angeblich um die Sicherheit kümmern können.
Meine Lippen verziehen sich zu einem schiefen Grinsen. Wusste ich es doch.
Sehr gut. Aber wir werden bei den Männern nicht zum Äußersten gehen. Die, die sich loyal hinter meinen Vater stellen, werden ausgeknockt, dem Rest passiert nichts. schreibe ich zurück, meine Gedanken bei Aleardo. Wenn er es vermeiden kann wird er dort nicht auftauchen, aber mein Vater wird ihn wahrscheinlich trotzdem dort haben wollen.
Wie du willst überlässt Léon mir die Entscheidung.
Rasch gehe ich im Geiste durch, ob wir etwas übersehen haben, doch mir fällt nichts ein. Für diese Vorhaben brauchen wir ungefähr eine Tonne Glück und ich weiß nicht, ob wir unsers bereits aufgebraucht haben. Andererseits, hat es uns bis jetzt aber nicht verlassen.
Erneut sehe ich Ivy an und ich will mich wieder neben sie legen. Da ich weiß, dass ich schwach werde, wenn ich noch länger hier bleibe, stehe ich leise auf. Rasch strecke ich meine müden Glieder, ziehe meine Schuhe an und laufe zu ihrem Schreibtisch.
Auch wenn ich weiß, dass sie sauer sein wird, entscheide ich mich dazu jetzt zu gehen und sie weiter träumen zu lassen. Kurzerhand greife ich nach einem kleinen Block und einem Stift und beginne zu schreiben.
Ich musste los um unsere Welt zu retten. Bitte bleib zu Hause, denn nur so kann ich wissen, dass du in Sicherheit bist. Ich verspreche dir aber, dass ich zu dir zurückkommen werde. Ich liebe dich.
Mit schwerem Herzen lege ich den Stift bei Seite, reiße das Blatt ab und lege es auf die kleine Kommode in der Nähe ihres Bettes. Hier wird sie den Zettel auf jeden Fall sehen.
Im Gehen habe ich noch eine Idee und drehe mich zu dem Zettel. In einer fließenden Bewegung streife ich meinen Ring vom Zeigefinger und lege ihn dazu.
Ich werde sie nie mehr alleine lassen. Ein weiteres Versprechen.
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